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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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lesen und schreiben?«
    »Ich bin zwar schon als junger Mann von den Nordmännern verschleppt worden, aber in meinem Land war ich ein Gelehrter. Ein Arzneibereiter, um genau zu sein.«
    Am Kopfende der Halle, wo der König seine Gebete unterbrochen hatte, gab es ein Durcheinander. Er hatte sich vornübergebeugt, die Hände auf der Brust, und rang offenbar nach Atem.
    »Er sieht krank aus«, sagte Aebbe leise.

    »Es heißt, dass er sein Leben lang nur mühsam Luft bekommen hat«, erklärte Arngrim.
    »Vielleicht hat er Asthma «, meinte Ibn Zuhr. Es war ein griechischer Begriff, den die anderen nicht kannten.
    »Du hast gesagt, du seiest Arzneibereiter«, hakte Aebbe nach. »Vielleicht hast du etwas, womit man den König behandeln kann.«
    Der Maure lächelte und öffnete seinen Umhang. Auf der Innenseite waren winzige Taschen eingenäht, kaum groß genug für einen forschenden Zeigefinger. »Ich hatte meinen Vorrat bei mir, als ich aus al-Andaluz verschleppt wurde. Er ist weitgehend aufgebraucht, aber ein wenig ist noch übrig. Streck die Hand aus«, sagte er zu Arngrim und ließ dem Thegn eine dunkelgrüne Prise zermahlener Blätter in die offene Hand rieseln.
    Arngrim schnupperte misstrauisch daran. »Was ist das?«
    »Es heißt … ist nicht so wichtig. Es ist eine Pflanze aus Afrika, aus einem Land, das jetzt meinem Volk gehört. Sag deinem König, er soll es in ein wenig Wein zerstampfen und sich den Brei dann unter die Nase reiben. Es wird ihn nicht heilen, aber die Symptome lindern.«
    Arngrim schloss die Hand. »Vielleicht ebnet mir das den Weg zur Herdstelle des Königs.«
    »Du vertraust diesem Sklaven?«, fragte Cynewulf. »Und wenn es giftig ist?«
    Arngrim warf dem Mauren einen Blick zu. »Ich
habe schon gesehen, wie er seinen Zauber gewirkt hat. Und er ist sehr weit weg von zu Hause. Wenn er mich tatsächlich hintergangen hat, wohin könnte er mit einer Haut von dieser Farbe schon fliehen? Hm, Maure?«
    Ibn Zuhr lächelte nur.
    Arngrim musste warten, bis der König mit seinen letzten Gebeten fertig war. Dann drängte er sich durch die Schlange der Bittsteller und reichte dem König seine Prise Kräuter. Einigermaßen skeptisch nahmen Alfreds Ärzte sie an sich, um die Medizin zuzubereiten, und kehrten schließlich mit einer Schüssel voller Brei zurück. Als der König ihn auf sein Gesicht auftrug  – der Klecks unter seiner vorspringenden Nase sah aus wie ein grüner Schnurrbart –, schien sich seine Atmung zu beruhigen.
    Alfred lächelte Arngrim zu.
    Der maurische Sklave hatte den Blick gesenkt. Er schwieg.

III
    Sie fanden Sitzplätze am Ende einer langen Metbank.
    Ibn Zuhr holte ihnen allen etwas zu essen und zu trinken. Selbst zum Ausklang des Zwölftagsfestes gab es Fleisch – Schwein, Lamm und Wildvögel –, eine Brühe mit Wintergemüse und als Getränke Bier und Wein. Cynewulf fragte sich, ob dieses fettige Fleisch, die dicke Brühe und das klumpige Bier irgendeine Ähnlichkeit mit der Nahrung besaßen, die der Maure in seiner Heimat gewohnt gewesen war. Aber Ibn Zuhr hatte offensichtlich die Lektion aller Sklaven gelernt, dass man sich den Bauch voll schlug, sobald man Gelegenheit dazu hatte, und während er nun zu Arngrims Füßen saß, schlang er seine Portion hinunter.
    Aebbes Neugier galt Arngrim und Cynewulf. »Ihr seht nicht aus, als wärt ihr miteinander verwandt.«
    Arngrim grunzte. »Das kommt von den Entscheidungen, die man in seinem Leben trifft. Ich habe immer gejagt und gerungen und mich zu Wodens Ehren bis zur Bewusstlosigkeit betrunken, während der arme Cynewulf sich mit obskuren Büchern herumgequält und mit noch obskureren Theologen gestritten hat. Und nun schau uns an!« Er schlug mit seinem schweren Arm auf den Tisch.

    »Mein Vater hat mich dazu ermutigt«, protestierte Cynewulf. »Er hat gespürt, woher der Wind wehte – Alfreds Vater, König Aethelwulf, war genauso gebildet und fromm wie Alfred selbst. Jedenfalls bereue ich es keine Sekunde lang, denn mein Lebensweg hat mich näher zu Gott geführt.«
    Arngrim schnaubte. »Aber neben anderen Annehmlichkeiten ist dir auch eine Familie versagt geblieben. Ich habe drei starke Jungen, Aebbe, die in dieser kalten Weihnachtszeit zusammen mit ihrer Mutter hinter den Mauern einer Stadt in Sicherheit sind. Aber trotz aller Unterschiede waren wir immer Freunde – hm, Cynewulf?«
    »Du hast gut reden«, erwiderte der Priester aufgebracht. »Du warst fünf Jahre älter und doppelt so groß wie ich und hast mich

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