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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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dachte sie. Jetzt konnte er sehen, dass sie hier gewesen war.
    Sie schob sich etwas zurück, zog die Deckelklappen hoch und stellte fest, dass nichts weiter passiert war.
    Das war der Moment, in dem sie die Zeitungsausschnitte entdeckte. Seltsamerweise waren die Artikel gar nicht so alt, dass die Eltern ihres Mannes sie gesammelt haben konnten. Also hatte offenbar ihr Mann sie ausgeschnitten. Vielleicht für seine Arbeit? Oder sie hatten ihn einfach so interessiert?
    »Merkwürdig«, murmelte sie. Warum um alles in der Welt sollte man Artikel über die Zeugen Jehovas ausschneiden und sammeln?
    Sie blätterte in den Ausschnitten. Das Material war keinesfalls so homogen, wie es auf den ersten Blick schien. Zwischen den Artikeln über die unterschiedlichsten Sekten lagen auch Börsenberichte und Reportagen über Kriminaltechnik und Verfahren zur DN A-Analyse . Sogar fünfzehn Jahre alte Verkaufsinserate von Sommerhäusern und Ferienwohnungen in Hornsherred fielen ihr entgegen. Kaum etwas, das er noch brauchen würde. Vielleicht sollte sie ihn eines Tages fragen, ob sie das Zimmer nicht leer räumen könnten. Dann könnten sie dort einen begehbaren Kleiderschrank einrichten. Wer hätte so etwas nicht gerne?
    Sie rutschte wieder von den Kartons herunter, und ein Gefühl der Erleichterung machte sich in ihr breit. Sie hatte eine Idee.
    Sicherheitshalber ließ sie den Blick noch einmal über die Kartonlandschaft wandern. Sie fand die Delle im mittleren Karton nicht besonders auffällig. Nein, das würde er gar nicht merken.
    Dann schloss sie die Tür hinter sich.
     
    Der Einfall war gut: Sie würde einfach ein neues Ladegerät kaufen, und zwar von dem aufgesparten Haushaltsgeld, davon wusste er nichts. Sie würde sich das Fahrrad schnappen, jetzt sofort, und zum Sonofon-Laden in der Algade fahren. Anschließend würde sie das Gerät in Benjamins Sandkiste so bearbeiten, dass es alt und gebraucht aussah, und es dann draußen im Flur in den Korb mit Benjamins Mützchen und Handschuhen legen. Und wenn ihr Mann dann kam und nach dem Ladegerät fragte, würde sie einfach darauf deuten.
    Selbstverständlich würde er sich wundern, woher das Gerät kam, und sie wiederum würde es wundern, dass er sich wunderte.Und dann würde sie mutmaßen, dass es wohl irgendjemand bei ihnen vergessen hatte, irgendeiner ihrer Gäste. Es kam zwar nicht oft vor, dass sie Besuch hatten, seit dem letzten Mal war sogar schon eine ganze Weile verstrichen, aber trotzdem. Da war das Treffen der Hausbesitzer gewesen. Und der Besuch der Krankenschwester. Doch, doch, theoretisch konnte das durchaus jemand bei ihnen vergessen haben, auch wenn es natürlich schon ein bisschen seltsam war, denn wer nimmt schon ein Handyladegerät mit zu anderen Leuten.
    Während Benjamins Mittagsschlaf könnte sie es gerade schaffen, das Gerät zu kaufen. Sie lächelte beim Gedanken an das überraschte Gesicht ihres Mannes, wenn er das Ladegerät sehen wollte und sie es so ohne weiteres aus dem Handschuhkorb zog. Sie sagte den Satz mehrmals vor sich hin, um ihm das richtige Gewicht und die richtige Betonung zu verleihen.
    »Ach, ist das denn nicht unseres? Komisch. Dann muss es wohl jemand vergessen haben. Vielleicht bei Benjamins Taufe?«
    Ja, die Erklärung war plausibel. So einfach und gleichzeitig so ausgefallen, dass sie wasserdicht war.

8
    Falls Carl je Zweifel gehegt hatte, ob Rose eine Frau war, die zu ihrem Wort stand, so tat er das nun nicht mehr. Denn kaum hatte er es sich erlaubt, seine müde Stimme zu erheben und Roses endloses Herumknobeln an der Flaschenpost zu kommentieren, da hatte sie die Augen aufgerissen und gezischt, er könne ihr verdammt noch mal den Buckel runterrutschen und sich im Übrigen die Glassplitter der Scheißflasche in den Arsch stecken.
    Und noch ehe er protestieren konnte, hatte sie sich ihren Beutel über die Schulter geworfen und war abgezischt. Selbst Assad war schockiert und stand einen Augenblick wie versteinert da, den Hals über einen Grapefruitschnitz gereckt, in den er gerade hatte beißen wollen.
    Eine ganze Weile schwiegen sie erschrocken.
    »Ob sie jetzt wohl ihre Schwester schickt?«
    »Wo ist dein Gebetsteppich?«, brummte Carl. »Bete, dass das nicht passiert. Dann bist du ein Pfundskerl.«
    »Ein Pfund was?«
    »Ein klasse Typ, Assad.«
    Carl bedeutete seinem Assistenten, mit ihm vor den gigantischen Brief zu treten. »Lass uns die Kopien von der Trennwand abnehmen, solange sie nicht da ist.«
    »Uns?«
    Carl nickte

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