Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel
hinter einigen Sträuchern der Spielplatz eines Kindergartens auszumachen. Ein Stück weiter entfernt befand sich eine Bibliothek.
Sie waren in Ulkebøl außerhalb von Sønderborg gelandet. Den ganzen Nachmittag über waren sie Christian Kragh, Kragen, gefolgt, nachdem er die Kaserne in einem weißen Toyota Avensis verlassen hatte. Sie gingen davon aus, dass es das gleiche Auto war, das Jacob Adamsen verfolgt hatte, bis der mit dem LKW kollidiert war. Sie waren ihm in die Stadt, in ein Sportgeschäft, in dem er sich neue Laufschuhe gekauft hatte, in eine Bank und schließlich in einen großen Supermarkt gefolgt. Alles zusammen genommen vollkommen normale Tätigkeiten. Nichts an seinem Verhalten deutete darauf hin, dass sie es mit einem möglichen Mörder zu tun hatten. Später war er zurück in die Kaserne gefahren und in schickeren Klamotten wieder herausgekommen. Er war allein in eine Bar und anschließend in eine zweite Bar gegangen.
Anscheinend war das keiner der Abende, von denen Max gesprochen hatte, dachte Liv verärgert. Jetzt waren sie ihm nach Ulkebøl gefolgt, wo er am Markt abgebogen war und sich der Bibliothek näherte. Die Uhr zeigte mittlerweile kurz vor zwei in der Nacht an, und Liv überlegte, ob sie ihn einfach wegen Trunkenheit am Steuer mit auf die Wache nehmen sollte. Aber das würde nur alles kaputt machen. Er würde eine Geldstrafe bekommen, vielleicht den Führerschein verlieren, aber mehr auch nicht. Danach würde er so vorsichtig sein, dass sie niemals etwas bei ihm finden würden.
»Max, bitte kommen. Wo seid ihr?«, sprach Liv in den Walkie-Talkie.
»Ende.«
Es krächzte, dann war Max zu hören.
»In Ulkebøl. MD ist soeben aus seinem Auto ausgestiegen. Ende.«
»Kragen befindet sich in der gleichen Gegend. Ende.«
»Dann läuft vielleicht doch noch was. Ende.«
»Wir warten ab und sehen. Ende«, sagte sie und pfiff in das Gerät zum Zeichen, dass das Gespräch beendet war.
»Kaffee?«, fragte Miroslav und zog aus einer Plastiktüte, die er zwischen seinen Beinen platziert hatte, eine Thermoskanne. Liv nahm einen der Plastikbecher. Sie schaute sich um. Was zum Teufel wollten die Soldaten hier draußen? Hier gab es im Umkreis von Meilen nicht mal eine Kneipe. Nichts, wo man an einem Samstagabend etwas zu trinken bekam. Und warum hatten sie nichts von Carsten und Lind gehört?
Unzufrieden öffnete sie die Autotür. Kragen stand still vor der Bibliothek. Wenn sie die Straßenbeleuchtung mied, konnte er sie aufgrund der Sträucher nicht sehen.
»Ich rauche draußen kurz eine«, sagte sie, und Miroslav nickte.
Eigentlich hasste Liv den Geschmack von Zigaretten, wenn es kalt war. Warum hörte sie nicht einfach auf? Sie wusste es wirklich nicht. Es war so eine herrliche Unterbrechung der Dinge.
Die Nacht war ruhig. Nur der kalte Wind raschelte in den Ästen der Birken im Garten nebenan. Der Schnee hing wieder schwer in den Wolken. Es würde nicht mehr lange dauern, bis sie eine neue Ladung abbekamen, dachte sie und schüttelte sich in ihrer allzu dünnen Lederjacke, durch die der Wind pfiff. Sie hörte Schritte im Schnee. Dann sah sie ein Stück entfernt Michael Dyreberg im Licht der Straßenlaterne an dem Kindergarten vorbeilaufen. In der Hand hielt er eine Sporttasche.
Sie trat einen Schritt zur Seite in die Einfahrt eines leer stehenden Einfamilienhauses und blieb vollkommen still in der Dunkelheit neben einer schneebedeckten Buchenhecke stehen. Als er weg war, ging sie zum Auto zurück und setzte sich hinein.
»Jetzt sind sie beide da«, sagte sie und drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, während sie den letzten Rauch ausstieß.
Miroslav trank seinen Kaffee aus, während sie die beiden beobachteten. Dyreberg ging weiter Richtung Bibliothek, wo Kragen bereits stand. Sie schlugen sich freundschaftlich auf die Schulter, stießen die Fäuste gegeneinander und schüttelten sich die Hände.
Liv und Miroslav fuhren mit dem Auto bis zu der Ecke und sahen, wie einer der Soldaten eine Flasche aus einer Plastiktüte hervorholte. Sie setzten sich auf die Treppe vor der Bibliothek, tranken, lachten und rauchten. Kragen stand auf und sprang auf der Stelle auf und ab, um warm zu werden, bevor er aus der Jackentasche eine kleine Tüte hervorkramte und den Inhalt auf einen kleinen Spiegel kippte. Kokain. Sie zogen sich zwei Lines rein, und ihre Stimmen wurden lauter.
Liv seufzte. Das konnte eine lange Nacht werden. Sie vermisste ihr warmes Bett und die Kinder, die im Laufe der Nacht
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