Ernest Hemingway
Neuschnee, der auf den hohen Bergen liegenblieb; es war nur der alte, von der Sonne geschmolzene Schnee und das Eis, und von ganz weit weg leuchtete es sehr hell.
Wir wollten irgend etwas Kühles und etwas Schatten. Wir waren sonnenverbrannt, und unsere Lippen hatten Blasen von der Sonne und dem Alkalistaub. Wir bogen die Seitenstraße hinauf zu Fontans ein, hielten den Wagen draußen vorm Haus an und gingen hinein. Es war kühl drinnen im Eßzimmer. Madame Fontan war allein.
«Nur zwei Flaschen Bier», sagte sie. «Es ist alles weg. Das neue ist noch nicht gut.»
Ich gab ihr ein paar Vögel. «Das ist gut», sagte sie. «Schön. Danke. Das ist gut.» Sie ging hinaus, um die Vögel an einem kühleren Ort aufzubewahren.
Nachdem wir mit dem Bier fertig waren, stand ich auf. «Wir müssen gehen», sagte ich.
«Sie kommen doch bestimmt heute abend. Fontan, der wird dann sicher den Wein da haben.»
«Wir kommen noch vorbei, bevor wir wegfahren.»
«Sie fahren weg?»
«Ja, wir müssen morgen früh fort.»
«Das ist zu schade, daß Sie wegfahren. Kommen Sie heute abend. Fontan wird den Wein da haben. Wir machen eine fete, bevor Sie wegfahren.»
«Wir kommen, bevor wir wegfahren.»
Aber an jenem Nachmittag gab es Telegramme abzuschicken, den Wagen zu überholen – ein Reifen war von einem Stein zerschnitten worden und mußte vulkanisiert werden – , und ich ging ohne Auto in die Stadt, um Sachen zu erledigen, die erledigt werden mußten, bevor wir abreisen konnten. Als Abendbrotzeit war, war ich zu müde, um auszugehen. Wir hatten keine Lust auf eine fremde Sprache. Alles, was wir wollten, war, früh zu Bett gehen.
Als ich im Bett lag, bevor ich einschlief, mit all den Sommersachen um mich her aufgehäuft, fertig zum Einpacken, den offenen Fenstern, durch die die Luft von den Bergen kühl hereinkam, dachte ich, daß es eine Schande sei, daß wir nicht zu Fontans gegangen waren – aber nach kurzem schlief ich ein. Am nächsten Tag waren wir den ganzen Morgen über damit beschäftigt, einzupacken und den Sommer zu beenden. Wir aßen zu Mittag und waren um zwei Uhr zum Aufbruch fertig.
«Wir müssen gehen und uns von den Fontans verabschieden», sagte ich.
«Ja, das müssen wir.»
«Ich fürchte, sie haben uns gestern abend erwartet.»
«Wahrscheinlich hätten wir hingehen sollen.»
«Eigentlich hätten wir wohl hingehen können.»
«Ich wünschte, wir wären gegangen.»
Wir verabschiedeten uns von dem Mann hinter dem Pult im Hotel und von Larry und von unseren anderen Freunden in der Stadt und fuhren dann zu den Fontans hinaus. Beide waren da, Monsieur und Madame. Sie freuten sich, uns zu sehen. Fontan sah alt und müde aus.
«Wir dachten, Sie würden gestern abend kommen», sagte Madame Fontan. «Fontan hatte drei Flaschen Wein da. Als Sie nicht kamen, hat er alles ausgetrunken.»
«Wir können nur eine Minute bleiben», sagte ich. «Wir sind nur gekommen, um uns zu verabschieden. Wir wollten gestern abend kommen. Wir hatten die Absicht zu kommen, aber wir waren zu müde nach dem Ausflug.»
«Geh, hol etwas Wein», sagte Fontan.
«Es ist kein Wein da. Du hast alles ausgetrunken.»
Fontan sah ganz verstört aus.
«Ich werde gleich gehen und welchen holen», sagte er. «Ich bin nur ein paar Minuten weg. Ich habe ihn gestern abend ausgetrunken. Wir hatten ihn für Sie da.»
«Ich wußte, Sie waren müde. ‹Mein Gott›, sagte ich, ‹die sind gewiß zu müde, um zu kommen› », sagte Madame Fontan. «Los, hol etwas Wein, Fontan.»
«Ich fahre Sie im Auto hin», sagte ich.
«Gut», sagte Fontan. «Auf die Art geht’s schneller.»
Wir fuhren mit dem Auto die Straße hinunter und bogen nach ungefähr anderthalb Kilometer in einen Seitenweg ein.
«Der Wein wird Ihnen schmecken», sagte Fontan. «Er ist gut geworden. Sie können ihn heute abend zum Essen trinken.»
Wir hielten vor einem Holzhaus. Fontan klopfte an die Tür. Niemand antwortete. Wir gingen herum zur Rückseite. Die Hintertür war auch verschlossen. Um die Hintertür herum lagen leere Blechbüchsen. Wir sahen durchs Fenster. Es war niemand drinnen. Die Küche war schmutzig und verwahrlost, aber alle Fenster und Türen waren fest verschlossen.
«Die verdammte Person! Wo ist sie nur hingegangen?» sagte Fontan. Er war verzweifelt. «Ich weiß, wo ich einen Schlüssel bekommen kann», sagte er. «Bleiben Sie hier.» Ich beobachtete, wie er die Straße hinunter zum nächsten Haus ging, an die Tür klopfte, mit der Frau, die herauskam,
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