Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ernteopfer

Ernteopfer

Titel: Ernteopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
Vom Netzwerk:
Dietmar Becker hatte vor dem Bunga low einen Mann getroffen, auf den er gerade heftig gesti kulierend einredete. Ich öffnete meine Seitenscheibe und fuhr absichtlich unbeholfen bis weit auf die Waschbeton- platten zurück. Vielleicht konnte ich auf diese Weise et was hören?
    Meine Taktik ging nicht auf. Becker und sein Spezi entdeckten mich und verschwanden daraufhin sofort im Haus.
    Mein Magen knurrte. Und das war noch nicht das Schlimmste. Ich wurde fast wahnsinnig vor Sodbrennen. Kein Wunder, wenn man den Tag schon mit Süßigkeiten beginnt und ansonsten keine gesunde Nahrung zu sich nimmt. Ich konnte nur hoffen, dass es meinen Kindern bei der Nachbarin besser erging. Da das Gewerbegebiet Foh lenweide sowieso auf dem Weg zur Dienststelle lag, machte ich dort an der Imbissbude vor einem Einkaufszentrum einen kleinen Zwischenstopp. Nach einem Cheeseburger und einer großen Portion Pommes, natürlich mit viel Majo, war mein Sodbrennen zwar nicht verschwunden, doch zu mindest mein Magen knurrte nicht mehr ganz so laut.
    Kurz vor 11 Uhr kam ich mit meinem Wagen in Schif ferstadt an und fuhr in den Hof der Kriminalinspektion. Fast im Vorbeigehen warf ich einen Euro in den Geträn keautomaten und drückte mir eine Cola. Mit dem üblichen Gepolter fiel eine Diät-Limonade in den Ausgabeschacht. Ich fluchte. Wütend wollte ich die Büroklammer an der Taste für die Diät-Limonade entfernen, doch zu meiner Verwunderung entdeckte ich keine mehr. Ich war mir aber sicher, dass ich auf die Taste nebenan gedrückt hatte. Er staunt schaute ich mir nun die Taste genauer an und zu meinem Entsetzen prangte anstelle des Colasymbols eben falls ein Diätsymbol. In diesem Moment begannen hinter mir zwei Kollegen lauthals zu lachen.
    »Hi Reiner, da staunst du, was? Der Getränkefritze war über unseren enormen Verbrauch an Diät-Gesöff so erstaunt, dass er daraufhin gleich zwei Ausgabefächer für diese Siffbrüh reserviert hat.«
    So ein Mist. Wahrscheinlich werden jetzt die Hersteller wegen uns noch ihre Jahresproduktion verdoppeln. Ich stellte die volle, aber für meinen Magen momentan un genießbare Flasche auf den Automaten und ging in mein Büro. Niemand hatte aufgeräumt. Das hätte mich auch sehr gewundert. Überall lagen diverse Blätter und Stif te meiner Kinder herum. Ich blätterte die Tagespost auf meinen Schreibtisch lustlos durch, bis ich an einem unty pischen Kuvert hängen blieb. Kein Absender, ja nicht mal eine Briefmarke waren vorhanden. In dicken, ungelenken Bleistiftstrichen hatte jemand meinen Namen quer über das Kuvert gemalt. Es sah wie die ersten Schreibversuche von Paul aus. Mir war klar, dass hier jemand seine Hand schrift vertuschen wollte. Ich fasste den Brief zaghaft an einer Ecke mit Daumen und Zeigefinger an und schüt telte ihn vorsichtig. Es lag schon ein paar Jahre zurück, dass die Bevölkerung sofort panisch auf jeden Fund einer weißen Substanz reagierte. Damals wurde an wichtige Po litiker in den USA per Brief der Milzbranderreger Anth rax verschickt. Das alles lief dann darauf hinaus, dass in Deutschland ganze Supermarktparkplätze gesperrt wur den, nur weil irgendjemand beim Einladen versehentlich ein bisschen Waschpulver auf den Boden rieseln ließ. Klar gab es genügend Trittbrettfahrer. Aber welche politische Brisanz konnte der Rhein-Pfalz-Kreis bieten, um solche Einsätze zu rechtfertigen? Aber lieber einmal zu viel raus gefahren als einmal zu spät. Vorgesetzte der Gefahrenab wehr hatten damals wegen der vielen Überstunden ihren maulenden Untergebenen diese Prophylaxe-Einsätze als Übung verkauft.
    Dieses Kuvert war flach. Nichts deutete auf einen Inhalt hin, der nicht aus Papier war. Trotzdem holte ich mir aus meinem Einsatzkoffer ein paar Einweghandschuhe heraus und streifte sie über. Den Brieföffner setzte ich nur mit der vorderen Spitze an, um ja nichts innerhalb des Kuverts zu zerstören. Der Inhalt bestand aus einem einzigen quadratischen Stück Papier. Es war ein Blatt von einem Notizblockwürfel. Auf diesem stand mit ungelenker Schrift:
    Hände weg von Siegfried, wenn dir dein Leben lieb ist.
    Es war nicht die erste anonyme Drohung, die ich in meiner Karriere als Beamter erhielt. Ich zuckte gleichgül tig mit den Schultern und steckte den Zettel mitsamt dem Kuvert in eine Plastiktüte.

7
    Der Besprechungsraum wartete auf mich. Wahrscheinlich waren die anderen auch diesmal wieder vor mir da.
    Zeitgleich kam ich mit Gerhard an, der in seiner Hand eine Kanne Kaffee

Weitere Kostenlose Bücher