Eroberer
du getan? Der Verband …«
»Der Lappen des Priesters hätte nichts geholfen. Ich habe ihn abgenommen und deine Wunde in Wein gebadet, damit sie nicht eitert. Hoffen wir, dass es wirkt. Und es ist besser, die Verbrennung der Luft auszusetzen, statt sie zu bedecken.«
»Du bist Buchhändler, kein Arzt.«
Belisarius runzelte die Stirn; dieser Fremde schien eine ganze Menge über ihn zu wissen. »Stimmt. Aber ich war immer viel auf Reisen. Dabei habe ich mir zwangsläufig ein paar medizinische Kenntnisse angeeignet, wenn auch nur, um selbst gesund zu bleiben. So verstehen etwa die Mauren sehr viel von Medizin; sie haben ihre uralten Kenntnisse bewahrt und weiterentwickelt.«
Macson bewegte vorsichtig die Hand; sie war steif, wie eine Klaue. »Ich habe nicht mal starke Schmerzen.«
»Ich habe dir ein bisschen Opium gegeben. Aber ich fürchte, die Schmerzen werden zurückkehren.«
Macson sah ihn an. »Danke. Du hast mir geholfen. Obwohl ich nicht so recht weiß, warum.«
Belisarius wusste es ebenso wenig. Er war eigentlich nur hier, um seine Bücher zu verkaufen, und wollte sich schon gar nicht mit hiesigen Verbrechern einlassen. Aber irgendwie hatte die Würde dieses schäbigen Lateinischsprechers, der vor seinen Augen von germanischen Barbaren gefoltert worden war, etwas in seinem Herzen angerührt. Er sagte einfach nur: »Du hast mich darum gebeten.«
Macson stützte sich auf den linken Ellenbogen und
lachte gequält. »Selbst wenn man einen Bischof um milde Gaben bittet, bekommt man sie nicht immer.«
»Außerdem«, sagte Belisarius vorsichtig, »hast du behauptet, mich zu kennen.«
»So ist es auch. Du bist Basil…«
»Belisarius.«
»Ja. Belisarius, der Oströmer. Du handelst mit seltenen Büchern aus den Bibliotheken von Konstantinopel und Alexandria. Ich habe früher für Theodoric gearbeitet. Du erinnerst dich vielleicht nicht an mich – aber ich erinnere mich an dich.«
Belisarius erinnerte sich wirklich nicht an diesen Mann, aber er hatte keinen Grund zu der Annahme, dass er log. »Du bist kein Germane.«
»Nein. Ich bin auf der anderen Seite der Mündung des Flusses Sabrina geboren, im Land der Siluren, wie es hieß – damals, als diese Insel eine römische Provinz war.«
»Du gehörst zu den wealisc .« Den Walisern.
Er schnitt eine Grimasse. »Ich bin Brite. Wealisc nennen uns die Germanen. Das Wort bedeutet ›Ausländer‹. Oder ›Sklave‹.«
»Sag mir, was sie in dieser Kirche mit dir gemacht haben.«
»Es war ein Gottesurteil«, sagte Macson düster. »Ich bin ein gebildeter Mann, so wie mein Vater, der einen Gelehrten aus mir gemacht hat. Ich habe viele Jahre lang gewissenhaft für Theodoric in seinem Buchgeschäft gearbeitet. Aber Theodoric hat mich beschuldigt, ihn bestohlen zu haben. Darum hat man mich in
die Kirche gebracht, um mich denen vorzuführen, die Theodorics Anschuldigungen unterstützen.«
»Und in drei Tagen musst du wieder dorthin zurück.«
Macson musterte seine Hand. »Wenn die Wunde heilt, muss ich unschuldig sein, denn Gott schützt die Guten, und ich bin frei. Doch wenn die Wunde eitert, liegt es an der Verderbnis in meinem tiefsten Innern.«
Belisarius schüttelte den Kopf. »Diese Germanen bezeichnen sich als Christen, aber so ein Ritual ist doch viel eher heidnischer Natur.«
»Wie wahr«, sagte Macson. »Und wie schön, sich in einer zivilisierten Sprache unterhalten zu können.«
Belisarius, ein abgebrühter Händler, war immun gegen Schmeicheleien. »Bist du ein Sklave, Macson?«
»Nein«, sagte Macson grimmig. »Mein Vater war Sklave von Geburt; er stammt von sechs Generationen von Sklaven ab. Aber wir haben nie vergessen, wer wir sind. Wir sind Nachfahren einer Britin namens Sulpicia, die von einem Germanen oder vielleicht einem Nordmann vergewaltigt worden ist. Ihr Bastard, weder Brite noch Germane noch Nordmann, wurde in die Sklaverei geschickt.«
»Sechs Generationen? Da habt ihr euren Groll aber lange gepflegt.«
»Wir haben nicht vergessen, wer wir waren und was uns angetan worden ist. Schließlich ist es meinem Vater gelungen, sich die Freiheit zu erkaufen. Dank seiner bin ich frei geboren – als Erster seit Sulpicia.«
Belisarius interessierte das alles nicht besonders. Er
nickte bloß. »Dann sag mir eins, frei Geborener. Bist du schuldig?«
Macson schaute ihm in die Augen und wog offenkundig seine Möglichkeiten ab. »Ja. Ja, ich bin schuldig. Theodoric ist ein fetter, gieriger Narr, der mir den Lohn gekürzt hat. Ich habe
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