EROBERT VON EINEM ITALIENISCHEN GRAFEN
sollten vielleicht mit dem Essen auf ihn warten.“
Emilia nickte lächelnd und schien sich zu denken, dass man sie nicht so leicht hinters Licht führen konnte. Schließlich kannte die ältere Frau Alessio schon dessen ganzes Leben lang!
Aber diesmal irren Sie sich – ich bin diejenige, die man getäuscht hat, hätte Laura am liebsten heftig gesagt. Stattdessen neigte sie den Kopf und spielte nochmals die Stelle der Etüde, an der sie eben gepatzt hatte.
Alessio kam eine halbe Stunde später in den Salon, völlig erschöpft und mit Lehm verschmiert. Er ging direkt zur Anrichte und schenkte sich ein großes Glas Whisky ein.
Laura schluckte trocken. „Habt ihr … Fredo gefunden?“
„Ja.“ In einem Zug trank er das Glas halb leer. „Wir haben ihn aufgespürt, weil sein Hund neben ihm saß und bellte. Fredo lebt, hat aber einen komplizierten Beinbruch und ist, nach der Nacht draußen, kein Wunder, stark unterkühlt. Außerdem hat er das Bewusstsein noch nicht wiedererlangt.“
Alessio berichtete nicht, dass er es wie einen Albtraum erlebt hatte, den schwer verletzten alten Mann auf einer improvisierten Bahre über den Hang zu tragen. Anders konnte er nicht zu der Stelle gelangen, wo die Straße frei war und der Krankenwagen bereitstand.
Und er gestand nicht, dass er die ganze Zeit Lauras Gesicht vor dem inneren Auge gehabt hatte – und wie sehr er sich freute, sie jetzt vor sich zu sehen.
„Deine Hände bluten ja!“, rief Laura plötzlich entsetzt.
„Das macht nichts“, erwiderte er gleichgültig.
„Doch, du musst sie verbinden, damit es keine Infektion gibt!“
„Deine Sorge ist rührend, aber überflüssig“, sagte er abweisend. „Ich kann mich um mich selbst kümmern.“
Alessio verhielt sich so brüsk, weil er den brennenden Wunsch bekämpfen musste, zu Laura zu gehen und sein Gesicht in ihren Schoß zu schmiegen. Wie gern hätte er sich so trösten lassen. Als er bemerkte, wie sie bei seinen Worten zusammenfuhr, verwünschte er sich im Stillen.
Es ist doch nur zu ihrem Besten, dachte er grimmig. Er konnte nicht riskieren, ihr nahe zu kommen, sie zu berühren – sonst wäre es um seine Beherrschung geschehen.
Nachdem er den Whisky ausgetrunken hatte, stellte er das Glas ab. „Ich muss jetzt schnell duschen und mich umziehen“, sagte er, um einen leichteren Ton bemüht. „Ein Unwetter ist nichts im Vergleich mit Emilias Laune, wenn das Essen verdirbt.“
Laura ging in ihr Zimmer und duschte, zog sich anschließend aber nicht sofort an. In düstere Gedanken versunken, saß sie im Bademantel auf dem Bett.
Ein Klopfen an der Tür riss sie aus den Überlegungen. Guillermo verkündet draußen, dass das Essen serviert sei.
Sie stand auf, ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt breit. „Ich bin nicht hungrig“, erklärte sie. „Wahrscheinlich weil es so schwül ist. Würden Sie das dem conte bitte ausrichten?“
Lieber nicht, sagte seine Miene deutlich, doch Guillermo verneigte sich zustimmend und ließ Laura allein. Wenige Minuten später klopfte er jedoch erneut und überreichte Lauraeine Notiz, auf der stand: „Laura, zwing mich nicht, dich zu holen!“
„Tut mir leid, signorina.“ Guillermo breitete die Arme aus. „Ich habe es versucht.“
„Danke! Richten Sie dem conte aus, dass ich mich ihm in Kürze anschließe.“
Das silbergraue Kleid war ruiniert, das blaue konnte sie einfach nicht mehr sehen. Deshalb zog Laura etwas an, das sie während ihrer Zeit in der Villa noch nicht getragen hatte: eine grüne Leinenhose und eine grün-weiß gestreifte, hochgeschlossene Bluse.
Als Laura ins Esszimmer ging, stand Alessio hinter seinem Stuhl und blickte ihr entgegen. Trotzig hob sie das Kinn und versuchte, kühl zu wirken, obwohl sie das Gefühl hatte, bei seinem Anblick dahinzuschmelzen. Nur die verbundene Hand verriet, dass Alessio einen schlimmen Tag hinter sich hatte. Ansonsten sah er aus wie immer – gefährlich attraktiv. Wie üblich trug er eine schwarze Hose und ein schneeweißes Hemd, dazu eine seiner auffallenden Westen, diesmal eine in Schwarz und Gold.
Alessio ging durch den Kopf, dass Laura in dem betont schlichten, beinah maskulinen Outfit ungeheuer weiblich wirkte. Die schmale Hose betonte den Schwung ihrer Hüften und die langen Beine, der Gürtel brachte die schmale Taille zur Geltung. Beim Anblick der streng geschnittenen Bluse dachte Alessio unwillkürlich an die kleinen, perfekten Brüste, die sich darunter verbargen. Heißes Verlangen durchzuckte
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