Eroberer 2 - Die Rückkehr
Frau anzuhören. Nicht einmal dann, wenn sie nicht mitten in einem Krieg gesteckt hätten.
Es war eine lange Fahrt zurück nach Hause nach Schilfweiler. Und sie erschien ihr noch länger.
Die letzte Seite des letzten Berichts erschien auf dem Monitor, und mit einem müden Seufzer schaltete der Oberclan-Primus das Lesegerät aus. Die anfänglichen Kämpfe waren also zu Ende. Die Zhirrzh hatten schon den vierten und fünften Brückenkopf auf Welten der Mensch-Eroberer erobert und sicherten sie mit Blockadetruppen aus der Luft. In diesem Moment bereiteten zwei weitere Expeditionskorps sich darauf vor, von den Haupt-Bereitstellungsgebieten auf Shamanv und Stützpunktwelt Elf zu zwei weiteren Welten der Mensch-Eroberer aufzubrechen. Und auf allen achtzehn Welten wurden noch einmal fünf zusätzliche Gruppen zusammengestellt. Die Meldungen, die aus den eroberten Territorien eingingen, kündeten von lauter Erfolgen und Siegen. Allem Anschein nach war die Gegenoffensive der Zhirrzh gegen diese neue Bedrohung durch Fremde ein voller Erfolg.
Doch der Primus wusste es besser. Die Streitkräfte der Zhirrzh standen am Rand der Katastrophe.
Der Primus seufzte wieder, legte sich auf die Liege und schaute trübsinnig auf die Sternen-Übersichtskarte, die auf die Bürowand projiziert wurde. Das Volk der Zhirrzh hatte davon natürlich keine Ahnung. Wahrscheinlich nicht einmal die Mehrheit der Clan-Sprecher. Aber das Krieger-Kommando wusste es. Und er auch.
Denn die Mensch-Eroberer leckten sich nicht nur ihre Wunden. Sie mochten durch die heftige Reaktion auf ihren Angriff auf die Forschungsschiffe der Zhirrzh überrumpelt worden sein. Aber diese Wirkung würde nicht lange anhalten. Sie sammelten bereits ihre Kräfte und schlugen zurück - oft genug mit vernichtender Gewalt. Die riesigen Kriegsschiffe der Nova-Klasse, die im Aufzeichnungsgerät erwähnt wurden, waren auf dem Kriegsschauplatz erschienen, begleitet von den furchtbaren, tödlichen Copperhead-Kriegern. Bislang waren alle Angriffe zurückgeschlagen worden, aber um welchen Preis! Die Blockadetruppen um Kavala verfügten nur noch über zwei einsatzbereite Kriegsschiffe, und die Truppen auf Massif hatten überhaupt kein schweres Gerät mehr. Wenn die unglaublich zähen Keramikhüllen die inneren Schäden nicht kaschiert hätten, wären die Mensch-Eroberer zweifellos längst zurückgekommen und hätten ihnen den Fangschuss verpasst. So hatten die Krieger und Technik zumindest eine Atempause, um ein paar Reparaturen durchzuführen.
Aber ihnen würde nicht viel Zeit bleiben. Denn das waren die Menschen. Die Eroberer. Sie würden bald zurück sein.
Und wenn es den Brückenköpfen nicht gelungen war, eine kritische Komponente ihrem Zugriff zu entziehen, hätten sie vielleicht CIRCE dabei, wenn sie wiederkamen.
Der Primus fluchte leise und sah auf die Sternenkarte.
Sie waren zu weiträumig verteilt. Das war das eigentliche Problem: Sie waren verdammt nochmal zu weiträumig verteilt. Und noch schlimmer - sie waren in einem Bereich des Reichs der Mensch-Eroberer konzentriert - in den Sektoren, die als Lyra und Pegasus bezeichnet wurden. Der Feind wusste, wo er sie suchen musste, und vermochte seine Kräfte mit minimalem logistischen Aufwand gegen sie ins Feld zu führen.
Die Zhirrzh brauchten etwas, um die Moral des Feinds zu schwächen und ihn zu verunsichern. Vielleicht eine tollkühne Aktion in einem anderen Gebiet ihres Reichs. Vielleicht sogar auf einer ihrer bevölkerungsreichen Hauptwelten: Celadon, Prospect, Avon oder sogar auf der Erde selbst. Es wäre ein Risiko - aber ein kalkulierbares
-, solange sie sich auf eine kurze Aktion beschränkten. Weil man Kriegsschiffe nicht durch den Stardrive-Tunnel zu verfolgen vermochte, wäre es ein Leichtes, sich ins Reich der Mensch-Eroberer einzuschleichen und auf der Welt zuzuschlagen, die die Krieger der Zhirrzh ausgewählt hatten. Die einzige Unwägbarkeit, die sie dann noch in Kauf nehmen mussten, wären die unbekannten Verteidigungseinrichtungen am anderen Ende.
»Oberclan-Primus?«, durchbrach die schwache Stimme eines Älteren die Stille.
Der Primus schaute auf und nahm respektvoll Haltung an. Das war nämlich nicht irgendein Älterer, sondern einer der achtundzwanzig Oberclan-Primusse, die vor ihm gegangen waren. »Ja, Achtzehnter?«, sagte er.
»Deine Privatgemächer, wenn ich bitten darf«, sagte der Achtzehnte kurz angebunden. »Es gibt ein paar Dinge, die wir besprechen müssen.«
»Sicher«, sagte der Primus.
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