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Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Titel: Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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Fahrt in Nigeria von Lagos durch den subtropischen Regenwald nach Ife, Ibadan und Ilorin und dabei die Begegnung mit einem eindrucksvollen traditionellen Medizinmann, aber auch mit einem jungen Dominikaner, der außer sich vor Freude ist, als er an seiner Türe den Theologen leibhaftig vor sich sieht, den er bisher nur aus Büchern kannte. Oder in Südafrika, im Auto geführt von unseren südafrikanischen Freunden ANDRÉ VAN NIEKERK und NICO GRÖTZINGER , die Fahrt von Durban über die spektakuläre »Garden Route« die Küste entlang bis hinunter nach Port Elizabeth – mit einem sehr schönen Abend unterwegs im Addo Elephant National Park, wo man ganze Familien von Elefanten über die Straße ziehen sieht. Oder der Aufenthalt in der idyllischen Universitätsstadt Stellenbosch inmitten der Weinberge, bei einem guten Glas Wein mit den Kollegen nach den akademischen Verpflichtungen. Dann der Ballonflug in Kenia, um auf der weiten Ebene die Tiere zu erspähen und – nach einer halb geglückten Landung – ein Picknick in der Wüste zu halten. »Are you the famous guy?«, kam ein anderer Ballonfahrer auf mich zu, er wolle mich kennenlernen.
    Unsere Afrika-Reise endet mit einem Besuch in Zaire vom 5. bis 7. März 1986. Unter der diktatorischen Herrschaft MOBUTUS sind nur Vorträge im kleinen Rahmen möglich: an der Evangelisch-Theologischen Fakultät und am Goethe-Institut. Allerdings habe ich ein freundliches Gespräch mit Kardinal JOSEPH-ALBERT MALULA über die Lage der Kirche und nehme an einem großen Empfang an der deutschen Botschaft teil. Aber ich gestehe ehrlich, dass ich nach all den anstrengenden Wochen in Afrika froh bin, im Flugzeug nach Zürich auf den mächtigen Kongostrom hinunterzuschauen im Wissen, dass alles gut überstanden ist und ich zwar müde, aber gesund in die Heimat zurückkehre.
    Klar, dass ich mir kurz nach dieser Reise in Sydney Pollacks Film »Jenseits von Afrika« (Originaltitel besser: »Out of Africa«; mit Meryl Streep, Robert Redford und Klaus Maria Brandauer) das Schicksal der dänischen Autorin Karen Blixen mit leidenschaftlicher Anteilnahme anschaue. Aber was ist das Schicksal einer eigenwilligen Weißen gegenüber dem Schicksal einer ganzen Rasse?
    Im Jahr 2013 stellt man in verschiedenen Staaten Afrikas erhebliche Fortschritte in Wirtschaft, Staatsführung und Bildung fest. Aber auch die Afrikanische Union (AU) kann in diesem Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum in hoffnungsvoller Stimmung feiern. Nicht nur dass der afrikanische Staatenbund, bisher eher ein »Papiertiger«, seine Präsenz am Hauptsitz in Addis Abeba mit dem mit 100 Metern höchsten Gebäude (von den Chinesen finanziert!) sichtbar machen kann, sondern auch weil durch die Intervention der AU die Salafisten aus Mogadischu, der Hauptstadt Somalias, vertrieben werden konnten und die AU auch einen neuen Krieg zwischen Nord- und Südsudan verhindert hat.
    Afrika liegt noch immer weit hinter dem anderen großen Entwicklungskontinent Südamerika zurück, aber es holt auf.
    Lateinamerika: das Problem der Inkulturation des Christentums
    Zum Abschluss dieses Kapitels, das ich mit den Ureinwohnern Neuguineas begonnen hatte und in dem ich ausführlich von meinen Erfahrungen im weniger bekannten Afrika berichtet habe, möchte ich meinen Blick auf die Ureinwohner Amerikas lenken. Gegen Ende der letzten Eiszeit (vor ca. 20.000 Jahren) waren sie von Asien über die damals noch geschlossene Landbrücke der Beringstraße in den amerikanischen Kontinent eingewandert. Seit CHRISTOPH KOLUMBUS , der bei seiner Entdeckung Amerikas 1492 meinte, in Indien angekommen zu sein, werden sie »Indios«, »Indians«, »Indianer« genannt. Im Lauf der Jahrtausende haben sie eine Vielfalt von Sprachen und Kulturen entwickelt. Doch leider nur noch Überbleibsel ihrer Hochkulturen habe ich auf meiner ersten Lateinamerika-Reise 1978 – Venezuela, Peru, Bolivien, Chile, Argentinien, Brasilien – kennenlernen dürfen (vgl. Bd. 2, Kap. X: Lateinamerikanische Erfahrungen).
    Ich habe mich zwar nie wie bestimmte »politische Theologen« ausschließlich auf Lateinamerika konzentriert, mich aber sehr wohl für diesen Kontinent intensiv interessiert. Dabei ging es mir nicht nur um allgemeine moralische, soziale oder politische Postulate, sondern um ein vertieftes Verständnis der vielschichtigen Realität dieses Kontinents. Im Rahmen einer Studium-generale-Vorlesungsreihe über Lateinamerika habe ich am 21. Oktober 1991 eine Vorlesung über »Lateinamerika

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