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Ernest Hemingway

Ernest Hemingway

Titel: Ernest Hemingway Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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kein Bandit, und dies hat nichts mit Kino zu tun.»
    «Ich glaube ihm das», sagte Cayetano leise. «Ya lo creo.»
    «Es ist völlig ehrenhaft, seinen Angreifer anzugeben. Er sagt: jeder tut es hier. Er sagt: was geschieht, wenn der Mann, nachdem er auf Sie geschossen hat, eine Frau oder ein Kind erschießt?»
    «Ich bin nicht verheiratet», sagte Cayetano.
    «Er sagt: irgendeine Frau, irgendein Kind.»
    «Der Mann ist nicht verrückt», sagte Cayetano.
    «Er sagt, Sie sollen ihn angeben», schloß Mr. Frazer.
    «Danke», sagte Cayetano. «Sie gehören zu den großen Übersetzern. Ich spreche Englisch, aber schlecht. Doch ich verstehe gut. Wie haben Sie Ihr Bein gebrochen?»
    «Vom Pferd gefallen.»
    «So ein Pech. Das tut mir sehr leid. Tut es sehr weh?»
    «Jetzt nicht. Zuerst ja.»
    «Hören Sie mal, amigo», begann Cayetano. «Ich bin sehr schwach, Sie werden verzeihen. Ich habe auch viel Schmerzen, genug Schmerzen. Es ist gut möglich, daß ich sterbe. Bitte schaffen Sie diesen Polizisten hier raus, weil ich sehr müde bin.» Er machte den Versuch, auf die Seite zu rollen, dann hielt er sich steif.
    «Ich habe ihm alles wiederholt, genauso, wie Sie es gesagt haben, und er läßt Ihnen sagen, daß er wahrhaftig nicht weiß, wer ihn verwundet hat, und daß er sehr schwach ist und bittet, daß Sie ihn später verhören», sagte Mr. Frazer.
    «Später ist er wahrscheinlich tot.»
    «Das ist gut möglich.»
    «Deshalb will ich ihn jetzt verhören.»
    «Ich sage Ihnen doch, irgendwer hat ihn in den Rücken geschossen», sagte der Dolmetscher.
    «Herrgott noch mal!» sagte der Polizeidetektiv und steckte sein Notizbuch in die Tasche.
    Draußen auf dem Gang stand der Polizeidetektiv mit dem Dolmetscher neben Mr. Frazers Rollstuhl.
    «Sie glauben wohl auch, daß ihn jemand in den Rücken geschossen hat.»
    «Ja», sagte Mr. Frazer. «Jemand hat ihn in den Rücken geschossen. Was geht Sie das schon an?»
    «Seien Sie nur nicht gleich eingeschnappt», sagte der Polizist. «Ich wünschte, ich könnte Spanisch sprechen.»
    «Warum lernen Sie’s denn nicht?»
    «Sie brauchen doch nicht gleich eingeschnappt zu sein. Es macht mir doch keinen Spaß, dem Span Fragen zu stellen. Wenn ich Spanisch sprechen könnte, wär’s anders.»
    «Sie brauchen doch nicht Spanisch zu sprechen», sagte der Dolmetscher. «Ich bin ein absolut zuverlässiger Dolmetscher.»
    «Herrgott noch mal!» sagte der Polizist. «Also bis nachher. Ich komm mal rauf und besuche Sie.»
    «Danke, ich bin immer zu Hause.»
    «Sie sind doch wohl wieder in Ordnung? Das war wahrhaftig Pech. Mächtiges Pech.»
    «Es geht ganz gut voran, seit er den Knochen gespleißt hat.»
    «Ja, aber es dauert lange. Lange, lange Zeit.» .
    «Lassen Sie sich nicht von irgendwem in den Rücken schießen.»
    «So ist’s recht», sagte er. «So ist’s recht. Na, ich bin froh, daß Sie nicht eingeschnappt sind.»
    «Auf Wiedersehen», sagte Mr. Frazer.
    Mr. Frazer sah Cayetano lange Zeit hindurch nicht wieder, aber jeden Morgen berichtete die Oberschwester Cecilia über ihn. Er klage nie, sagte sie, und es ginge ihm jetzt sehr schlecht. Er hatte Bauchfellentzündung, und man glaubte nicht, daß er am Leben bleiben würde. «Armer Cayetano», sagte sie. Er hatte solch schöne Hände und solch ein feines Gesicht, und er jammerte nie. Der Geruch war jetzt wirklich entsetzlich. Er zeigte mit einem Finger auf seine Nase und lächelte und schüttelte den Kopf, sagte sie. Ihm war das mit dem Geruch sehr unangenehm. Es war ihm peinlich, sagte die Oberschwester Cecilia. Was war das für ein wunderbarer Patient! Er lächelte immer. Er wollte dem Pater nicht beichten, aber er hatte versprochen, seine Gebete zu sagen, und nicht ein einziger Mexikaner war da gewesen, um ihn zu besuchen, seit man ihn eingeliefert hatte. Der Russe würde Ende der Woche entlassen werden. «Für den Russen habe ich nie viel übrig gehabt», sagte die Oberschwester Cecilia. «Armer Kerl! Er litt auch. Es war eine ölige, schmutzige Kugel, und die Wunde infizierte sich, aber er gab so an, und dann mag ich immer die Schlimmen. Der Cayetano, das ist ein Schlimmer. Oh, das muß wirklich ein Schlimmer sein, ein durch und durch Schlimmer. Der ist so fein und zart gebaut und hat niemals mit den Händen gearbeitet. Der ist kein Rübenhacker. Ich weiß, daß er kein Rübenhacker ist. Seine Hände sind ganz glatt, und es ist keine einzige Schwiele an ihnen. Ich weiß, daß der irgendwie ein ganz Schlimmer ist. Ich gehe jetzt

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