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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Blick auf das karierte Schauerstück aus dem Coop-Supermarkt. Plötzlich fühlte er sich hier unten im Keller merkwürdig heimatlos.
    Er zog sich in Assads sogenanntes Büro zurück und fand dort einen Mann vor, dessen Beine in der obersten Schublade ruhten und der den Telefonhörer an die blauschwarzen Bartstoppeln gepresst hielt. Vor ihm lagen zehn Kugelschreiber, vermutlich aus Carls Bezirk, die nun dort fehlten, und darunter viel Papier mit Namen und Zahlen und zierlichen Friesen arabischer Schriftzeichen. Assad sprach langsam und deutlich und verblüffend korrekt. Sein Körper strahlte Autorität und Gelassenheit aus, und die Liliputtasse mit duftendem türkischem Mokka klemmte ruhig zwischen Daumen und Zeigefinger. Wüsste man es nicht besser, würde man meinen, er sei ein Reiseveranstalter in Ankara, der gerade einen Jumbo für fünfunddreißig Ölscheichs gechartert hatte.
    Jetzt wandte er sich Carl mit gerunzelter Stirn zu und lächelte ihn an.
    Der musste offenbar auch in Ruhe gelassen werden.
    Das war ja die reinste Epidemie.
    Vielleicht sollte man sich ein vorbeugendes Nickerchen im Bürostuhl gönnen? Derweil könnte man auf der Innenseite seiner Lider einen Film über einen Brand in Rødovre abspielen und hoffen, dass der Fall gelöst war, wenn man die Augen wieder aufklappte.
    Er war gerade so weit gekommen, dass er sich gesetzt und die Beine hochgelegt hatte, da durchkreuzte Laursens Stimme diesen attraktiven und lebensverlängernden Plan.
    »Carl, habt ihr noch etwas von der Flasche übrig?«
    Carl blinzelte. »Äh, von der Flasche?« Er richtete den Blick auf Laursens Schürze mit den vielen Fettflecken und nahm die Beine vom Schreibtisch. »Na ja, wenn du dich mit dreitausendfünfhundert Glasstücken in Fliegenschissgröße zufriedengibst, dann habe ich die hier in einer Plastiktüte.«
    Er holte die durchsichtige Tüte und hielt sie Laursen vors Gesicht. »Was sagst du dazu, ist das was?«
    Laursen nickte und deutete auf eine einzelne Scherbe. Sie war ein wenig größer als die anderen und lag ganz unten in der Tüte.
    »Ich hab gerade mit Gilliam Douglas gesprochen, dem Techniker aus Schottland, und er riet mir, das größte Stück vom Flaschenboden herauszusuchen und dann eine DN A-Analyse des Bluts vornehmen zu lassen, das noch daran klebt. Das ist das Stück da. Du kannst das Blut sogar mit bloßem Auge sehen.«
    Carl hätte ihn fast um seine Lupe gebeten. Aber er konnte es tatsächlich erkennen. Es war nicht viel Blut, und es wirkte irgendwie total ausgelaugt.
    »Haben die das nicht untersucht?«
    »Nein. Er sagt, sie hätten ausschließlich Kram vom eigentlichen Brief genommen. Aber er sagt auch, wir sollen nicht allzu viel erwarten.«
    »Weil?«
    »Weil die Blutmenge für eine Analyse sehr gering ist und weil es höchstwahrscheinlich zu lange her ist. Und auch weil die Verhältnisse in der Flasche und der Aufenthalt im Meerwasser sich ungünstig auf die Erbmasse ausgewirkt haben können. Wärme, Kälte und womöglich ein bisschen Salzwasser. Das wechselnde Licht. Alles spricht dafür, dass keine DNA mehr übrig ist.«
    »Verändert sich die DNA denn im Zersetzungsprozess?«
    »Nein, die DNA verändert sich nicht. Die wird nur abgebaut. Und in Anbetracht all der ungünstigen Faktoren wird genau das wohl passiert sein.«
    Carl betrachtete den kleinen Fleck auf der Glasscherbe. »Und was, wenn die nun doch eine brauchbare DNA finden? Was sollen wir damit anfangen? Wir müssen keine Leiche identifizieren, denn es gibt keine. Wir müssen auch kein Genmaterial mit Verwandten abgleichen, denn wer soll das sein? Wir wissen ja nicht mal, wer der Briefschreiber überhaupt ist. Wozu also soll das gut sein?«
    »Man könnte zumindest Haut-, Augen- und Haarfarbe bestimmen. Wäre das keine Hilfe?«
    Carl nicke. Selbstverständlich musste das probiert werden. Die Leute drüben in der Abteilung für Forensische Genetik im Rechtsmedizinischen Institut waren phantastisch, das wusste er. Er hatte selbst einen Vortrag des stellvertretenden Leiters der Abteilung gehört. Wenn jemand herausfinden konnte, ob das Opfer ein lahmer, lispelnder und rothaariger Grönländer aus Thule war, dann die.
    »Nimm den Mist und zieh ab«, sagte Carl. Dann klopfte er Laursen auf die Schulter. »Bald komme ich zu dir nach oben und esse ein Tournedos.«
    Laursen lächelte. »Dann denk dran, dir eins mitzubringen.«

12
    Sie hieß Lisa, aber sie nannte sich Rachel. Sieben Jahre lang hatte sie mit einem Mann zusammengelebt, der sie

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