Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erlosung

Erlosung

Titel: Erlosung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischer Claus Cornelius
Vom Netzwerk:
wie etwas, das ihr die Luft aus der Lunge saugte.
    Â»â€¦ Raymond hat gesagt, Forell darf die Aufnahme noch nicht öffentlich machen, aber ich finde, er kann nicht länger warten. Er muss sie sofort benutzen, bevor es zu spät ist …«
    Da geschah es, völlig unerwartet, das Bild erlosch. Auf dem hellblauen Bildschirm des iBooks war nur noch das schwarze Viereck des DVD-Abspielprogramms zu sehen. »Was ist das denn?«, fragte Ella überrascht.
    Â»Die DVD ist zu Ende«, sagte Dany.
    Ella drückte die Starttaste. Die Aufzeichnung begann von vorn. Sie drückte Eject. Das iBook warf die kleine silberne Scheibe aus. »Wo sind die anderen? Wir haben doch noch mehr!«
    Â»Wir haben alle durchgesehen, bis auf eine«, sagte Dany. »Und die ist auf später datiert.« Er nahm eine Disc, die auf dem Nachttisch lag, und schob sie in den Seitenschlitz des iBooks. Nach ein paar Sekunden Surren und leisem Rattern gab es ein
Bild auf dem Monitor, aber jetzt war es wieder grünstichig, und die Wohnung lag im Dunkeln.
    Die Scherben des zersplitterten Aquariums glommen matt auf dem mit schwarzem Blut überfluteten Ebenholzboden, auf dem reglos die winzigen Leiber der verendeten Fische lagen. Alles war wie in der Nacht, in der Ella das Penthouse zum ersten Mal betreten hatte, nur Mado war nicht mehr da.
    Sie müssen mir helfen, bitte! Es handelt sich um –
    Es handelt sich um was oder wen, Mado!? Warum konntest du den Namen nicht noch sagen, bevor die verdammte DVD zu Ende war? Was hast du mit dieser Aufnahme weiter gemacht? Hast du sie Freyermuth geschickt?
    Â»Da ist jemand in der Wohnung«, sagte Dany. Er hatte die Kopfhörer wieder aufgesetzt. »Ich kann Stimmen hören.«
    Das Fenster stand halb offen, und einen Moment lang sah es noch so aus, als wäre alles wie vorher, bis ein heller Fleck durch den Raum geisterte, der Lichtstrahl einer Taschenlampe. Eine schattenhafte Gestalt erschien am Bildrand, verharrte, ließ den Lichtkegel hin und her huschen, ging langsam weiter. »Was sagen sie?«, fragte Ella.
    Dany lauschte konzentriert. »Die reden alle durcheinander. Was für eine Sauerei, müssen wir das wirklich alles wegmachen?, fragt der eine . Sollen wir nicht erst mal die Spuren sichern? Das sind Polizisten! Der andere sagt: Wir müssen sie so oder so verschwinden lassen .«
    Ella sah eine zweite Gestalt, die neben der ersten auftauchte, und dann eine dritte. Alle trugen helle, grünliche Overalls. Die drei Männer setzten Plastikhauben auf, zogen Handschuhe an und begannen, mit Eimern, Aufnehmern, Staubsaugern, Handbesen und Pinseln systematisch alle Spuren des Überfalls zu beseitigen, das Blut, das Wasser, die Scherben, die Fische, alles. Nach ein paar Minuten ging der Anführer zu dem noch immer halb offen stehenden Fenster und schloss es. Einige Sekunden
lang konnte Ella sein Gesicht deutlich erkennen, und obwohl alles körnig und nicht ganz scharf war, bemerkte sie die gebrochene Nase, das Netz von Narben um das linke Auge und die verschieden hohen Wangen, die dem Gesicht seine asymmetrische Form gaben.

20
    Nach dem dritten Klingeln wurde am anderen Ende der Leitung abgehoben, und eine nicht mehr ganz feste Stimme sagte: »Hallo?«
    Â»Herr Freyermuth? Entschuldigen Sie, dass ich Sie so spät zu Hause störe«, sagte Ella. »Ich habe heute ein paarmal versucht, Sie in Ihrer Kanzlei zu erreichen, aber – «
    Â»Von wo rufen Sie an?«, fiel der Anwalt ihr ins Wort.
    Â»Berlin«, antwortete sie.
    Â»Kein Handy?«
    Â»Eine Telefonzelle.«
    Ella hörte kaum wahrnehmbare Atemgeräusche, die nach Erleichterung klangen. »Bitte, verzichten Sie darauf, während dieses Gesprächs Ihren Namen oder irgendeinen anderen Namen zu nennen.« Es schien, als hätte er ihren Anruf erwartet und sich darauf vorbereitet. »Ich nehme an, Sie haben eine Erfindung gemacht, die Sie patentieren lassen möchten? Oder liegt vielleicht eine Patentverletzung vor?«
    Ja, dachte Ella, jemand versucht, mir das Einzige zu nehmen, worauf ich ein Patent habe – mein Leben. »Darüber möchte ich mit Ihnen sprechen.« Wenn du es so willst, ich spiele mit. »So schnell wie möglich. Ich brauche Ihre Hilfe.«
    Â»Es handelt sich nicht vielleicht um eine Angelegenheit, bei der Ihnen ein Kollege besser helfen könnte?«, fragte Freyermuth, ganz vorsichtiger Anwalt. »Jemand, der sich beispielsweise

Weitere Kostenlose Bücher