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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
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hinter mir zuschlug. Ich würde es nicht vergessen, denn es war das Einzige, was mich dazu gebracht hatte, noch einmal hierher zu kommen. Der schwarze Bentley verschwand in der Dunkelheit der Garage. Ich drehte mich auf dem Absatz um und ging den Weg zurück, den wir gekommen waren. Die Straße vor der Villa wirkte wie bei meinem ersten Besuch ruhig und friedlich. Es gab keine Anzeichen dafür, dass hier ein Kampf stattgefunden hatte. Und ich fragte mich auf einmal, warum ich überhaupt hier stand und über irgendwelche Vorkommnisse mutmaßte, wenn ich im Haus die Wahrheit erfahren konnte. Meine innere Stimme meldete sich jetzt unverhofft zu Wort und auch wenn ich sie ignorieren wollte, ihre Botschaft erreichte dennoch mein Bewusstsein. Ich hatte meinen Schöpfer im Stich gelassen und es spielte keine Rolle, dass er es gewollt hatte. Wie konnte ich Lesley gegenüber treten, wenn sie die Wahrheit erfahren würde? Ich hatte versagt.
    Wieder schloss ich meine Augen und ich sog Luft in meine toten Lungen. Und die Präsenz meines Engels schien wirklich meinen Geist zu erreichen. Ihr Duft hing so leicht in der Luft wie ein Blatt im Herbstwind. Meine Beine bewegten sich automatisch und ich hatte die Stufen zum Eingang kaum betreten, als die Tür bereits aufsprang.
    Rebecca Martin. Sie rannte auf mich zu und fiel mir auf einmal in die Arme, ohne etwas zu sagen. Du meine Güte, weinte sie etwa? Mir blieb kaum etwas übrig als stehen zu bleiben und abzuwarten, wobei ich mich einfach nur fragte, ob es okay war, sie ebenfalls zu umarmen. Es war lediglich eine tröstende Geste und ich ging nicht davon aus, dass sie es anders sah. Du meine Güte! Ich hätte beinahe über mich selbst gelacht, weil mein Denken und Handeln sogar in so einem Augenblick von Tugend und Pflichtbewusstsein bestimmt war. Ziemlich absurd.
    „Tut mir leid“, schluchzte Rebecca heftig und sie begann, sich von mir zu lösen. „Es hat mich einfach übermannt…ich kann nicht glauben, dass Vincent nicht mehr da sein soll.“
    Ich zwang mich zu einem aufmunternden Lächeln. „Sie müssen sich nicht entschuldigen, mir geht es ebenso.“
    Rebecca kramte ein Taschentuch aus ihrer Hosentasche und tupfte sich damit die Tränen von ihren Wangen. „Waren wir nicht bei `du´?!“ Sie strich sich ihr Haar aus der Stirn und ihr Versuch eines Lächelns wirkte nicht besser als meiner.
    Ich nickte. „Geht es dir ansonsten gut?“ Eine unnütze Frage in Anbetracht der Situation. Und offen gestanden war es mir fast egal, obgleich es vielleicht kaltherzig klang; ich konnte bloß an Lesley denken. Sie wollte ich in meine Arme schließen.
    „Danke, an mir ist noch alles dran, aber Vincent…“, sie schien mit sich zu ringen, um nicht wieder zu weinen. So hatte ich sie noch nie erlebt, bisher war sie immer so gefasst gewesen, doch heute war von ihrer Professionalität nicht mehr allzu viel übrig. Vincent hatte es nicht zugegeben, aber für mich stand außer Frage, dass er Rebecca auf jeden Fall mehr bedeutet hatte. Vielleicht war ihm das gar nicht so bewusst gewesen oder er hatte es bemerkt und es gerade deswegen ignoriert, um es zu unterbinden. Auf diese Frage würden wir wohl niemals mehr eine Antwort erhalten…
    „Nicholas?“ Die Stimme eines Engels holte mich ins hier und jetzt zurück. Rebecca trat augenblicklich von mir zurück und wir drehten uns gleichzeitig zum Eingang. Ich spürte sofort, dass es ihr genauso unangenehm war wie mir. Und ich konnte noch nicht einmal sagen, warum das so war. Schließlich war nichts Verwerfliches passiert. Aber das Wiedersehen mit seiner Freundin sollte natürlich anders ablaufen. „Liz…“, es war nicht mehr als ein Flüstern.
    „Entschuldigt mich, ihr habt bestimmt einiges zu besprechen und wollt allein sein.“ Rebecca drängte sich an Lesley vorbei, die regungslos im Türrahmen stand und mich musterte. Ihre Augen leuchteten, aber ich konnte zum ersten Mal nur schwer in ihnen lesen, doch ich wollte nicht länger mutmaßen. In zwei Schritten war ich bei ihr und ehe ich sie in meine Arme nehmen konnte, fiel ich vor ihr auf die Knie. Meine Arme schmiegten sich automatisch um ihren Körper und ich lehnte meine Wange dabei sachte an ihren Bauch. Einen Moment lang konnte ich alles um mich herum vergessen. Meine Sinne konzentrierten sich nur noch auf Liz. Es tat so gut ihre Wärme zu spüren, den Duft ihrer Haut einzuatmen.
    „Vincent ist nicht zurückgekommen.“ Es klang nicht wie eine Frage, aber ich schüttelte trotzdem den

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