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Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Titel: Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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Hochrüstungspolitik mit dem »evil empire« Sowjetunion, der andere – ebenso dualistisch – polemisiert ständig gegen die »Kultur des Todes«. Er meint, die »Kultur des Lebens« zu vertreten: durch das Verbot von Pille und Kondomen sowie durch rigorose Ablehnung jeglicher künstlichen Befruchtung, Abtreibung und Sterbehilfe.
    Schaut man nun aus der Perspektive der zweiten Dekade des 3.   Jahrtausends zurück auf die Amtsführung der beiden großen Kommunikatoren, so fällt die Bilanz bei allen positiven Impulsen doch sehr enttäuschend aus: Sowohl Präsident RONALD REAGAN wie Papst JOHANNES PAUL II . waren trotz ihrer medialen Ausstrahlung nur bedingt erfolgreich :
    1. Nicht erreichte Ziele : Reagan hat zentrale Ziele seiner Präsidentschaft – Ausgabenreduktion, Steuererleichterungen, Verschlankung der Regierung – nicht erreicht, weil alles verbunden war mit massiver kostspieliger Hochrüstung. Dies bezeichnete George Bush sen., damals Mitbewerber für die Präsidentschaftskandidatur, als »voodoo economics«. – Wojtyła hat seinen Kampf gegen Pille und Empfängnisverhütung, gegen zivile Ehescheidung und Abtreibung selbst in seiner polnischen Heimat verloren. Sein Verbot einer Diskussion über Zölibat und Frauenordination wurde schlicht nicht beachtet.
    2. Fatale Entwicklungen : Was der renommierte Historiker von Reagans Präsidentschaft, MICHAEL SCHALLER (University of Arizona), in seiner sehr fairen Analyse »Ronald Reagan« (Oxford/New York 2011) als negative Bilanz festhält, gilt analog auch für Wojtyła: Reagan initiierte in manchen Feldern der Gesellschaft einen Wandlungsprozess, der das Verhältnis zwischen den amerikanischen Bürgern und ihren herrschenden Institutionen nach wie vor bestimmt: zwar keine »Reagan Revolution«, aber eine anhaltende »Reagan Evolution« (S. X). – Es gab auch keine »Wojtyła-Revolution«, aber eine anhaltende »Wojtyła-Restauration«. Und wie die »Reagan Evolution« am Ursprung der gegenwärtigen finanziellen, wirtschaftlichen, politischen und ideologischen Krise des angestrebten »American Empire« steht, so die Wojtyła-Restauration am Ursprung der Glaubwürdigkeits- und Führungskrise des päpstlichen Imperium Romanum im zu re-christianisierenden Europa.
    3. Konservative Grundhaltung: Karol Wojtyła und Ronald Reagan, so verschieden sie in Herkunft und Charakter waren, verband vieles: neben dem schauspielerischen Talent vor allem die konservative Grundhaltung, dem katholischen Polen von Haus aus mitgegeben, dem ursprünglichen New-Deal-Demokraten und Vertreter der Schauspielergewerkschaft Reagan zugewachsen durch seine Konversion zu den vermögenden Republikanern Kaliforniens. Beide vertraten – der Papst grundsätzlich-dogmatisch, der Präsident pragmatisch-taktisch – eine rigorose Sexualmoral. Wojtyła hatte schon als Kardinal in Rom für die Position der »Pillen«-Enzyklika »Humanae Vitae« intrigiert und sie als Papst, statt sie zu revidieren, vielfach bestätigt. Reagan bekannte sich als Kandidat und Präsident zu den »traditional family values«. Wie der Papst ignorierte der Präsident die sich rasch ausbreitende Aids-Epidemie und gestattete für Schulkinder allein sexuelle Abstinenz zur Verhütung.
    4. Diskrepanz zwischen Worten und Taten : Reagan unternahm zum Ärger vieler Evangelikaler keine großen Anstrengungen, um die Forderungen der rigorosen Sexualmoral durch die Gesetzgebung des Kongresses zu bringen oder eine Verfassungsänderung zu erreichen; sein eigenes Familienleben war alles andere als vorbildlich. – Wojtyła hat die Menschenrechte in der Welt gepriesen, sie aber in der Kirche verweigert: Die Freiheit der theologischen Forschung wurde unterdrückt, der Eintritt von Frauen in höhere kirchliche Ämter verhindert. In seinen Verlautbarungen setzte sich der Papst für die Armen ein, versuchte aber durch kirchliche Dokumente und Bischofsernennungen die sich für die Armen praktisch einsetzende Befreiungstheologie und Iglesia popular zu vernichten. Seine vier aufwendigen Triumphreisen durch Mexiko ließ er sich bezahlen von Msg. Maciel, dem lasterhaften Gründer der »Legionäre Christi«, beziehungsweise von dessen beiden reichen Geliebten. Bis zu seinem Tod hielt er die schützende Hand über diesen »zölibatären« Bigamisten und Schänder der eigenen Seminaristen. Auch gab er sich als Freund Afrikas, wurde aber wegen seiner Ablehnung von Pille und Kondom sowie seiner Parole in Kenia »Wachset und mehret euch« als ein

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