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Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Titel: Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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(Seattle).
    Folge : In vielen Ländern fehlen heute katholische Intellektuelle und Theologen vom Format der Konzilsgeneration – Resultat eines Klimas des Verdachts, das kritische Denker und Denkerinnen unter diesem Pontifikat umgab. Eine Überwachungskirche, in der sich Denunziantentum, Angst und Unfreiheit breitmachen. Die Bischöfe empfinden sich als römische Statthalter statt als Diener des Kirchenvolkes, und zu viele Theologen schreiben Konformes oder – schweigen. Katholische Theologie ist wieder über weite Strecken langweilig geworden und hat an den Universitäten an Ansehen erheblich eingebüßt.
    Widerspruch 6 : Gerne präsentiert sich der Papst als Lobredner der Ökumene, aber zugleich belastet er stark die Beziehungen zu den orthodoxen wie den reformatorischen Kirchen und verhindert die Anerkennung ihrer Ämter und die Abendmahlsgemeinschaft.
    Der Papst hätte endlich – wie mehrfach von ökumenischen Studienkommissionen empfohlen und von vielen Pfarrern vor Ort praktiziert – die Ämter und Abendmahlsfeiern der nichtkatholischen Kirchen anerkennen und eucharistische Gastfreundschaft erlauben können. Auch hätte er den übersteigerten mittelalterlichen Machtanspruch in Lehre und Kirchenleitung gegenüber Ostkirchen und reformatorischen Kirchen zurückschrauben und auf Einsetzung römisch-katholischer Bischöfe in Gebieten der russisch-orthodoxen Kirche (bis ins ferne Sibirien) verzichten können. Er könnte es tun, aber er will es nicht. Vielmehr will er das römische Machtsystem erhalten und ausbauen. Deshalb fromme Doppelzüngigkeit: Die römische Macht- und Prestigepolitik wird verschleiert durch ökumenische Fensterreden, leere Gesten und bewusste Jovialität des Papstes und seiner Kardinäle, die jedoch vielfach unter Ökumene noch immer anachronistisch die »Unterwerfung« der östlichen Kirchen unter den römischen Primat verstehen und die »Rückkehr« der Protestanten – denen in der vatikanischen Erklärung »Dominus Iesus« (welch ein Missbrauch seines Namens!) sogar das Kirche-Sein abgesprochen wurde – ins römisch-katholische Vaterhaus im Auge haben.
    Folgen : Die ökumenische Verständigung wird nach dem Vatikanum II blockiert, und die Beziehungen zu den orthodoxen und protestantischen Kirchen werden trotz äußerer Freundlichkeiten unsäglich belastet. Das absolutistische Papsttum erweist sich wie schon im 11. und im 16. so auch im 21.   Jahrhundert als das größte Hindernis für eine Einheit der christlichen Kirchen in Freiheit und Vielfalt.
    Widerspruch 7 : Als Weihbischof, dann Erzbischof von Krakau nimmt Karol Wojtyła am Zweiten Vatikanischen Konzil teil. Aber als Papst missachtet er sträflich die dort beschlossene Kollegialität des Papstes mit den Bischöfen und zelebriert erneut den Triumphalismus des Papsttums auf Kosten der Bischöfe.
    Bei ständiger verbaler Beteuerung der Treue zum (»richtig« = »römisch« verstandenen) Konzil hat dieser Papst in seiner »Innenpolitik« das Konzil vielfach verraten . Statt der konziliaren Programmworte »Aggiornamento – Dialog – Kollegialität – ökumenische Öffnung« gelten wieder in Doktrin und Praxis »Restauration – Lehramt – Gehorsam – Re-romanisierung«. Kriterium für Bischofsernennungen sind nicht der Geist des Evangeliums und pastorale Aufgeschlossenheit, sondern unbedingte römische Linientreue – vor der Ernennung anhand eines kurialen Fragenkatalogs gründlich auf Konformität getestet und in der Bischofsweihe sakral besiegelt durch einen uneingeschränkten Gehorsamseid auf den Papst persönlich, dem Eid deutscher Generäle auf den »Führer« vergleichbar. Die Papstfreunde unter den Bischöfen im deutschen Sprachraum wie MEISNER, DYBA, HAAS, GROËR, KRENN und viele vatikanische Hofbischöfe sind nur gerade die spektakulärsten Fehlgriffe dieser pastoral verheerenden Personalpolitik, die das moralische, intellektuelle und pastorale Niveau des Episkopats gefährlich absinken ließ.
    Folgen : Ein weithin mediokrer, stockkonservativer und serviler Episkopat ist die vielleicht schwerste Hypothek dieses überlangen Pontifikats. Die Massen von Jubelkatholiken bei bestens inszenierten Papstmanifestationen (Ähnliches gab es, wenngleich nicht weltweit, schon unter Pius XII.) können nicht darüber hinwegtäuschen: Millionen haben unter dem Wojtyła-Pontifikat »Kirchenflucht« begangen oder sich in die innere Emigration zurückgezogen. Die Animosität der breiten Öffentlichkeit und der Medien gegenüber der

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