Ernest Hemingway
sprach und schließlich zurückkam. Er hatte einen Schlüssel. Wir versuchten es mit ihm in der Vordertür und hinten, aber er wollte nicht öffnen.
«Die verdammte Person», sagte Fontan. «Sie ist irgendwo hingegangen.»
Als ich durch das Fenster blickte, sah ich, wo der Wein aufgehoben wurde. Dicht am Fenster konnte man das Innere des Hauses riechen. Es roch süßlich und übelkeiterregend wie ein Indianerhaus. Plötzlich nahm Fontan eine lose Planke auf und begann, damit an der Hintertür die Erde zu lockern.
«Ich werde schon reinkommen», sagte er. «Verdammte Person, ich werde schon reinkommen.»
Im Hinterhof des nächsten Hauses war ein Mann, der irgend etwas an dem einen Vorderrad eines alten Fords machte.
«Tun Sie’s lieber nicht», sagte ich. «Der Mann da kann Sie sehen. Er beobachtet Sie.»
Fontan richtete sich auf. «Wir wollen es noch mal mit dem Schlüssel versuchen», sagte er. Wir versuchten’s mit dem Schlüssel, aber er funktionierte nicht. Er ließ sich nach beiden Seiten ein Stück herumdrehen.
«Wir können nicht rein», sagte ich. «Wir fahren besser zurück.»
«Ich werde da hinten aufbuddeln», erbot sich Fontan.
«Nein, ich will nicht, daß Sie ein Risiko eingehen.»
«Ich tue es.»
«Nein», sagte ich. «Der Mann da sieht es. Dann beschlagnahmen sie ihn nur.»
Wir setzten uns ins Auto und fuhren zu Fontan zurück und hielten unterwegs an, um den Schlüssel abzugeben. Fontan redete nicht, sondern fluchte nur auf englisch. Er war ganz durcheinander und niedergeschlagen. Wir gingen ins Haus hinein.
«Die verdammte Person!» sagte er. «Wir konnten nicht an den Wein ran. Meinen eigenen Wein, den ich gemacht habe.»
Alle Heiterkeit verschwand aus Madame Fontans Gesicht. Fontan setzte sich in eine Ecke und vergrub den Kopf in den Händen.
«Wir müssen gehen», sagte ich. «Es macht wirklich nichts aus mit dem Wein. Sie werden ihn auf unser Wohl trinken, wenn wir weg sind.»
«Wo ist die Verrückte denn hingegangen?» fragte Madame Fontan.
«Ich weiß nicht», sagte Fontan. «Ich weiß nicht, wo sie hin ist. Und jetzt fahren Sie weg, ohne Wein.»
«Das macht nichts aus», sagte ich.
«Das macht viel aus», sagte Madame Fontan. Sie schüttelte den Kopf.
«Wir müssen gehen», sagte ich. «Auf Wiedersehen und alles Gute. Und schönen Dank für alles.»
Fontan schüttelte den Kopf. Er war entehrt. Madame Fontan sah traurig aus.
«Machen Sie sich wirklich keine Gedanken von wegen dem Wein», sagte ich.
«Er wollte, daß Sie seinen Wein trinken», sagte Madame Fontan. «Können Sie nächstes Jahr wiederkommen?»
«Nein. Vielleicht das Jahr darauf.»
«Siehst du?» sagte Fontan zu ihr.
«Auf Wiedersehen», sagte ich. «Denken Sie nicht mehr an den Wein. Trinken Sie für uns mit, wenn wir weg sind.» Fontan schüttelte den Kopf. Er lächelte nicht. Er wußte, wann er verspielt hatte.
«Die verdammte Person da», sagte Fontan vor sich hin.
«Gestern abend hatte er drei Flaschen hier», sagte Madame Fontan, um ihn zu trösten. Er schüttelte den Kopf.
«Auf Wiedersehen», sagte er.
Madame Fontan hatte Tränen in den Augen.
«Auf Wiedersehen», sagte sie. Sie fühlte mit Fontan mit.
«Auf Wiedersehen», sagten wir. Wir fühlten uns alle gräßlich. Sie standen auf der Türschwelle, und wir stiegen ein, und ich ließ den Motor laufen. Wir winkten. Sie standen traurig beieinander auf der Veranda. Fontan sah sehr alt aus, und Madame Fontan sah traurig aus. Sie winkte uns zu, und Fontan ging ins Haus. Wir fuhren die Straße hinauf.
«Es war ihnen gräßlich, Fontan war es gräßlich.»
«Wir hätten gestern abend hingehen sollen.»
«Ja, das hätten wir tun sollen.»
Wir hatten die Stadt hinter uns und waren draußen auf der glatten Landstraße mit den Stoppeln der Getreidefelder zu beiden Seiten und den Bergen weit weg zur Rechten. Es sah wie Spanien aus, aber es war Wyoming.
«Hoffentlich wird es ihnen sehr gutgehen.»
«Wird es nicht», sagte ich. «Und Schmidt wird auch nicht Präsident.»
Die Zementstraße hörte auf. Die Straße war jetzt mit Kies bedeckt, und wir verließen die Ebene und begannen den Anstieg zwischen den Ausläufern zweier Berge; die Straße machte einen Bogen und begann hinanzuklettern. Die Erde der Hügel war rot; der Salbei wuchs in grauen Klumpen, und als die Straße anstieg, konnten wir über die Hügel hinsehen und weiter weg über die Talebene bis zu den Bergen. Sie waren jetzt weiter entfernt, und es sah mehr denn je wie Spanien aus.
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