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Ernest Hemingway

Ernest Hemingway

Titel: Ernest Hemingway Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Stunden.»
    «Ich weiß», sagte Johnson. Die Kellnerin kam, und er bezahlte für den Wein und sein Abendessen.
    «Sie gehen aus, mein Herr?» fragte sie.
    «Ja», sagte Johnson, «nur einen kleinen Spaziergang machen. Ich werde mein Gepäck hier lassen.»
    Er nahm seinen Schal um, zog den Mantel an und setzte den Hut auf. Draußen fiel dichter Schnee. Er sah zurück durch das Fenster auf die drei Träger, die am Tisch saßen. Die Kellnerin füllte die Gläser mit dem Rest Wein aus der geöffneten Flasche. Sie nahm die ungeöffnete Flasche an die Theke zurück. Das macht für jeden pro Stück drei Franken und etwas, dachte Johnson. Er wandte sich um und ging den Bahnsteig hinunter. Drinnen im Cafe hatte er gedacht, daß davon reden der Sache die Schärfe nehmen würde, aber es hatte ihr nicht die Schärfe genommen; ihm war davon jetzt nur hundsgemein zumute.

III. Teil Der Sohn eines Vereinsbruders in Territet
    Im Bahnhofscafe in Territet war es ein bißchen zu warm; das Licht war hell, und die Tische glänzten vom Polieren. Es gab Körbe mit Brezeln in durchsichtigen Papiertüten auf den Tischen und Pappuntersätze für die Biergläser, damit die feuchten Gläser keine Ringe auf den hölzernen Tischen zurückließen. Die Stühle waren geschnitzt, aber die hölzernen Sitze waren abgenutzt und ganz bequem. Eine Uhr hing an der Wand; eine Theke war am anderen Ende des Raums, und draußen vor dem Fenster schneite es. An einem Tisch unter der Uhr trank ein alter Mann seinen Kaffee und las die Abendzeitung. Ein Gepäckträger kam herein und sagte, der Simplon-Orient-Express habe in Saint Maurice eine Stunde Verspätung gehabt. Die Kellnerin ging hinüber an Mr. Harris’ Tisch. Mr. Harris war gerade mit dem Abendessen fertig.
    «Der Express hat eine Stunde Verspätung, mein Herr. Soll ich Ihnen Kaffee bringen?»
    «Wenn Sie wollen.»
    «Bitte?» fragte die Kellnerin.
    «Schön», sagte Mr. Harris.
    «Danke, mein Herr», sagte die Kellnerin.
    Sie brachte den Kaffee aus der Küche, und Mr. Harris tat Zucker hinein, zerstieß die Stücke mit seinem Löffel und blickte aus dem Fenster hinaus auf den fallenden Schnee im Licht des Bahnsteigs.
    «Sprechen Sie außer Englisch noch andere Sprachen?» fragte er die Kellnerin.
    «O ja, mein Herr, ich spreche Deutsch, Französisch und Dialekt.»
    «Welche mögen Sie am liebsten?»
    «Sie sind alle ziemlich gleich, mein Herr. Ich kann nicht sagen, daß ich eine lieber hätte als die andere.»
    «Möchten Sie gern etwas trinken oder einen Kaffee?»
    «O nein, mein Herr, es ist nicht gestattet, im Cafe mit der Kundschaft zu trinken.»
    «Sie möchten wohl keine Zigarre?»
    «O nein, mein Herr», lachte sie. «Ich rauche nicht, mein Herr.»
    «Ich auch nicht», sagte Harris. «Ich bin nicht der Meinung von David Belasco.»
    «Bitte?»
    «Belasco. David Belasco. Sie können ihn immer erkennen, weil er seinen Kragen verkehrt herum trägt. Aber ich bin nicht seiner Meinung. Außerdem ist er jetzt tot.»
    «Würden Sie mich entschuldigen, mein Herr?» fragte die Kellnerin.
    «Selbstverständlich», sagte Harris. Er richtete sich in seinem Stuhl auf und sah zum Fenster hinaus. Der alte Mann am anderen Ende des Raums hatte seine Zeitung zusammengefaltet. Er blickte Mr. Harris an und nahm dann seine Kaffeetasse und die Untertasse und kam herüber an Harris’ Tisch.
    «Verzeihen Sie, wenn ich störe», sagte er auf englisch, «aber mir fiel gerade ein, daß Sie möglicherweise ein Mitglied der National Geographie Society sind.»
    «Bitte setzen Sie sich», sagte Harris. Der Herr setzte sich.
    «Wollen Sie nicht noch einen Kaffee oder einen Likör trinken?»
    «Danke», sagte der Herr.
    «Wollen Sie einen Kirsch mit mir trinken?»
    «Vielleicht aber Sie müssen mein Gast sein.»
    «Nein, ich bestehe darauf.» Harris rief die Kellnerin. Der alte Herr nahm aus einer Innentasche seines Mantels eine lederne Brieftasche. Er nahm ein breites Gummiband ab und zog verschiedene Papiere hervor, suchte eines heraus und reichte es Harris.
    «Dies ist meine Mitgliedskarte», sagte er. «Kennen Sie Frederick J. Roussel in Amerika?»
    «Bedaure, nein.»
    «Ich glaube, er spielt eine große Rolle.»
    «Wo kommt er her? Wissen Sie, aus welchem Teil der Staaten?»
    «Aus Washington natürlich. Ist dort nicht der Hauptsitz der Gesellschaft?»
    «Ich glaube ja.»
    «Sie glauben? Sind Sie denn nicht sicher?»
    «Ich bin eine lange Zeit weggewesen», sagte Harris.
    «Sie sind also kein Mitglied?»
    «Nein, aber mein

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