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Erntemord

Erntemord

Titel: Erntemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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schuldig, oder war das seiner Einbildung zuzuschreiben?
    Sie sagte nichts mehr, während sie mit dem Fahrstuhl nach unten fuhren. Der Hoteldiener wartete mit Jeremys Wagen. Jeremy ließ Rowenna einsteigen und setzte sich dann auf den Fahrersitz, bevor er das Wort ergriff. „Und was hat Ihr Freund gesagt?“
    „Ehrlich?“ Sie sah ihn an.
    Er hob eine Braue. „Ja?“
    Sie blickte wieder nach vorn. „Er ist nicht gerade begeistert von Privatdetektiven.“
    Er lachte. „Der Typ mag Hellseher und schaut auf Privatdetektive herab?“ Er stöhnte auf. „Das wird hart“, prophezeite er grimmig. „Eine Kleinstadt, Hexen, feindselige Polizisten – einfach großartig.“
    Sie sah ihn nicht an, doch er bemerkte, wie sie ihre Lippen zusammenpresste. Er hätte sich die Zunge abbeißen können. Er hatte nicht so beleidigend sein wollen, er hatte einfach geredet, ohne nachzudenken, weil er eine böse Vorahnung hatte. Brad hatte am Telefon furchtbar geklungen. Er war völlig aufgelöst und brauchte dringend Hilfe. Der einzige Mensch dort, der ihm zu glauben schien, war ein örtlicher Polizist namens O’Reilly. Die Detectives – eingeschlossen Rowennas Freund – behandelten ihn alle als Verdächtigen und waren ihm gegenüber recht feindselig eingestellt.
    Doch so liefen die Dinge nun einmal. Wenn eine Frau tot war oder vermisst wurde und es keinen offensichtlichen Verdächtigen gab, fiel der Verdacht immer auf den Ehemann. Es war normal, eine Sache der Statistik. Brad war ein Cop und musste das wissen. Er und Jeremy hatten die Leichen von zu vielen Frauen und Freundinnen gefunden, die mit Gewichten beschwert von ihren Männern über Bord geworfen worden waren. Von den Männern, die sie angeblich liebten. Es war reine Mathematik, die die Cops veranlasste, den Ehemann zu verdächtigen, wenn die Frau verschwand. Vor allem, wenn er sie als Letzter gesehen hatte.
    „Fahren Sie hin?“, fragte sie ihn.
    „Ja.“ Er nickte. „Tut mir leid“, fügte er etwas steif hinzu. Er schuldete ihr diese Entschuldigung, doch sie fiel ihm schwer.
    „Joe Brentwood ist ein guter Mann“, sagte sie.
    „Ich bin sicher, dass er das ist.“
    „Ich meine es ernst. Wenn Sie mit ihm zusammenarbeiten, arbeitet er auch mit Ihnen zusammen.“
    Er hatte den Eindruck, dass sie selber nicht sicher war, ob dieses Versprechen gehalten würde – nicht überraschend, wenn man bedachte, wie Cops auf das reagierten, was sie als die Einmischung von Zivilisten betrachteten. Doch er sagte nur: „Das hoffe ich.“
    Sie schwiegen. Die Stimmung war angespannt. Er überlegte krampfhaft, was er sagen könnte, doch ihm fiel nichts ein. Merkwürdig, zuvor am Tag hatten sie ohne Pause geplaudert. Er hatte Brads Situation ausführlich dargelegt, und sie hatte ihm viel Interessantes erzählt, dem er bereitwillig gelauscht hatte. Aber jetzt …
    Danach war sie gegangen. Nach Hause. Er hatte nicht erwartet, sie jemals wiederzusehen und wieder gegen seine Reaktion auf sie ankämpfen zu müssen.
    Nun folgte er ihr. War das der Unterschied, der zu dieser Distanz zwischen ihnen führte?
    Die Fahrt zu der Plantage schien ewig zu dauern.
    Sie wandte sich ihm zu. „Joe Brentwood war fast meinSchwiegervater“, sagte sie plötzlich, als hätte sie eine Entscheidung getroffen, die sie nun um jeden Preis verfolgen wollte. „Ich war mit seinem Sohn Jonathan verlobt. Er starb vor drei Jahren bei einem Hubschrauberabsturz in Übersee. Er war beim Militär. Joe und ich sind noch immer gute Freunde, also glauben Sie nicht, dass er ein Spinner ist oder irgendetwas anderes ist als ein guter Cop. Er ist kein Wiccaner, doch es könnte ihn nicht weniger kümmern, welcher Religion andere angehören, solange sie nur das Gesetz befolgen. Er respektiert seine Mitmenschen, außer sie brechen das Gesetz.“
    Er war überrascht von ihrem Ausbruch. Denn obwohl sie die Worte recht gleichmütig ausgesprochen hatte, schienen sie dennoch ein Angriff zu sein.
    „Es tut mir leid“, sagte er und hatte das Gefühl, sich verteidigen zu müssen. „Er respektiert seine Mitmenschen – solange sie keine Privatdetektive sind?“, fragte er dann.
    Sie seufzte genervt, und er entschied, dass Schweigen möglicherweise klüger war als jedes Gespräch.
    Schließlich erreichten sie die Flynn-Plantage. Als er zu dem großen weißen Haus aufsah, wallten Zufriedenheit und Stolz in ihm auf. Das Leben barg manche Ironie. Aidan war derjenige gewesen, der das Anwesen lieber verkaufen wollte, als eine aufwendige

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