Erlösung
nicht schwanger machen konnte. Unfruchtbare Wochen und Monate in Lehmhütten, zuerst in Simbabwe, danach in Liberia. Volle Schulklassen und breites Elfenbeinlächeln in braunen Kindergesichtern. Aber auch Hunderte endloser Stunden in Verhandlungen mit den lokalen Repräsentanten der National Democratic Party of Liberia und schließlich noch Charles Taylors Guerillasoldaten. Gebete für Frieden und Hilfe. Das war keine Zeit, auf die sich eine frisch ausgebildete Lehrerin eines freien, internationalen Lehrerseminars ohne weiteres hatte vorbereiten können. Dazu gab es überall viel zu viele Fallstricke und Abgründe, aber so konnte Afrika eben auch sein.
Als sie von einer Gruppe zufällig vorbeikommender NPF L-Soldaten vergewaltigt wurde, griff ihr Lebensgefährte nicht ein, sondern überließ sie ihrem Schicksal.
Deshalb war Schluss.
An jenem Abend hatte sie sich mit ihrem geschundenen Körper auf die Veranda gekniet und die blutigen Hände gerungen. Zum ersten Mal in ihrem ungöttlichen Leben hatte sie da die Nähe des Himmelreichs gespürt.
»Vergib mir und lass das hier ohne Folgen bleiben«, betete sie unter dem nachtschwarzen Himmel. »Lass es keine Folgen haben und lass mich ein neues Leben finden. Ein Leben in Frieden. Mit einem guten Mann und vielen Kindern. Darum bitte ich dich, lieber Gott.«
Am nächsten Morgen, als sie ihren Koffer packte, begannihr Unterleib zu bluten, und sie wusste, dass Gott sie gehört hatte. Ihre Sünden waren ihr vergeben.
Es waren Menschen einer kleinen, neu eingerichteten Gemeinde in Danané im Nachbarland Elfenbeinküste, die ihr zu Hilfe kamen. Nach zwei Wochen Unsicherheit zwischen anderen Flüchtlingen auf der Landstraße nach Baobli und weiter über die Grenze hatten sie auf einmal an der Landstraße A 701 gestanden und ihr Herberge gegeben. Menschen mit sanften Gesichtern, die große Not gesehen hatten und wussten, dass Wunden Zeit brauchen, um zu heilen. Von Stund an entfaltete sich zusehends ein neuer Lebensinhalt für sie. Gott hatte sie gehört und Gott hatte ihr gezeigt, welchen Weg sie einschlagen sollte.
Im Jahr darauf war sie wieder in Dänemark: vom Teufel und all seinen Untaten gereinigt und bereit, den Mann zu finden, der sie schwängern würde.
Er hieß Jens, nannte sich seither aber Joshua. Ihr Körper war über die Maßen verlockend für einen Mann, der allein in dem Landmaschinenverleih arbeitete, den er von seinen Eltern übernommen hatte. Und in der Wonne zwischen ihren Schenkeln fand auch Jens den Weg Gottes.
Bald hatte die Gemeinde am Rand von Viborg zwei weitere Jünger, und zehn Monate später gebar Rachel ihren Ersten.
Seither hatte die Gottesmutter ihr neues Leben geschenkt und war ihr gnädig gewesen. Josef, achtzehn Jahre alt, Samuel, sechzehn, Miriam, vierzehn, Magdalena, zwölf, und Sarah, zehn Jahre alt, waren das Ergebnis. Jeweils genau dreiundzwanzig Monate lagen dazwischen.
Doch, die Gottesmutter kümmerte sich wahrhaftig um die Ihren.
Rachel war dem neu dazugekommenen Mann mehrfach in der Kirche begegnet, und wenn sie sich den Hymnen zu Ehren der Gottesmutter hingaben, hatte er sie und ihre Kinder mit gutenAugen angeschaut. Nur gesegnete Worte hatte sie aus seinem Mund vernommen. Er hatte aufrichtig gewirkt, freundlich und einfühlsam. Ein ziemlich gut aussehender Mann, der vielleicht auch noch eine geeignete neue Frau mit in die Gemeinde bringen würde.
Er machte einen rundum positiven Eindruck, da waren sie sich einig. Joshua nannte ihn rechtschaffen.
An jenem Abend, als er zum vierten Mal zu ihnen in die Kirche gekommen war, hatte sie das unbedingte Gefühl, dass er bleiben würde. Sie boten ihm ein Zimmer auf ihrem Hof an, aber er lehnte dankend ab und erklärte, er hätte bereits eine Unterkunft, und im Übrigen habe er reichlich damit zu tun, nach einem Haus zu suchen, wo er hinziehen und wohnen könne. Er bliebe noch einige Tage in der Gegend, und wenn er in der Nähe wäre, würde er ihnen sehr gern einen Besuch abstatten.
Er hatte also die Absicht, ein Haus zu finden, und darüber wurde natürlich in der Gemeinde geredet, besonders unter den Frauen. Er hatte kräftige Hände und einen Lieferwagen und konnte der Gemeinde von großem Nutzen sein. Er schien ziemlich erfolgreich und darüber hinaus war er immer gut gekleidet und höflich und gewandt. Vielleicht ein zukünftiger Pfarrerkandidat. Vielleicht ein Missionar.
Sie würden ihn ganz besonders entgegenkommend behandeln.
Schon einen Tag später stand er vor
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