Erlösung
sie für einen kurzen Augenblick. Liz drückte meine Hand fester.
„Hallo Rebecca“, begrüßte ich sie gelassen. In ihrer bekannten und souveränen Pose schritt sie auf uns zu.
„Ihr habt es also endlich gewagt.“ Ihr Gesicht hellte sich sofort auf. „Das ist toll.“
„Woran merkst du das?“, hakte mein Engel überrascht nach. „Ich trage doch noch immer Kontaktlinsen.“
„Wenn man tagtäglich unter euresgleichen ist, dann hat man ein Gespür dafür, wenn sich ein Körper verändert. Es sind nicht nur die Augen, dein Teint ist blasser, dein Gang ist unbeschwerter, leichter…“
„Ich konnte sogar meine eigene Tante täuschen, aber dich nicht?“
„Vielleicht fällt mir das alles ja auch nur auf, weil ich auf solche Dinge achte. Normale Menschen kennen schließlich den Unterschied nicht.“ Lesley schien mit dieser Begründung nicht wirklich zufrieden zu sein. Ich beugte mich zu ihr und küsste ihre Wange.
„Du bist ein Perfektionist, Engel. Aber das wird schon, gib dir einfach mehr Zeit.“ Sie schenkte mir ein zustimmendes Kopfnicken, ihre Zerknirschtheit darüber hing trotzdem in der Luft. „Ist es möglich mit Aribo zu sprechen?“, lenkte ich deswegen kurzerhand ab. „Ich muss ein paar Dinge klarstellen.“
Rebecca zuckte mit den Schultern. „Das weiß ich leider nicht. Aber ich melde dich an, wenn du willst. Ich könnte mir vorstellen, dass er sicherlich auch mit euch etwas zu besprechen hat.“ Ob er wusste, dass wir hier waren? Oder war er automatisch davon ausgegangen, dass wir hierher zurückkommen würden. Wir hatten nicht darüber gesprochen, doch ich konnte mir vorstellen, dass der Rat Liz sehen wollte.
Ich nickte. „Ja, es wäre nett, wenn du uns Bescheid gibst, sobald er uns empfängt. Danke.“
„Kein Problem. Ihr könnt gerne in eurem Zimmer warten.“
„In unserem Zimmer?“
Rebecca lächelte. „Niemand nutzt in diesem Gebäude einen Raum, in dem ein Bett steht. Wozu auch? Ich arbeite zwar lang, doch glücklicherweise muss ich hier nicht schlafen.“ Sie zwinkerte mir zu. Ich verkniff mir eine Bemerkung, stattdessen marschierte ich Richtung Aufzug. Lesley folgte mir auf dem Fuß, und bevor ich auf den Knopf für die obere Etage drücken konnte, öffnete sie schon die Tür zum Treppenhaus.
„Wollen wir nicht lieber laufen? Das geht doch schneller.“ Sie flüsterte, was vermutlich an der Empfangsdame lag. Sie war wie Rebecca ein Mensch und wir wussten nicht, inwiefern sie eingeweiht war. Sie wirkte allerdings zu sehr in ihre Arbeit vertieft.
„In Ordnung“, antwortete ich trotzdem ebenso leise. Liz hatte ganz offensichtlich Spaß daran, ihre neuen Sinne und Fähigkeiten zu testen. Sie flog regelrecht die Stufen nach oben und ich hielt mich bewusst etwas zurück, um ihr den Triumph zu gönnen, als Erste in der zweiten Etage anzukommen.
„Das gefällt dir, nicht wahr?“ Ich zog sie an mich, als wir auf den Flur hinaustraten. Lesley lächelte bloß verspielt. Damit machte sie mich jedes Mal wieder aufs Neue verrückt nach ihr. Sie lehnte sich mit dem Rücken an die Wand.
„Mir gefällt so einiges, du bist aber ganz weit oben auf meiner Liste.“ Selbst hinter ihren Kontaktlinsen konnte ich jetzt das Feuer in ihren Augen erkennen. Meine Hände legten sich seitlich ihres Körpers an die Wand. Auf diese Weise berührte ich sie zwar nicht, aber so hielt ich sie spielerisch gefangen. „Vielleicht sollte ich gerade deswegen auch etwas dafür tun, um an erster Stelle zu stehen und vor allem, um dort zu bleiben…“
„Möglicherweise…“, hauchte sie dicht an meinen Lippen. Ihr Kuss hatte noch immer ein wenig der Süße bewahrt und ich musste zugeben, dass ich hoffte, es würde ewig so bleiben. Alles andere war besser geworden, intensiver und es war ein unbeschwertes Gefühl, da wir uns keine Gedanken mehr über Zerbrechlichkeit oder Schmerzen machen mussten. Wenn ich mit meinem Engel zusammen war, dann wollte ich das, was wohl jeder normale Mann begehrte. Die Stunden, die wir gemeinsam auf dem Dach der Lagerhalle verbracht hatten, waren regelrecht in meinem Gedächtnis eingebrannt und in diesem Moment flackerten die Bilder unserer Leidenschaft vor meinem inneren Auge erneut auf. Nur allzu gern hätte ich mich noch einmal im Glück verloren, aber das war nicht der passende Ort für unsere Liebe, und das schien Liz ebenfalls so zu sehen.
„Lass uns rein gehen“, entschied sie lächelnd. Der Raum war so, wie wir ihn verlassen hatten, bis auf die Tatsache, dass
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