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Ernteopfer

Ernteopfer

Titel: Ernteopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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trug.
    »Servus Reiner. Ich habe uns mal einen starken Kaffee gemacht, Spezialmischung Sekundentod. Wenn wir schon am Samstag arbeiten müssen, sollen das unsere inneren Organe wenigstens auch tun.«
    Kaffee. Mir war klar, das würde meine Magenschließ muskeln am Speiseröhrenende endgültig ins Nirwana schießen. Dennoch goss ich mir nach einer kurzen Be grüßung meiner Kollegen eine Magnumtasse des Sekun dentodes ein. Wie immer verbrannte ich mir die Zunge. Gerhard hatte es auch heute wieder geschafft, den Kaffee auf gefühlte 1.500 Celsiusgrade, den Schmelzpunkt des Eisens, zu erhitzen.
    Jutta hatte die Sitzung bereits eröffnet, doch ich war mit mir, meinem Sodbrennen und meiner verbrühten Zunge im Moment so sehr beschäftigt, dass ich ihr unmöglich zuhören konnte.
    »Reiner, was sagst du zu diesem Thema?«, fragte sie mich plötzlich.
    »Äh, hm, also«, ich stotterte hilflos herum.
    »Da habe ich noch keine abschließende Meinung dazu, Jutta. Mach doch erst mal weiter.«
    Jutta schaute mich verdutzt an und runzelte die Stirn. Sie klemmte sich eine Haarsträhne hinters Ohr und schüt telte ungläubig den Kopf.
    Ich werde wohl nie erfahren, zu was ich noch keine abschließende Meinung habe, dachte ich mir.
    »Also«, fuhr Jutta fort, »der Vollbart, von dem wir im mer noch nicht seinen richtigen Namen wissen, bleibt stur. Das Einzige, was wir herausgefunden haben, ist, dass er jeden Tag mindestens zweimal in der Kneipe am Haupt bahnhof einfällt. Der Wirt hat uns verraten, dass er sich nur von Exportbier und Butterbrezeln zu ernähren scheint. Wir haben jetzt einen verdeckten Ermittler auf ihn an gesetzt. Doch bis wir da mit irgendwelchen Ergebnissen rechnen können, wird es naturgemäß noch ein paar Tage dauern.«
    Sie hakte diesen Punkt auf ihrer Liste ab und fuhr fort.
    »So, dann haben wir als Nächstes das Ergebnis der Durchsuchung von Schablinskis Zimmer. Wie schon Rei ner festgestellt hat, fanden wir nur Bekleidungsstücke, Hygieneartikel und ein Buch. Ansonsten keine privaten Dinge. Da Schablinski aber seine Papiere bei sich trug, konnten wir ihn identifizieren. Zurzeit läuft gerade eine Amtshilfe-Nachfrage bei den polnischen Behörden. Wenn dieser Schablinski polizeilich bekannt sein sollte, werden wir es bis Montag wissen. Die polnischen Kollegen wollen uns bis dahin noch die Namen von weiteren Verwandten mitteilen.«
    »Hat das Buch irgendwelche Erkenntnisse gebracht?«, fragte Gerhard.
    »Das wissen wir noch nicht, werter Kollege. Wir fanden einen handschriftlichen Eintrag darin. Leider nicht auf Polnisch oder Deutsch. Vermutlich irgendwas Nord europäisches. Der Text liegt beim LKA. Wir sollten uns aber im Moment nicht allzu viel davon versprechen. Ers tens ist das Buch schon ziemlich zerlesen, sprich es ging schon durch viele Hände, zweitens wissen wir nicht mal, ob es überhaupt Schablinski gehörte. Vielleicht hat er es sich nur von einem Kollegen geliehen.«
    Jutta machte eine kurze Pause, um an ihrem Kaffee zu nippen. Ohne sich zu verbrennen, wie ich staunend zur Kenntnis nahm. Sie schien Gedanken lesen zu können.
    »Tja, Reiner, das liegt nur an der richtigen Menge Milch. Wer einen von Gerhard gebrauten Sekundentod schwarz trinkt, dem ist nicht mehr zu helfen.«
    Alle lachten.
    »So, jetzt wieder zu einem ernsten Thema. Siegfried hat ziemlich viel Dreck am Stecken. Steuerexperten der Staatsanwaltschaft haben sich ans Werk gemacht und sich die Unterlagen von den Finanzämtern besorgt. Die können sich bei dringendem Tatverdacht selbst am Wo chenende in die Rechner der Finanzämter einloggen. Da scheint eine ziemliche Schweinerei abzugehen. Wegen Ge fahr im Verzug wird der Laden bereits am Montagmorgen auseinandergenommen. Hierzu sind wir natürlich recht herzlich eingeladen. Die Staatsanwaltschaft rechnet aber nicht mit irgendwelchen Verbindungen zu unserem Fall. Wahrscheinlich wird das alles ziemlich routinemäßig ab gehen. Es werden hauptsächlich Aktenordner beschlag nahmt und abtransportiert. Zollfahnder und Leute vom Arbeitsamt werden ebenfalls anrücken, um die Mitarbei ter zu checken. Es wird zwar ein richtig großes Aufgebot, man will aber trotzdem Fingerspitzengefühl zeigen. Wenn man nämlich Siegfried, mal so gesprochen, platt machen würde, dann hätten sämtliche Zulieferbetriebe von einem Tag auf den anderen ein Riesenproblem. Haufenweise In solvenzen und Arbeitslose wird es hier dann geben. Der hiesige Landrat hat schon versucht, beim Staatsanwalt zu intervenieren. Trotz

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