Erntemord
Restaurierung zu starten. Doch es war Aidan, der jetzt dort wohnte, gemeinsam mit Kendall. Sie hatten das verfallene Herrenhaus in eine meisterliche Schönheit verwandelt.
Das Haus ragte jetzt stolz empor, ein frischer Anstrich betonte die eleganten Konturen. Sie hatten die Vergangenheit erhalten und mit dem Gemeindetheater gleichzeitig etwas Neues und Wunderbares geschaffen.
Als sie näher kamen, bemerkte er ein Transparent an der Scheune, das eine Thanksgiving-Vorführung mit den Schulkindern der Gegend ankündigte. Er hatte Kendall bei der Arbeit erlebt. Sie schaffte es, jedes Kind einzubinden. Sein älterer Bruder Aidan hatte in ihrem Trio als skeptischer Sturkopf gegolten. Er hatte seine erste Frau bei einem Autounfall verloren, und damit schien auch jeder Optimismus in ihm gestorben zu sein. Kendall hatte das geändert. Sie war die Energie und Lebensfreude in Person, und er war dankbar für sie.
Er wünschte nur, sie hätte ihm mehr über Rowenna erzählt.
Als er in der eleganten, geschwungenen Auffahrt geparkt hatte und sie aus dem Wagen stiegen, kam Kendall lächelnd aus dem Haus. „Hallo!“ Sie umarmte Rowenna und küsste sie auf die Wange, dann tat sie das Gleiche bei ihm. „Danke, dass du Rowenna abgeholt hast“, sagte sie. „Aidan ist draußen im Scheunenbüro. Er will jetzt zwei Pferde anschaffen, hat er dir das erzählt?“ Sie lächelte kopfschüttelnd. „Ich schätze, es wird nicht schwer, einen kleinen Stall anzubauen, denn die alte Scheune nutzen wir ja für das Theater. Rowenna, komm herein. Wir können eigentlich gleich essen. Zu unserem vorerst letzten Essen in New Orleans gibt es Jambalaya.“
„Klingt großartig“, sagte Jeremy, der nicht erwähnen wollte, dass er schon zu Mittag Jambalaya gegessen hatte, und hoffte, dass Rowenna ebenfalls Stillschweigen bewahren würde. „Ich hole Aidan.“
Während er zur Scheune ging, fragte er sich, worüber die beiden Frauen miteinander sprechen mochten. Im Vorbeigehen bewunderte er erneut die Veränderungen, die Aidan und Kendall in etwas mehr als einem Jahr vollbracht hatten. Die alten Ställe waren blitzsauber, mit einer Bühne hinten im Gebäude und Klappstühlen, die an einer Seite aufgereiht waren. Wie das Haus selbst glänzten sie in neuer Farbe. Das Büro befand sich in der ehemaligen Sattelkammer. Es war neu ausgestattet worden mit einem Mahagoni-Schreibtisch, Sesseln, einem kleinen Sofa, dazu Telefon, Computer, Drucker und Fax.
„Hallo“, sagte Aidan, der bei seinem Eintreten aufsah. „Ich habe getan, worum du mich gebeten hast, und recherchiert, was an jenem Tag in Salem noch geschehen ist.“
„Und?“
Aidan schüttelte den Kopf. „Nichts Ungewöhnliches. Einige Beschwerden wegen Unzucht, die Festnahme eines betrunkenen Paars und eine Frau, die einen Laden nicht zur Schließungszeit verlassen wollte. Nichts Größeres. Wann fährst du hin?“
„Morgen. Brad ist kurz vorm Durchdrehen.“
Sein Bruder schwieg und starrte auf den Monitor.
„Was?“, fragte Jeremy mit gerunzelter Stirn.
„Ich schlage vor, dass du für jede Möglichkeit offen bleibst.
Und mit jeder Möglichkeit meine ich, egal wie merkwürdig der Hinweis auch scheinen mag, folge ihm.“
„Hey, du kennst mich. Ich bin gut in meinem Job.“
„Das weiß ich. Doch du willst immer das Offensichtliche, den Vogel in der Hand, den beinharten Beweis. Ich rate dir nur, auch Dinge in Betracht zu ziehen, die … weniger beinhart sind. Folge jeder Spur, ob sie nun absurd scheint oder nicht.“
Aidan hat sich eindeutig verändert, dachte Jeremy. Herrje, er hatte eine ehemalige Tarotkarten-Leserin geheiratet, auch wenn Kendall ihm immer gesagt hatte, dass sie das nur geschauspielert hätte. Doch Kendall glaubte tatsächlich, dass die Plantage von wohlwollenden Geistern beschützt wurde. Das hatte sie schon mehrere Male gesagt, seit sie im letzten Jahre in einer Kammer unter der Familiengruft auf einen Mörder gestoßen war. Aber Aidan …
Aidan hatte ihn nach dem Tod der Eltern großgezogen. Er hatte sein eigenes Leben zurückgestellt, um sie alle drei – sich selbst, Jeremy und ihren jüngsten Bruder Zach – zusammenzuhalten. Jeremy hatte allen Respekt dieser Welt vor seinem älteren Bruder. Er liebte ihn und würde für ihn durchs Feuergehen.
Doch Aidan war gemeinsam mit Kendall unten in dieser Krypta gewesen, und das hatte ihn ein wenig durcheinandergebracht. Zumindest was diese Geistersache anging.
Er wollte sich mit seinem Bruder nicht
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