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Erlosung

Erlosung

Titel: Erlosung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischer Claus Cornelius
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gewählt hat? Falsch. Die Präsidenten, Premierminister und Kanzler denken vielleicht, sie seien an der Macht, aber sie sind nur an der Regierung. Deutschbank, Deutschbank über alles!, das singen die in der Parallelwelt am Sonntagmorgen. Das Problem der Banker ist nur, dass sie es in letzter Zeit ein bisschen zu bunt getrieben haben und die Welt, die wir bewohnen, mit ihrer Gier etwas zu weit an den Abgrund manövriert haben. Die Welt, die sie brauchen, um sie weiter ausbeuten zu können.«
    Rede weiter, dachte Ella, rede immer weiter, so lange, bis Aziz auftaucht .
    Â»Das war zwar vorher auch schon so«, fuhr Schröder fort, »weil die in der Regierung und die in den Banken von jeher in einem Boot gesessen und miteinander gekungelt haben, aber diesmal haben wir es gemerkt, weil die Sache einfach zu groß
war, um sie weiter unter dem Teppich zu halten. Und jetzt haben die Angst, dass der lukrative Geld- und Nahrungstransfer von unserer Welt in ihre plötzlich abbrechen könnte, weil wir unsere Regierungen dazu zwingen, ihn zu unterbrechen. Denn das Problem ist: Regierungen müssen sich zur Wahl stellen, Banken nicht. Deswegen denken und handeln Politiker dummerweise manchmal so, wie es sich ihre Wähler wünschen.«
    Auf der Spree näherte sich ein Lastkahn, ein lang gezogener schwarzer Schatten, der mit tiefem Brummen durch das Wasser pflügte. Schröder sah zu dem Kahn hinüber, folgte ihm mit den Augen. Ella benutzte die Gelegenheit, um kurz auf ihre Uhr zu schauen. Wo bleibt Aziz, dachte sie, und dann: Was hat Schröder überhaupt vor?
    Plötzlich wurde ihr eiskalt. Sollte Aziz das nächste Opfer werden? War sie nur der Köder, der ihn in die Falle locken sollte?
    Â»Politiker und ihre Wähler mit ihrem Klein-Klein stören Banken nur«, Schröder redete weiter und weiter, »und ganz besonders stört es, wenn plötzlich jemand an das Geld die Frage der Moral stellt. Deswegen – und jetzt komme ich zu der Antwort auf Ihre Frage – wollen sie die Notwendigkeit, Erklärungen abgeben zu müssen, aus der Welt schaffen – aus ihrer und aus unserer. Deswegen wollen sie uns abschaffen, die Wähler, die Politiker, die Regierungen.«
    Â»Ich dachte, das hätten sie längst«, sagte Ella müde. »Woher stammt überhaupt Ihre ganze Weisheit?«
    Â»Ich habe eine Tarnkappe«, antwortete Schröder. »Sie macht mich nicht unsichtbar, aber sie lässt mich aussehen, als wäre ich wie viele andere: noch ein Hauptkommissar des LKA Berlin, den man auf seiner Seite haben möchte, wenn man zum Sicherheitsdienst einer global agierenden Wirtschaftskanzlei in Berlin und Paris gehört. Von dem man sich Vorteile erwartet, wenn man im Auftrag seiner Mandanten an einem Plan arbeitet und wenn wegen dieses Plans eine französische Stundentin ermordet wurde
und ein Rettungsassistent und ein armer Idiot namens Michalewski und Randolph Freyermuth, der Anwalt, und Eduard Forell, Exstaatssekretär, und die Kleine in Paris und und und. Die alle mussten nämlich sterben, weil sie eine Gefahr für den Plan darstellten. Sie, Doktor Bach, sollen die Nächste sein.«
    Der Wagen fuhr langsam und fast lautlos am Botschaftsgelände entlang und hielt genau zwischen zwei Straßenlaternen. Ella bemerkte ihn erst, als er schon so nah war, dass auch Schröder ihn entdeckte. Einen Moment lang geschah nichts, dann öffnete sich die Fahrertür und ein Mann in einem langen schwarzen Mantel stieg aus. Ella erkannte zuerst den Mantel, den Aziz auch gestern Morgen auf dem Friedhof getragen hatte. Jetzt trug er dazu noch einen Hut, dessen Krempe einen Schatten auf sein Gesicht warf.
    Einen Moment lang blieb er im fahl silbrigen Licht der Straßenlaterne stehen, dann hob er den rechten Arm und warf einen Blick auf die Uhr an seinem Handgelenk.
    Â»Und um das zu verhindern«, sagte Schröder leise und stand plötzlich dicht neben Ella, »werde ich Sie jetzt in Schutzhaft nehmen.« Er packte eine ihrer Hände. Sie wollte sie ihm entziehen, aber er hielt sie fest, und gleich darauf spürte sie etwas Kaltes auf der Haut, am Handgelenk. Sie wollte die andere Hand zur Hilfe nehmen, die er ebenfalls packte, die gleiche Kälte auch an diesem Handgelenk und ein gespanntes Klirren zwischen beiden.
    Ella starrte auf die Handschellen, deren Gewicht ihre Arme nach unten zog. Schröder hielt sie fest am Arm.
    Â»Doktor

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