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Ernteopfer

Ernteopfer

Titel: Ernteopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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eine Verbindung zu dem Kapitalverbrechen konnte ich dennoch nicht sehen.
    Ich hörte dem Spezialisten noch eine Weile zu, wie er über Bestattungsrituale der damaligen Zeit referierte. Ge legentlich nickte ich ihm Interesse zeigend zu. Eine auf sich aufmerksam machende Standuhr mit etwas schräger Big-Ben-Tonfolge nahm ich zum Anlass, meine Armband uhr zu Rate zu ziehen, und über die geschlagene Stunde zu erschrecken.
    »Um Himmels willen, wo ist nur die Zeit geblieben?«, unterbrach ich möglichst sensibel den Vortrag des emeri tierten Professors.
    »Es tut mir leid, dass ich Sie so abwürgen muss, Herr von Balleton. Aber ich muss jetzt wirklich gehen, sonst bekomme ich Ärger mit meiner Familie.«
    »Schade, ich hätte Ihnen noch einiges erzählen können. Das meiste können Sie ja aber in meinem Buch nachlesen. Und wenn Sie dann noch Fragen haben, dürfen Sie mich gerne anrufen.«
    Mit diesen Worten übergab er mir seine Visitenkarte. Ich schaute erstaunt auf das rechteckige Stück Karton. Außer seinem Namen, der die komplette Karte ausfüllte, waren keine weiteren Daten darauf zu finden. Es wäre kein Platz gewesen. Erst auf der Rückseite entdeckte ich doch noch Adresse und Telefonnummer.
    Ich bedankte mich und versprach, sein Buch zu erwer ben. Dann ging ich Richtung Ausgang und verließ das Mu seum, ohne den dazugehörenden Shop nur eines Blickes zu würdigen. Ein Fachbuch über Bandkeramik lag jetzt wirklich nicht in meinem Interessengebiet.
    3,50 Euro zeigte das Display in der Tiefgarage an. Ir gendwie Wucher, dachte ich. Bei den Preisen kann man schon nachvollziehen, dass jemand, der hier in der Innen stadt arbeitet, seinen PKW lieber im Parkverbot abstellt und ab und zu einen Zehn-Euro-Knollen riskiert, anstatt seinen Wagen den ganzen Tag im Parkhaus unterzubrin gen.
    In diesem Zusammenhang fiel mir plötzlich wieder der Aufkleber ein, den ich mir an meinem ersten selbst ge kauften Wagen auf den Kofferraumdeckel geklebt hatte: Können auch Sie durch einfaches Volltanken den Wert ihres Pkw verdoppeln?
    Ich fuhr wieder ›iwwer die Brigg‹, wie die beliebte be leibte Mannheimer Sängerin Joy Fleming immer sang, zu rück nach Ludwigshafen. Die Gelegenheit war günstig, ich fuhr bei Stefanie vorbei. Leider war dieser Kontakt wunsch meinerseits nicht erfolgreich. Meine Frau öffnete nicht. Erst dann bemerkte ich, dass ihr Auto nicht abge stellt war. Ob sie vielleicht mit den Kindern wieder nach Frankfurt zu ihrer Mutter gefahren war? Ich wusste es nicht. Da die Kinder aber Schule hatten, musste sie wohl oder übel noch heute zurückkommen. Ich überlegte, ob ich eine Nachricht in ihrem Briefkasten hinterlassen soll te. Doch schließlich verwarf ich diese unpersönliche Idee wieder und fuhr heim.

14
    Die warmen Sonnenstrahlen des späten Nachmittags sug gerierten mir eine friedliche Idylle. Erleichtert und mit dem Plan, mir nun ein bisschen Entspannung beim Zei tungslesen zu gönnen, ging ich ins Haus.
    Der Anrufbeantworter blinkte. Die arabische Ziffer 2 leuchtete daneben bedrohlich auf. Nachdem ich auf der Toilette war, traute ich mich, die Abhörtaste zu drücken.
    Reiner, ich bins, Stefanie. Es ist jetzt 17 Uhr bei mir. Meine Mutter hat einen Kreislaufkollaps erlitten, ich fahr jetzt gleich zu ihr nach Frankfurt. Gott sei Dank haben Ackermanns sich bereit erklärt, auf die Kinder aufzupas sen. Bitte hole sie gleich bei den Nachbarn ab, wenn du zurückkommst. Ich habe mit Gerhard telefoniert und von dem Anschlag auf dich erfahren. Er konnte mir allerdings nicht verraten, wo du heute Mittag steckst. Wenn es bei dir nicht klappt, ruf mich bitte auf –
    Pieps.
    Ding Dong.
    Ich drückte die Stopptaste, um den zweiten gespeicher ten Anruf zu unterdrücken und machte anschließend die Eingangstür auf.
    Paul und Melanie sprangen an mir hoch. Beide gleich zeitig. Ich verlor das Gleichgewicht und segelte rückwärts über meine Bereitschaftstasche, die ich vor ein paar Mi nuten im Flur einfach auf den Boden fallen gelassen hatte.
    Die Kinder konnte ich noch rechtzeitig loslassen, sodass ich der Einzige mit blauen Flecken blieb.
    »Papa, wir sind wieder da! Freust du dich? Hast du den Mörder schon geschnappt? Mama hat gesagt, dass jemand auf dich geschossen hat. Hast du zurückgeschossen?«
    Paul war total aufgedreht und zappelte die ganze Zeit herum.
    Melanie hatte ihren Rucksack über die Schulter gezogen und in diesem Moment konnte ich auch Frau Ackermann mit Pauls Schulranzen in der Tür erkennen.
    Ich stand

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