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Ernst Bienzle 14 - Bienzle und die lange Wut

Ernst Bienzle 14 - Bienzle und die lange Wut

Titel: Ernst Bienzle 14 - Bienzle und die lange Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Huby
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in einer Ecke des alten Heizungsraums. Ein Schlüssel wurde draußen ins Schloß der Tür gesteckt und gedreht. Die Tür gab ein quietschendes Geräusch von sich, als sie nun geöffnet wurde. Mascha kam herein. Sie hatte eine Wolldecke unter dem Arm und zwei Plastiktüten in den Händen.
    »Na, du...«, sagte sie.
    Der Junge redete nicht, er weinte auch nicht mehr. Er starrte Mascha nur mit großen verängstigten Augen an.
    »Du mußt keine Angst haben«, sagte sie und stellte die Plastiktaschen ab. »Da ist was zu futtern drin und was zu trinken.«
    Patrick schaute in die Tasche, nahm eine Saftflasche heraus, wollte sie aufschrauben, schaffte es aber nicht.
    »Gib her!« Mascha öffnete die Flasche und reichte sie Patrick zurück. Er setzte die Flasche an den Mund, aber weil sie eine zu große Öffnung hatte, lief der Saft links und rechts an seinen Mundwinkeln hinab.
    Mascha ging in die Hocke, holte ein Papiertaschentuch heraus und tupfte den Saft ab. Sie fragte gleichzeitig: »Wie heißt du eigentlich?«
    »Patrick!«
    »Und weiter?«
    »Klostermeier, Patrick Klostermeier.«
    »Nicht Gächter?«
    »Nein, der Onkel Günter heißt doch Gächter.«
     
    Joe Keller ging schon seit Stunden unablässig in der engen Zelle auf und ab und versuchte seine Panik niederzukämpfen. Die Tür wurde aufgeschlossen. Ein Vollzugsbeamter ließ Gächter herein und schloß hinter dem Kommissar wieder ab. Gächter lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür.
    Joe schaute kurz auf. »Ich war’s nicht. Als ich in Lohmanns Büro gekommen bin, hatte der seinen letzten Schnaufer schon getan.«
    »Ihre Freundin hat ein Kind entführt«, sagte Gächter.
    Joe versuchte ein Grinsen: »... und eine Bank überfallen und fünf Mios erbeutet, und heut Abend kommt sie mit dem Hubschrauber, landet mitten auf dem Gefängnishof und holt mich hier raus, stimmt’s?«
    »Mascha Niebur will Sie freipressen! Das Kind ist mein Neffe.«
    Joe begriff. Er sah auf. Seine Augen leuchteten plötzlich. »Mascha hat...? Das ist ja stark... Bockstark ist das!«
    Gächter sagte: »Sie kann nicht wissen, daß der Staat sich nicht erpressen läßt.«
    »Ist das nicht Wahnsinn?«, schrie Joe begeistert.
    »Ja«, sagte Gächter dumpf, »das ist der absolute Wahnsinn. Ihre Freundin sagt damit nichts anderes, als daß Sie den Mord begangen haben, Herr Keller.«
    »Von wegen...!«
    »Und sie hat jetzt selber ein Verbrechen am Hals, für das sie genauso lange in den Knast einfahren kann wie Sie für Ihren Mord.«
    »Ich hab den Lohmann nicht umgebracht!«
    Plötzlich schrie Gächter: »Aber Ihre Freundin hat ein Kind entführt!« Und dann wurde seine Stimme leise. »Wenn Sie noch irgendwas retten wollen, dann helfen Sie mir, Mascha und das Kind zu finden.«
    Joe biß sich auf die Unterlippe. Dann schüttelte er langsam den Kopf. »Nein! Mascha denkt genau richtig: Wenn man Sie nicht zwingt, werden Sie nichts tun. Sie werden den, der’s wirklich war, nie richtig suchen... Aber jetzt! Finden Sie ihn. Je schneller Sie ihn haben und je schneller ich draußen bin, um so eher ist doch das Kind auch wieder frei... Ich finde, das ist sauclever von Mascha gedacht!«
    Gächter verlor die Nerven, er packte Joe am Hals, zerrte ihn hoch und warf ihn gegen die Wand. Joe verhielt sich ruhig, er wehrte sich nicht, lächelte nur. Gächter kam zur Besinnung und ließ den jungen Mann wieder los.
    »Keep cool«, sagte Joe Keller.

10
    Es war Albert Horrenrieds Gewohnheit, bevor er sein Gelände verließ, noch mal durch das Werk zu gehen und sich zu vergewissern, daß alles seine Ordnung hatte. Er war stolz auf sein Sägewerk. Als er es damals übernommen hatte, war der Maschinenpark hoffnungslos veraltet gewesen. Sein Vater hatte viel vom Holz und wenig von den Geschäften verstanden. Albert hatte einen Schatz bester Hölzer angesammelt und fachgerecht gelagert. Weit und breit gab es kein Unternehmen, das über qualitativ so gute Stämme verfügte. In den Möbelfabriken des Landes wußte man das. Man kam zu Albert Horrenried, wenn man ausgewählte Hölzer suchte. Und nach und nach hatte er auch in neue Maschinen investiert. Maßvoll und mit viel kaufmännischem Verstand. Unter seinen Freunden und Jagdkameraden galt er zwar als Hitzkopf, aber in geschäftlichen Dingen zeigte er stets einen glasklaren Verstand. Albert Horrenried war mit sich zufrieden. Auch privat lief alles bestens. Inge war eine schöne und gefügige Frau, die wußte, was sie an ihm hatte. Sie war ihm dankbar, daß er sie bei

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