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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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könnten unser Potenzial verschwenden, Wikinger? Ich schlurfe hinter meinem Bruder her, der dem König folgt, während du kleine englische Jungen für den Krieg ausbildest. Wir sprechen nur über Prophezeiungen und Thronfolgen. Wir leben in einer stürmischen Zeit – vielleicht erhaschen wir durch die Prophezeiung meines Bruders sogar einen Blick in die Zukunft und in die Vergangenheit –, aber wir haben keine Zeit für uns.«
    Er lächelte. »Sihtric wird sicher noch eine gute Stunde lang Informationen aus diesem alten Mönch herausquetschen, wie ich ihn kenne.«
    »Dann sollten wir diese Stunde nicht verschwenden, wenn sie alles ist, was wir haben.« Und sie hob ihm das Gesicht entgegen.
    Für sie war es das erste Mal. Es gab ein wenig Schmerz, und er spürte das Blut, das sie vergoss. Aber sie gab sich ihm freudig hin.
    Hinterher hielt er sie fest umschlungen. Er wusste nicht, wann dieser Moment wiederkommen würde. Aber er hegte den Verdacht, dass 1066 kein gutes Jahr war, um sich zu verlieben.

XI
    Gleich am nächsten Morgen bestand Sihtric auf einer Audienz beim König. Er erklärte, er habe seine Prophezeiung endlich vollständig entschlüsselt und sei bereit, Harold ihre »erstaunliche Botschaft« vorzulegen.
    Godgifu versuchte ihn zu bremsen. »Bist du sicher? Der Versuch, die Meinung eines Königs zu ändern, ist riskant.«
    »Ich habe nicht den geringsten Zweifel. Meine Korrespondenz mit dem Mauren hat es bestätigt – und die Zusammenkunft mit Aethelmaer, diesem Narren, hat nur dazu gedient, meine Gedanken zu klären. Ich habe die ganze Nacht durchgearbeitet, um alles zu lösen. Dies ist das Schicksal, Godgifu. Die göttliche Vorsehung. Ich bin das Instrument des Webers.« Seine Augen waren rot gerändert vom Schlafmangel.
    Impulsiv nahm Godgifu die Hände ihres Bruders. »Nicht die göttliche Vorsehung. In Wahrheit hat dich diese verdammte Prophezeiung weit von dem Lebensweg weggeführt, den du dir gewählt hast. Weit weg von Gott. Dein Weber pfuscht in unserem Leben herum, und es lässt ihn anscheinend völlig kalt, was für Auswirkungen das hat.«
    Er drückte ihre Hände. »Liebe Godgifu. Wir hatten
immer eine verzwickte Beziehung, nicht wahr? Und doch sorgst du dich stets um mich. Selbst jetzt willst du mir helfen – sogar heute.«
    Sie runzelte argwöhnisch die Stirn. »Was meinst du damit?«
    »Nicht so wichtig. Tritt einfach nur zusammen mit mir vor den König, Godgifu. Und … bring Orm mit.«
    »Warum?«
    Aber das wollte er ihr nicht sagen.
    Harold empfing sie in seinem Gemach, einem prächtigen Raum mit steinernen Wänden im Innersten von Edwards Westmynster-Palast. Der Kamin war so groß, dass Godgifu hätte hineingehen können. Harold arbeitete Papiere durch, zusammen mit Schreibern und ein paar Huscarls, die ihm eilig die Dokumente vorlasen und sie ihm hinhielten, damit er sein Kreuz machte. Harolds großer, schwerer Kriegerkörper wirkte ruhelos unter den feinen Gewändern, und wie Sihtric sah er so aus, als hätte er wenig geschlafen.
    Als Sihtric, Orm und Godgifu eingelassen wurden, schickte er seine Schreiber hinaus und ging zu einer Bank hinüber, wo er sich einen Kelch Met einschenkte. »Ich bin ziemlich beschäftigt, Priester.«
    »Das kann ich mir vorstellen, mein König …«
    »William bringt den Stein ins Rollen. Hast du davon gehört? Er versucht, ein siebentausend Mann starkes Heer aufzustellen, erzählen mir meine Spione. Dazu braucht er die Unterstützung seiner normannischen Edelleute. Er sucht Rekruten aus der Bretagne und der
Grafschaft Boulogne. Er schreibt sogar an den verdammten Papst. Er will bei uns einmarschieren, nur darum geht es … Sag, was du zu sagen hast, aber beeil dich, Sihtric.«
    Man merkte Sihtric die Anspannung an, als er eine Schriftrolle entrollte. »Schau, das Menologium der Isolde. Ich verstehe es jetzt vollständig, Herr, das glaube ich jedenfalls. Und so schwierig diese Zeit für dich auch ist, ich glaube, das Menologium zeigt dir einen Weg.«
    Harold grunzte. »Meine Brüder meinen, ich solle dich beseitigen. Meinen Lieblingswahrsager. Sie behaupten, du seiest ein Gauner.«
    Sihtric hielt das Pergament in die Höhe. »Aber dies ist keine Wahrsagerei und auch keine Vorzeichendeutung durch Beschau von Eingeweiden. Dies ist ein wissenschaftliches Werk, das …«
    Harold tat das Dokument, das er nicht lesen konnte, mit einer Handbewegung ab. »Ja, ja. Sag mir einfach, worum es geht.«
    Wie der Name schon besagte, war das Menologium ein

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