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Erloschen

Erloschen

Titel: Erloschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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günstig sein, aber das machte die Aufgabe umso interessanter.
    Bis er um die Ecke kam, war sie schon dort – genau an der Stelle, wo der Kerl in den Untergrund abgetaucht war. Da unten war die Welt ziemlich spannend, wie er wusste, nachdem er dem Kerl schon einmal hinunter gefolgt war. Für seinen Geschmack waren die Gänge ein bisschen zu eng, und dieser hibbelige Typ ging ihm auf die Nerven. Er bewegte sich wie eine verirrte Kanalratte, guckte sich dauernd misstrauisch um. Nein, er war zu lästig und zu blöd, als dass es sich lohnte, ihn umzubringen. Es machte ungleich mehr Spaß, ihn wissen zu lassen, dass er verfolgt wurde, und seine Panik zu genießen.
    Er zog sich gerade in einen dunklen Schatten zurück, um weiter zuzusehen, als die Polizistin etwas tat, womit er nicht gerechnet hatte. Sie kletterte in den Kanalschacht.

24
    Maggie schrieb Tully und Racine per SMS , wo sie war und dass sie in die Kanalisation stieg. Sie hätte auf Verstärkung warten sollen, doch bis die kam, war der Kerl längst weg. Sie konnte immer noch hören, wie Tullys Ellbogen geknackt hatte, als er aufs Pflaster schlug. War das bereits ein tätlicher Angriff? Auf jeden Fall hatte er sich der polizeilichen Aufforderung widersetzt, stehen zu bleiben.
    Wie auch immer, sie konnte nicht warten. Nachdem sie sich ein letztes Mal umgesehen hatte, stieg sie in das gemauerte Loch, das sie an ein überdimensioniertes Abwasserrohr erinnerte.
    Gott, wie sie enge Räume hasste!
    Rostkrümel lösten sich von den Eisenstäben der Leiter, als sie sich an ihnen festhielt, und ihre Schuhe rutschten ein wenig auf den Streben. Warme, stinkende Luft kam ihr von unten entgegen. Sie hatte nicht erwartet, dass es so tief war. Auf halbem Weg blickte Maggie nach oben.
    Das war ein Fehler.
    Ihr wurde schlecht, und sie drückte sich fest an die Leiter, um nicht hinunterzufallen.
    Sie würde sich nur kurz umsehen, mehr nicht.
    Endlich öffnete sich die Röhre, und sie fand sich in einem dämmrig beleuchteten Tunnel aus Beton und Ziegelsteinen wieder, an dessen Wänden Rohre verliefen. Dampf stieg zischend auf, Eisenrohre ächzten, Wasser rauschte. Maggie stieg von der untersten Leitersprosse, landete mit einem Fuß im Wasser und zog ihn so ruckartig zurück, dass sie beinahe das Gleichgewicht verloren hätte.
    Natürlich war hier unten Wasser. Was hatte sie denn gedacht?
    Ein stetes Rinnsal durchnässte die untere Hälfte ihrer flachen Lederschuhe, doch Maggie war froh, ein wenig mehr Raum um sich zu haben.
    Einen guten halben Meter über ihr hing ein Gewirr von monströsen Rohrleitungen. Die Betonmauern schluck ten sämtlichen Straßenlärm von oben, dafür herrschte hier unten ein einziges Tropfen, Gurgeln und Rauschen. Luft zischte, und Maggie spürte, wie Dampf aus einem Rohr abgelassen wurde. Irgendwo über ihr schlug Metall an Metall, wenn sich Ventile öffneten oder schlossen.
    Sie sagte sich, dass es nicht anders war als in einem großen Heizungskeller, und versuchte, nicht an die Tatsache zu denken, dass sie sechs Meter unter der Erde war und über ihrem Kopf Häuser standen und Autos fuhren.
    Milchige Glühbirnen erhellten den Tunnel vor ihr. Zwei weitere Tunnel gingen nach links und rechts ab, waren jedoch unbeleuchtet. Maggie tastete nach ihrer Waffe, wartete und lauschte.
    Ihr erster Gedanke war, in den beleuchteten Tunnel zu gehen. Aber würde er nicht genau das von ihr erwarten? Kannte er das Kanalisationssystem gut genug, um sich in den dunklen Tunneln zurechtzufinden? Trotz der vielen Windungen müsste sie es sehen können, wenn er mit einer Taschenlampe in einem der stockdusteren Gänge leuchtete.
    Vielleicht rechnete er auch gar nicht damit, dass sie ihm nach unten folgte. Vielleicht dachte er, sie wäre so vernünftig, auf Verstärkung zu warten. Erst jetzt wurde ihr klar, dass das leise rhythmische Pfeifen, das sie hörte, ihr eigener Atem war. Sie versuchte, die Luft anzuhalten, und lauschte wieder. Ein leises Echo von Schritten, die sich von ihr wegbewegten, war aus dem beleuchteten Tunnel zu hören.
    Maggie begann in die Richtung zu gehen und zog gleichzeitig ihre Waffe aus dem Halfter. Sie blieb dicht an der Mauer, drückte sich stellenweise dagegen, um Rohren oder tropfendem Wasser auszuweichen. Vor jeder Biegung hielt sie inne und lauschte. Derweil passte sie auf, wo sie hintrat, damit sie ja nicht ausrutschte. Hier und da rümpfte sie die Nase, wenn das schmierige Wasser unter ihr tiefer wurde. Verdammt! Inzwischen sickerte es in ihre

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