Erloschen
verkaufen nur wenige Tankstellen Diesel. Allerdings ist die Interstate nicht weit.«
»Seltsam. Warum macht er es sich schwerer und uns leichter?«, fragte Racine.
»Er könnte einfach genommen haben, was er gerade zur Hand hatte«, vermutete Tully. »Die wenigsten Kriminellen betreiben einen größeren Aufwand. Sie benutzen das, was sie haben oder schnell beschaffen können.«
»Oder was sie am Tatort finden«, ergänzte Maggie.
»Auch jemand, der schon Feuer gelegt hat und wahrscheinlich noch mehr Brände plant?«, wandte Racine ein. »Wäre der nicht vorsichtiger?«
»Serientäter erwarten nicht, dass sie gefasst werden«, erklärte Maggie. »Die Tatsache, dass sie schon einige Male davongekommen sind, macht sie normalerweise unbekümmerter, nicht vorsichtiger.« Sie blickte wieder zur Gasse. »Könnt ihr mir zeigen, wo genau die Leiche lag?«
Tully ging voraus. Die Kriminaltechniker hatten diese Stelle fertig untersucht und waren verschwunden. Ganza war der Letzte, der seine Proben eingesammelt hatte, und deshalb entging Tully nicht, dass sich jemand am anderen Ende der Gasse bewegte.
Der Mann schlich gebückt unter der rostigen Feuertreppe hindurch, wobei er sich dicht an der Mauer hielt. Er war keine zehn Meter von der Straße entfernt. Nun erstarrte er und blieb im Schatten. Anscheinend hatte er nicht bemerkt, dass Tully ihn gesehen hatte.
Maggie legte eine Hand an Tullys Arm, und auch Racine blieb stehen.
»Die Leiche lag also neben dem Container?«, sagte Mag gie, ging normal weiter und achtete darauf, ihre Stimme nicht zu heben.
Ihre Schritte knirschten auf dem Schutt, kündigten sie lautstark an. War der Brandstifter zurückgekommen? Es wäre nicht das erste Mal. Er musste in der Nähe gewartet haben und dachte wohl, sie wären endlich fertig.
Racine griff in ihre Jacke. Maggie berührte ihren Ellbogen und schüttelte den Kopf. Dann zeigte sie mit dem Daumen über ihre Schulter. Racine verstand den Wink.
»Ich muss mal kurz telefonieren«, sagte sie. »Wir sehen uns später.«
Sie drehte sich etwas zu schnell weg, aber ansonsten fand Tully ihre Vorstellung recht gelungen. Racine war gerade um die Ecke gebogen, als sie den Container erreichten.
Der Kerl schlich weiter an der Mauer entlang. Zu gerne hätte Tully ihn aufgehalten. War er erst aus der Gasse, könnte er leicht entkommen. Soweit Tully sich entsann, war dort hinten noch eine Straße, und den Geräuschen nach herrschte auf der einiger Verkehr.
Er musste sich gar nicht entscheiden. Der Mann richtete sich auf und rannte los. Tully ebenfalls. Der andere war schnell, und er schleuderte einen Rucksack in Tullys Richtung. Tully stolperte und schlug der Länge nach hin. Sein Ellbogen krachte mit einem fiesen Knacken auf den Asphalt. Schmerz schoss ihm die Schulter hinauf bis in die Backenzähne.
22
Maggie machte einen Satz über Tullys lange Beine. Als sie sich nach hinten umsah, brüllte er ihr zu: »Lauf, ich bin okay!«
Sein Gesicht war schmerzverzerrt, und natürlich war er nicht okay, aber sie rannte weiter.
» FBI , stehen bleiben!«, schrie sie dem Mann am Ende der Gasse zu.
Der zuckte nicht einmal. Er verlangsamte gerade genug, dass er um die Ecke schlittern konnte.
Maggie folgte ihm. Je nachdem, von welchem Gebäude aus Racine kam, könnte Maggie dieses Wettrennen verlieren.
Der Mann blickte über seine Schulter. Er sah, wie nahe sie war, und preschte auf die Straße, wo er zwischen den Autos hindurchtänzelte, während sie quietschende Voll bremsungen machten. Hupen dröhnten, und die Hydrau lik eines Metro-Busses heulte, als der Mann von dessen Stoßstange abprallte. Er schien sich nicht verletzt zu ha ben. Wenn überhaupt, katapultierte ihn der Aufprall noch weiter von Maggie weg.
Auf der anderen Straßenseite verfiel er in einen Sprint, drängelte und schlängelte sich zwischen den Passanten durch. Viele waren es sowieso nicht und die meisten von ihnen Obdachlose, die sich langsam bewegten oder stehen blieben und stumm zuschauten, was vor sich ging. Maggie war eine trainierte Läuferin, die jede Woche ihre zehn bis zwanzig Meilen joggte. Folglich wäre dieses Wettrennen für sie normalerweise ein Kinderspiel gewe sen. Heute leider nicht, denn zu dem Hämmern in ihrem Kopf gesellte sich nun noch ein Schrillen in ihren Ohren. Aber sie rannte weiter.
Er flitzte um eine Ecke, und in dem Moment, in dem Maggie sie erreicht hatte, kam ihr ein Einkaufswagen entgegengerollt. Maggie packte seine Vorderseite, damit er nicht
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