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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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und unter die Herrschaft der Päpste geraten. Und der Schlächter der Normandie wird in
unserem Land freie Bahn haben … Aber ich kann keinen Frieden mit Hardrada schließen. Das wäre so, als bespringe man einen wilden Bären.«
    Sihtric schwitzte jetzt; er sah, dass der große Preis in Reichweite war. »Aber wir sind jetzt Brüder«, sagte er. »Wir und die Nordmänner. Nach zweihundert Jahren, in denen wir unser Blut vergossen und vermischt haben – du selbst, König von England, bist zur Hälfte dänischen Geblüts. Und denk über Folgendes nach.« Er drehte sich zu Godgifu und Orm um. »Meine eigene Schwester und dieser Wikingerkrieger – ein Liebespaar! Hier ist der Beweis.« Und er brachte einen Fetzen eines blutbesudelten Lakens zum Vorschein. »Ich rede nicht von Omen, mein König. Aber was ist das hier anderes als ein Symbol der kommenden Einheit?«
    Orms Muskeln spannten sich. Hier im Gemach des Königs hatte er keine Waffen, aber er spürte, dass er den Priester mit bloßen Händen erwürgen könnte. Doch Godgifu hielt ihn am Arm fest und drängte ihn stumm, die Ruhe zu bewahren.
    Harold, der das beobachtete, sagte gelassen: »Ich bezweifle, dass deine Schwester dir das verzeihen wird, Priester.«
    Sihtric spürte, dass er einen schrecklichen Fehler begangen hatte, und ruderte zurück. »Herr – ich wollte dir nur zeigen, dass …«
    »Steck diesen widerlichen Lappen weg, du Narr.«
    Sihtric gehorchte und stand angespannt da. »Ich habe gesagt, was ich zu sagen hatte, Herr.«

    »Ach wirklich? Nun, dann will ich dir sagen, was ich denke …«
    Die Tür flog auf, und ein Thegn stürzte herein. »Herr – ich bitte im Verzeihung – es gibt Neuigkeiten.«
    Es war Tostig. Der verbannte Bruder hatte eine Flotte zusammengestellt und war von Flandern aus in See gestochen. Anscheinend wollte er zur englischen Südküste. Harold warf seinen Metkelch zu Boden und ging ohne ein weiteres Wort hinaus.
    Sihtric eilte ihm nach. »Du hättest Tostig töten sollen«, sagte er, von panischem Schrecken erfasst. »Das steht nicht in der Prophezeiung . Alles könnte in Stücke fallen. Selbst jetzt könnte noch alles verloren gehen …«
    Aber der König schaute nicht zurück.

XII
    Als Orm und Godgifu den Palast verließen, war es Abend. In den letzten Tagen war es stets bewölkt gewesen, aber nun war der Himmel klar und von einem fahlen Licht erfüllt – der Mond vielleicht.
    »Ich habe diese Stadt langsam satt«, sagte Orm mit verkniffenem Gesicht. »Der Gestank der Kompromisse. Die Heuchelei. Diese Narren, die Prophezeiungen folgen wie leichtgläubige alte Weiber. Und ich habe deinen Bruder satt«, fügte er schroff hinzu.
    »Tja, das kann ich dir nachfühlen. Was wirst du tun?«
    »Ich kehre in die Normandie zurück. Ich habe die Söhne der englischen Thegns zum Kampf ausgebildet und damit meine Schuld gegenüber Harold beglichen, denke ich, und ich bin den Hochmut dieser schwammigen Burschen allmählich leid. Bei William bekommt man wenigstens einen anständigen, sauberen Krieg, und seine Gefolgsleute respektieren mich.« Er musterte sie. »Schockiert es dich, dass ich erwäge, zu Harolds Feinden zu gehen?«
    Sie schaute in ihr Herz. »Nein. Tatsächlich«, sagte sie langsam und traf die Entscheidung, noch während sie sprach, »denke ich selbst daran, mich Tostig anzuschließen.
Mein Vater war immerhin sein Thegn. Dort gehöre ich hin. Hier ist alles zu undurchsichtig. Und nach dem heutigen Tag würde ich gern von meinem Bruder wegkommen.«
    »Also trennen wir uns.«
    »Es ist ein Jahr des Krieges, denke ich. Nicht der Liebe. Wenn dies vorbei ist, auf die eine oder andere Weise …«
    »Werden wir einander finden.«
    Aber sie fragte sich, ob es wirklich so sein würde.
    Er drehte sich um und war im Nu in den dunklen, engen Straßen verschwunden. Sie kehrte in ihr Logierhaus zurück und machte sich bereit, allein ins Bett zu gehen.
    Mitten in der Nacht wurde sie von Sihtric geweckt. Er hatte einen neuen Brief von Ibn Sharaf aus al-Andalus bekommen. Sihtric wedelte ihr damit vor der Nase herum; sein Gesicht war rund in dem geisterhaften Mondschein, der durch das unverglaste Fenster hereinfiel. »Er hat ihn gesehen«, flüsterte er. »Den Kometen. Er ist am Südhimmel Iberiens erschienen …«
    Zu ungeduldig, um eine Lampe anzuzünden, befahl er ihr, sich einen Umhang umzulegen, und sie gingen hinaus, um den Brief im Mondlicht zu studieren.
    »Der Komet war schwach sichtbar – und in unseren Breiten oder

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