Erlosung
seiner Quelle, die â die auch die Quelle ihrer Erlösung war und â «
Und ihres Todes, dachte Ella. »Was ist â Hören Sie das? Die Tür â¦! Können Sie das hören?« Forells Stimme entfernte sich, als lieÃe er das Handy sinken, und dann hörte sie, wie er überrascht ausrief: » Sie?! Aber Sie â «, und danach hörte sie nur noch die Orgelmusik.
Annika lieà sich gegen die Lehne der Bank zurücksinken. »WeiÃt du, woran mich das alles erinnert? Zehn kleine Negerlein. Und du bist eins davon, ein totes Negerlein aus der Zukunft.«
35
Die Botschaft der Volksrepublik China am Märkischen Ufer lag in völliger Dunkelheit. Die Glasfassade des vielstöckigen Betongebäudes spiegelte nur den Mond und die Lichter der S-Bahnstation auf der gegenüberliegenden Seite der Spree. Hinter dem Zaun, der das Botschaftsgelände abriegelte, flappte die rote Fahne unruhig im kühlen Wind. Die Bäume auf der Uferpromenade verloren raschelnd die ersten Blätter. An den moosbewachsenen Kaimauern darunter leckten kleine Wellen mit leisem Schmatzen.
Ella war früher als vereinbart gekommen, stand im Schatten unter den Bäumen und beobachtete die StraÃe vor dem Botschaftsgebäude. Auf der StraÃe parkten keine Autos; auch die Bürgersteige waren leer. Die Leuchtkörper der Laternen schwankten leicht, aber es sah aus, als wäre es das Licht, das schwankte. Es gab kaum Verkehr um diese Zeit, nur gelegentlich ein Taxi oder ein fast leerer Bus auf der BrückenstraÃe. Die farbigen Signale der Ampel an der Ecke hatten einen dunstigen Hof.
Ella war jetzt nicht mehr so müde wie vorhin im Taxi, mehr auf der Hut. Warum hier? , dachte sie, und: Was hat er herausgefunden, dass er mir auf einmal glaubt, und wie will er meine Unschuld beweisen?
Dann dachte sie: Wie viel kann ich ihm erzählen? Wenn das stimmt, was Forell mir gesagt hat, wie viel davon darf dann bekannt werden, bevor Lazare sein Ziel erreicht hat?
»Doktor Bach!« Zuerst hörte sie die Stimme kaum in dem Rascheln der Blätter über ihrem Kopf und dem schwachen, aber steten Geräusch des Flusses. »Hauptkommissar Aziz wird sich etwas verspäten, Doktor Bach!« Die Stimme, immer noch leise, gehörte einem Mann, der sich dicht hinter ihr befand.
Der Mann stand nur wenige Schritte von ihr entfernt, trotzdem erkannte sie ihn nicht sofort. Die Schatten der Blätter bewegten sich unruhig über sein Gesicht und das ungepflegte blonde Haar, das ihm in dünnen Strähnen in die Stirn fiel. Er war noch immer blass, und die Ringe unter seinen tief liegenden blauen Augen wirkten wie mit Kohlestift auf die wächserne Haut gemalt. »Sie haben uns ganz schön auf Trab gehalten, Doktor Bach.«
Hauptkommissar Schröder trug einen offenen Trenchcoat, nicht die abgewetzte schwarze Lederjacke, die er beim letzten Mal angehabt hatte, aber wie damals bewegten sich seine farblosen Lippen kaum, wenn er redete; auch das Kinn blieb reglos. Unter den SchöÃen des Mantels war der ausgeleierte Kragen eines Rollis zu erkennen, dunkelgrau oder blau. Die ausgebleichten Jeans waren dieselben, dafür hatte er die Schnürsenkel der hellgrauen Laufschuhe jetzt zugebunden.
»Wie haben Sie mich gefunden?«, fragte Ella nur.
»Die richtige Frage ist nicht wie, sondern warum«, antwortete Schröder, »und die Antwort lautet: Weil Sie einen Fehler gemacht haben, Doktor Bach. Genau genommen war es natürlich eine ganze Reihe von Fehlern, das dürfte Ihnen klar sein, denn wer einmal einen Fehler macht, wird immer weitere machen. Aber dazu gebe ich Ihnen keine Gelegenheit mehr. Ihr Fehler war, Hauptkommissar Aziz zu vertrauen und sich am Telefon mit ihm zu verabreden.«
Schröders Blick war nicht mehr so wach und zornig wie bei dem Verhör im Büro der Mordkommission des LKA. Er wirkte verstört. Auch der geduckte schlanke Körper unter dem offenen
Mantel verriet eine Anspannung, die an Angst grenzte. Wie ein Wildtier vor dem Sprung, dachte sie. Auf einmal setzte er sich in Bewegung, ging mit schnellen Schritten unter den Bäumen auf das Fundament der Brücke zu. Der Wind bauschte seine MantelschöÃe.
»Kommen Sie, er muss uns nicht sofort sehen«, sagte Schröder. Er verlieà sich darauf, dass sie ihm folgte, und das tat sie auch. »Sie hatten wir zwar verloren, aber Aziz natürlich nicht; an dem haben wir geklebt wie
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