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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Nahrungsmittel gestohlen, um meinen kranken Vater am Leben zu erhalten. Glaubst du im tiefsten Herzen, das ist ein Verbrechen vor Gott?«
    Belisarius stand auf. »Ich weiß sehr wenig über Gott. Das Zimmer ist für den Rest des Tages bezahlt. Du solltest dich ausruhen. Halte deine Wunde sauber, bade sie weiter in Wein und versuche, die Haut nicht noch mehr zu beschädigen.« Er wandte sich zum Gehen.
    Macson rappelte sich mühsam hoch und zuckte zusammen, als er dabei seine Hand bewegte. »Warte. Bitte.«
    »Ich habe zu tun.«
    »Ich weiß. Vielleicht kann ich dir helfen.«
    Belisarius war den Umgang mit kleinen Gaunern gewöhnt, und er sah, dass Macson, benommen von Schmerzen und Opium, nichtsdestotrotz schnell überlegte. »Du kannst mir einen besseren Preis für meine Bücher bieten als Theodoric, nicht wahr?«
    »Nein, aber ich kann dich zu besseren Kunden bringen.«
    »Zu wem?«
    »Zu den Mönchen. Besonders im Norden und im Osten. Manche dieser Klöster sind erstaunlich reich, Belisarius, wenn man bedenkt, was für eine arme Insel
dies immer gewesen ist. Und da die Äbte ihre Bibliotheken ausstatten möchten, werden sie einen guten Preis für deine Bücher bezahlen – das heißt, sie werden Theodoric einen guten Preis bezahlen, wenn er ihnen die Bücher bringt, die er dir abgekauft hat, sodass für ihn ein hübscher Gewinn herausspringt.«
    »Und wie käme ich an diese Mönche im Norden heran?«
    »Ich werde dich führen«, erbot sich Macson. »Die alten Straßen sind stellenweise immer noch gut. Es ist nicht so schwer, wenn man den Weg kennt.«
    »Britannien ist ein gefährliches Land, mit vielen Stämmen …«
    »Vier. Briten, Pikten, Iren und Germanen.«
    »Selbst in den Ländern der Germanen wimmelt es von zankenden Kleinkönigen; das weiß jeder.«
    Macson schüttelte den Kopf. »Seit Jahrzehnten steht ein großer Teil des Germanenlandes unter der Herrschaft Offas von Mercien. Die anderen germanischen Könige erkennen ihn als Bretwalda an, als Oberkönig. Er hat der Insel eine gewisse brutale Ruhe beschert.«
    »Auf dem Kontinent kennt man Offas Namen.«
    »Daran siehst du, wie recht ich habe.«
    Belisarius zögerte. Macsons Worte klangen einigermaßen vernünftig. Theodoric war ein bloßer Mittelsmann und ein widerlicher Kerl obendrein. Würde es etwas schaden, ihn aus dem Geschäft herauszuhalten  – nur dieses eine Mal? Außerdem vermutete er, dass Macson ihm nicht alles erzählt hatte, dass er sich von dieser Gelegenheit, die ihm so unerwartet in den
Schoß gefallen war, irgendetwas erhoffte. Aber was konnte das sein?
    Belisarius war von Natur aus wissbegierig und abenteuerlustig, sonst wäre er kein Händler geworden. Und jetzt war seine Neugier angestachelt. Er wollte mehr von dieser seltsamen Insel sehen, die seit vierhundert Jahren von der römischen Welt abgeschnitten war; vielleicht würde das ein gutes Kapitel in seinen Reisememoiren ergeben.
    Der schlaue, aufmerksame Macson erspürte etwas von diesem inneren Dialog. »Denk an die Geschichten, die du hinterher erzählen kannst!«
    Belisarius traf eine spontane Entscheidung. »Wir werden diese Reise unternehmen …«
    Macson versuchte, triumphierend die Faust zu ballen, zuckte jedoch zusammen, als seine verbrannte Klaue nicht reagieren wollte.
    »Aber«, sagte Belisarius, »erst in drei Tagen.«
    »Es ist das Gesetz der Germanen, nicht meins!«
    »Wenn deine Hand heilt, wenn Gott dir gnädig ist, brechen wir zu diesem absonderlichen Abenteuer auf. Wenn nicht – nun, dann habe ich nur ein wenig Zeit verloren.«
    »Du wirst es nicht bereuen.« Macson hob die Hand. »Ich glaube fest daran, dass sie heilen wird – wenn nicht durch Gottes Gnade, dann dank der römischen Medizin. Aber ich stelle eine Bedingung.«
    Belisarius, schon auf dem Weg zur Tür, drehte sich belustigt um. »Ist das dein Ernst?«
    »Mein Vater kommt mit.«

VII
    Gudrid lief im Dorf umher und suchte den Sklaven aus Lindisfarena.
    Die meisten Häuser, die in einigem Abstand vom flachen Strand des Fjords standen, waren Arbeitsstätten: Schmieden, Kuhställe, Scheunen. Einfriedungen für die Tiere zogen sich kreuz und quer den Hang hinauf, bis zur Wachstumsgrenze des Grases. Aber die große, dreißig Schritt lange Halle, eine solide Konstruktion aus vierkantig zugeschnittenem und poliertem Holz, war das Zentrum der Gemeinschaft. Um ihre lange Feuerstelle herum verbrachte man die endlosen Winterabende mit Trinken und Reden, im Spiel mit den Kindern und mit handwerklichen

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