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Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Titel: Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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trotz aller gegensätzlichen Zeichen. Es braucht nur ein wenig länger und kommt aus einer anderen Richtung, als man dies 1963 erwartet hatte.«
    Die Abschreckungspolitik der kirchlichen Hierarchie hindert mich selbstverständlich nicht, überall im Lande, freilich kaum in katholischen Institutionen, Vorträge zu halten. Und ich könnte vieles erzählen von all den Vortragsreisen, die ich an den vorlesungsfreien Tagen und besonders am Wochenende mache – schon vor meiner Lehrtätigkeit an der Ecumenical School for Ministry von Chicago: in Detroit (4. 10. 1981) und an der University of Western Michigan in Kalamazoo (5./6. 10. 1981), wo ich in RUDI SIEWERTH , der von der politischen Theologie herkommt, einen interessanten Gesprächspartner finde, später auch in Pittsburgh, wo man mir am Theological Seminary auch gerne einen Lehrstuhl zur Verfügung stellen möchte (19./20. 10.).
    Später halte ich Vorträge auch in Harrisburg, wo ich für den Pennsylvania Council of Churches rede, und in Gettysburg, wo ich das berühmte Schlachtfeld besuche, auf dessen Soldatenfriedhof nach dem Sieg der Nordtruppen im amerikanischen Bürgerkrieg Präsident Abraham Lincoln am 19.   November 1863 seine ganz kurze, aber historische Ansprache hielt: Demokratie als »Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk«. Schon am 26. Oktober kommen aus Ann Arbor Dean PETER STEINER und Professor DAVID NOEL FREEDMAN , um meine Pläne für die University of Michigan zu diskutieren. Ich erkläre mich im Prinzip bereit, für das Wintersemester 1983 an die University of Michigan zu kommen. 1
    Nach dem Trimester in Chicago beginne ich meine dritte Reise um die Welt. Am 10. Dezember geht es zunächst nur nach Denver /Colorado, wo es am Ostfuß der Rocky Mountains auf 1600 Meter Höhe schon erheblich kühler ist. In meinem Vortrag dort kann ich Erzbischof JAMES CASEY loben für das erheblich offenere und ökumenische Klima in Denver im Vergleich zu Chicago.
    Schon am nächsten Tag geht es weiter in das sonnige Phoenix , die Hauptstadt von Arizona, wo ich am Freitag, 11. Dezember 1981 nach mehreren anderen Verpflichtungen meinen öffentlichen Vortrag halte. Und was mir selten passiert: Ich habe das Wochenende frei und kann am Samstag zusammen mit Dr.  ROGER JOHNSON , Seelsorger am Good Samaritan Hospital, in einem Privatflugzeug zum Gran Canyon fliegen. Schon aus der Höhe zeigt sich eine Landschaft von gewaltiger Majestät. Hinuntersteigen rund 1600 Meter steil in die Tiefe, zu Fuß oder auf dem Maultier, können wir natürlich nicht. Dafür gönnen wir uns einen grandiosen Helikopterflug durch das sechs bis 29 Kilometer breite Tal: in rötlich bis bläulich und gelblich schimmernden Farben und Schattenspiel, mit gestuften Steilhängen und bizarren Formen ein unvergleichliches Naturwunder. Und schließlich fliegen wir hinunter bis auf den Grund zum Colorado River auf einen engen Landeplatz. Auf einem kleinen Fußweg marschieren wir von dort zu einer Baptistenkirche, wo am Sonntag ein Gottesdienst stattfindet. Aber es macht mich traurig zu sehen, wie die indianischen Ureinwohner, dezimiert durch Mord, Krankheit und Alkohol, nur noch Schatten ihrer selbst sind. Noch am Abend geht es mit Helikopter und Flugzeug zurück nach Phoenix.
    Von dort fliege ich schließlich nach Kalifornien, zum kleinen Flughafen von Ontario bei Los Angeles. Zielpunkt ist Claremont mit seinen Colleges, wo meinem Vortrag »Wissenschaft und Gottesglaube« wiederum 1000 Personen beiwohnen. Die Verbindung mit der School of Theology und ihrem ausgezeichneten Institute for Antiquity and Christianity unter der Leitung des führenden Gnosis-Forschers JAMES ROBINSON hatte die bereits erwähnte amerikanische Doktorandin Bernadette Brooten hergestellt, die in unserem Institut für Ökumenische Forschung in ihrer ersten Phase mit Dr. Karl-Josef Kuschel die umfangreiche Bibliographie zur Unfehlbarkeitsdebatte für den Band »Fehlbar? Eine Bilanz« (1973) mühevoll zusammengestellt hat. Eine große Freude bereitet es mir, dass Dr. Kuschel zusammen mit Marianne Saur ebenfalls in Claremont eintrifft. Wir benutzen die Gelegenheit, die phantastische Crystal Cathedral zu besuchen, wo sich jeden Sonntag für ein weitverbreitetes TV-Programm eine riesige Menge von Gläubigen zu einem festlichen Gottesdienst zusammenfindet. Ich fühle mich sehr wohl in Claremont und könnte mir denken, dass ich das Angebot, hier ein Gastsemester zu verbringen, annehmen werde.
    Zusammen steigen

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