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Ernst Bienzle 14 - Bienzle und die lange Wut

Ernst Bienzle 14 - Bienzle und die lange Wut

Titel: Ernst Bienzle 14 - Bienzle und die lange Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Huby
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ging bereits unter. Ihre Strahlen fielen in langen, hellen Bahnen zwischen die Bäume und auf den tiefgrünen Moosuntergrund. Zwischen den Zweigen hingen unzählige dünne Spinnweben.
    »Altweibersommer«, sagte Bienzle.
    Sie kamen über eine Lichtung. Im Schutz zweier hoher Eichen stand an ihrem Rand eine kleine Hütte. An der Tür lehnte ein Damenfahrrad. Hinter der einzigen Fensterscheibe sah man das sanfte Licht einer Kerze.
    »A schöns verschwiegens Plätzle«, sagte Bienzle.
     
    In der Hütte lag Winfried Horrenried, Martins Sohn, auf dem Rücken und rauchte. Inge Kranzmeier zog sich an. Winfried legte die Zigarette weg, faßte Inge, die gerade einen Fuß in das Hosenbein schob und deshalb nur einen wackeligen Stand hatte, an der Hand und zog sie zu sich heran. Er schloß seine Geliebte noch einmal in die Arme, küßte und streichelte sie und sagte leise: »Wie schön du bist!«
    Inge wollte sich ihm entziehen. Ein wenig außer Atem sagte sie: »Winni, nicht, bitte!«
    »Ich hab schon wieder Lust«, sagte der junge Mann.
    Inge schaute auf die Uhr und erschrak. »Menschenskind, es ist ja schon sieben Uhr vorbei! Ich müßte längst daheim sein. Der Albert ist eh schon so mißtrauisch.«
    Winfried ließ sie los und griff nach seinem Hemd. Betont beiläufig sagte er: »Ist er denn noch mal beim Arzt gewesen?«
    »Ja, aber er redet nicht drüber. Er ist danach unheimlich gereizt gewesen. Und nachts hat er mich plötzlich geweckt.«
    Winfried zog sein Hemd über den Kopf. Inge sah es mit einem leisen Bedauern. Sie liebte diesen kräftigen, sehnigen Körper und seine makellose Haut.
    »Mach mich bloß nicht eifersüchtig«, sagte Winni aus dem Hemd heraus.
    »Nein, nicht so. Er hat nur gesagt, ich soll mir keine Gedanken um meine Zukunft machen, für mich würde er schon sorgen.«
    »Du meinst, mein Onkel will ein Testament zu deinen Gunsten machen?« Winfried gab sich Mühe, den Satz beiläufig klingen zu lassen.
    »Ich weiß nicht so genau«, sagte Inge. »Könnte schon sein... wenn er sich’s nicht noch mal ganz anders überlegt.«
    Winfried beobachtete sie lauernd aus den Augenwinkeln. Als sie ihn plötzlich anschaute, fühlte er sich bemüßigt, seinen Blick zu erklären. »Du bist unheimlich schön! Grade jetzt!«
    Eine Viertelstunde später, die Dämmerung war nun schon der Nacht gewichen, erreichten Inge und Winfried die kleine Fahrstraße, die das Steinachtal mit dem Dorf verband. Dort hatte Winfried sein Motorrad, versteckt hinter einem dichten Gebüsch, abgestellt. Inge schob ihr Fahrrad rechts von sich und hatte sich links eng an ihren Liebhaber gekuschelt, der seinen Arm um ihre Hüften gelegt hatte.
    Inge sagte: »Ich verlasse ihn!«
    Winfried grinste: »Vielleicht verläßt er ja dich.«
    Sie blieb stehen. »Warum sagst du so was?«
    »Na ja, mit seinem schweren Herzfehler.«
    Sie gingen weiter und erreichten nach wenigen Schritten den Rand des Waldsträßchens, das das Sägewerk mit dem Dorf verband. Hier trennten sie sich nach jedem ihrer heimlichen Treffen. Winfried küßte Inge noch mal. Sie drängte sich an ihn. Und so merkten sie etwas zu spät, daß ein Auto herannahte. Für Sekunden wurde das Liebespaar von den Scheinwerfern erfaßt.
    »Mensch, der Albert!«, entfuhr es Inge.
    Winfried beruhigte sie: »Der hat uns nicht gesehen.«
    Albert Horrenried war inzwischen weitergefahren und um die nächste Kurve verschwunden.
    Inge sagte schnell: »Ich ruf dich an«, und schwang sich auf ihr Fahrrad.
    Winfried zog sein Motorrad hinter dem Busch hervor und fuhr in die gleiche Richtung wie Albert zuvor.
    Der hatte inzwischen einen Holzabfuhrplatz erreicht und wendete seinen Wagen. In seiner Wut und Hast rammte er dabei einen Holzstoß. Er fluchte: »Himmelherrgottsakrament nochamol!«
    Aber er kümmerte sich nicht weiter darum, haute den ersten Gang hinein und fuhr auf dem gleichen Weg zurück, den er gekommen war. Er hatte noch keine hundert Meter zurück gelegt, da kam ihm sein Neffe auf dem Motorrad entgegen. Albert Horrenried beugte sich weit über das Steuer. Sein Gesicht war haßverzerrt und gleichwohl konzentriert. Er hielt auf das Motorrad zu.
    Winfried hatte keine Ausweichmöglichkeit nach rechts, weil dort ein tiefer Graben verlief. Im letzten Moment rettete er sich mit einem gewagten Manöver, indem er sein Motorrad vor dem herannahenden Auto scharf nach links riß, um so auf der Gegenfahrbahn vorbeizukommen. Das gelang ihm ganz knapp. Nach ein paar hundert Metern stoppte er die Maschine.

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