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Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Titel: Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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Sichtung aller Dokumente bestätigt dieser 2008 schließlich doch die Absetzung; die beiden Missetäter sollen »nach einer Zeit der Besinnung« in einer anderen Diözese eine andere »geeignete Tätigkeit« übernehmen. Aber – genug der Skandalgeschichten, die man leicht aus anderen Ländern ergänzen könnte. Wie geht es mit der Ökumene weiter?
    Ein symptomatisches Reformationsfest: Augsburg 1981
    Kennzeichen für die ökumenische Schieflage ist die 450-Jahrfeier der reformatorischen Confessio Augustana 1981 in Augsburg. Mit vielen Vorschusslorbeeren bedacht und hohen ökumenischen Erwartungen befrachtet, produziert sie wenig Zukunftsweisendes und viel Rückwärtsgewandtes. Große ökumenische Reden und Grußadressen, die für die praktische Verständigung nichts bringen. Man hat mal wieder gemeinsam gesungen. Dabei war man auf dem ökumenischen Pfingsttreffen in Augsburg zehn Jahre früher, 1971 , erheblich weiter: »Von unten« hatten damals Tausende katholische und evangelische Christen die gemeinsame Feier des Abendmahles oder der Eucharistie gefordert und auch geübt. Damals ein Schock vor allem für die römisch-katholische Hierarchie. So etwas durfte nicht wieder passieren!
    Still und brav kollaborieren seither die Hierarchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit ihren römisch-katholischen Kollegen, um gegen die weit überwiegende Volksmeinung und gegen alle theologischen Memoranden solche »schlimmen« ökumenischen Entwicklungen in Zukunft zu verhindern. Im Augsburger Jubiläum von 1981 deshalb kein Wort von Abendmahlsgemeinschaft, wie sie sich nach allen Meinungsumfragen im deutschen Sprachraum eine ständig wachsende Mehrheit des Volkes wünscht. Einer der Gründe, warum so viele Gläubige, besonders in konfessionsverschiedenen Ehen, beiden Konfessionskirchen davonlaufen.
    Nach dem »Pfingstwunder« von Augburg 1971 verhindert die römisch-katholische Hierarchie mit stillschweigender Zustimmung der evangelischen ein weiteres ökumenisches Treffen. Nach sage und schreibe erst 32 Jahren lässt man 2003 in Berlin wieder einen »Ökumenischen Kirchentag« zu. Doch ausdrücklich verbieten die Kirchenleitungen erneut jegliche für Angehörige anderer Konfession offenstehende Kommunion. Und der einzige katholische Priester, der auf dem Kirchentag (wie ungezählte Pfarrer in ihren Gemeinden) zu seinem katholischen Gottesdienst auch Evangelische einlädt, mein früherer Assistent Dr.  GOTTHOLD HASENHÜTTL , Dogmatikprofessor in Saarbrücken, wird vom Trierer Bischof Reinhard Marx in völlig überzogener, unchristlicher Weise mit dem Entzug der Lehrbefugnis und dann sogar mit der Suspension von seinen priesterlichen Amtsvollmachten bestraft (Bd. 2, Kap. VI: Forderung der Abendmahlsgemeinschaft). Alle Empörung, alle Proteste von Katholiken wie Evangelischen lässt man ins Leere laufen. Da kommt manch einem in Blick auf die Kirchenregimente in Deutschland Heinrich Heines Wort in den Sinn: »Denk’ ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht« (1843). Ist es, fragt man sich da bange, vielleicht in der weltweiten Ökumene, etwa im Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf, etwas heller?
    Ökumenische Stagnation in Genf
    Als ökumenischer Theologe habe ich in Unzweideutigkeit nach allen Seiten hin offen zu reden: Leider steht nicht nur in Rom und in Augsburg, sondern auch in Genf ökumenisch nicht alles zum Besten. Das Zweite Vatikanische Konzil hatte auch im Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) belebend, inspirierend und aktivierend gewirkt. Doch die nachkonziliare römische Stagnation war Frost für diesen ökumenischen Frühling auch in Genf. Hinzu kommen im ÖRK auch noch personelle und finanzielle Probleme, kommen seit 1968 Spannungen : zwischen den mehr theologisch-kirchlichen und den mehr politisch-gesellschaftlich Orientierten, zwischen den westlichen Industrienationen und den Entwicklungsländern, zwischen östlich-orthodoxen und westlich-protestantischen Kirchen, eine »versöhnte Unversöhntheit« zwischen den großen konfessionellen Weltbünden.
    Der Ökumenische Rat selber, der viel vom Vatikan gelernt zu haben scheint, kümmert sich in der neueren Periode zwar wie Martha im Evangelium um gar viele Dinge, ohne sich jedoch mit adäquater Energie für das ursprüngliche Ziel, die Einheit der Christenheit, einzusetzen. Symptomatisch hier die Abwertung der früher zentralen Kommission für Glauben und Kirchenverfassung durch die Entlassung ihres langjährigen

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