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Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Titel: Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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Mann mit einem freien Sinn) berichtet, von Eunice und den »drei Tagen mit den Kennedys« in Washington im Februar 1977 im zweiten Band (Kap. IX). Nun ist sie also tot, diese charismatische, hoffnungsstarke Frau, die sich nie um ein Regierungsamt bemühte, aber doch mit rastloser Energie sich besonders für die geistig Behinderten einsetzte, zu denen auch ihre Schwester Rosemary gehörte. Noch im November 2008, wenige Monate vor ihrem Tod, kann ich mich anlässlich meines Vortrags an der Georgetown University mit ihrem Sohn TIMMY SHRIVER austauschen, jetzt Vorsitzender der von seiner Mutter gegründeten Special Olympics für Menschen mit geistiger Behinderung und für Mehrfachbehinderte. Aber ihr ebenfalls anwesender mit uns befreundeter Arzt Dr.  JOHN HARVEY , erklärt mir, sowohl Eunice wie ihr stets so vitaler Mann SARGENT SHRIVER , unter Präsident Kennedy Gründer des Peace Corps, seien nicht mehr ansprechbar – für mich kaum fassbar, wenn ich an diese beiden so lebensbejahenden Menschen zurückdenke.
    Und dann stirbt am 25. August 2009 also auch der jüngste Bruder EDWARD , »Ted« genannt – mir noch lebhaft vor Augen, wie er 1977 bei meinem Besuch an der Georgetown University mit seinem Cabriolet auf seine Schwester zugefahren war, um sie zu erschrecken. Typisch für ihn in dieser seiner »wilden Zeit«, als er sich in der Öffentlichkeit unangenehm als hart trinkender Frauenheld bekannt macht.
    Mit Sargent Shriver hatte ich während der China-Reise mit dem Kennedy Institute 1979 die Frage diskutiert, ob sein Schwager, wie von vielen in der Öffentlichkeit gewünscht, seine Kandidatur für die Präsidentschaft anmelden solle. Ted tut es in der Folge. Es ist ein Fehlschlag: Man verzeiht ihm die Verschleierung seiner Verantwortung für den Tod durch Ertrinken seiner jungen Begleiterin anlässlich einer nächtlichen Ausfahrt auf der Insel Chappaquiddick nicht. Und man versteht auch nicht, warum er sich gerade gegen den amtierenden Präsidenten JIMMY CARTER , seinen demokratischen Parteifreund, stellt und so indirekt dem republikanischen Kandidaten RONALD REAGAN Auftrieb verschafft.
    Doch auf der National Democratic Convention 1980 verzichtet Edward Kennedy auf seine Kandidatur. In seiner schon kurz nach seinem Tod, im September 2009, erschienenen Autobiographie »True Compass«, die er trotz seines Gehirntumors noch hatte vollenden können, nennt er sein Verhalten beim Chappaquiddick-Unfall »inexcusable« und sein exzessives Trinken besonders nach dem Tod seines Bruders Robert »self-destructive«. Aber gegenüber einseitiger Darstellung seines Weges wehrt er sich: »Manche Leute machen Fehler und versuchen daraus zu lernen, um es besser zu machen. Unsere Sünden bestimmen nicht das ganze Bild von dem, was wir sind – Some people make mistakes and try to learn from them and do better. Our sins don’t define the whole picture of what we are.«
    Tatsächlich hatte Senator Kennedy in seinen drei letzten Jahrzehnten durch seinen unermüdlichen Einsatz für die Unterprivilegierten und seine überparteiliche Kompromissfähigkeit sich zu einer hoch geachteten Schlüsselfigur des Senats emporgearbeitet. Die letzten anderthalb Jahre mit seinem Gehirntumor bewältigt er frohgemut und arbeitet mit letzter Kraft, solange er kann. So macht er sein »Mantra« wahr, mit dem er 1980 seine Verzichtserklärung abgeschlossen und das er in seinen letzten Reden 2009 an Präsident BARACK OBAMA weitergegeben hatte und das mich mit seinen vier Sätzen in meiner Grundhaltung bestätigt:
»The work goes on,
Die Arbeit geht weiter,
the cause endures,
die Sache bleibt,
the hope still lives,
noch lebt die Hoffnung,
and the dream shall never die.
und der Traum wird nie sterben.«
    An diesem Punkt könnte ich ja nun – vielleicht mit einigen schönen Geschichten zu meinem 80. oder 85. Geburtstag – meine Autobiographie ganz gelassen zum Abschluss bringen. Und ich kenne einige Beispiele von hoch geschätzten Zeitgenossen, die ihre Autobiographie erstaunlich früh abgebrochen haben – warum? Das habe ich mich gefragt. Hier ist ein kleiner Exkurs fällig – mit Seitenblicken auf den theologischen Traktat »Von den letzten Dingen«.
    In Teufels Küche?
    Genau diese Frage nach dem Abbruch seiner Autobiographie hat man auch dem in Deutschland sehr anerkannten Schweizer Schriftsteller URS WIDMER gestellt. Er veröffentlicht im August 2013 den autobiographischen Roman »Reise an den Rand des Universums«, der aber im umstürzlerischen

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