Erobert von tausend Kuessen
Rick.
"Madeline findet, das Bild ist perfekt für den Raum."
Francesca musste ihr recht geben. Insgeheim bewunderte sie das Kunstwerk schon lange. Diese exakten Pinselstriche, die sensible Farbzusammenstellung! Samtige Blütenblätter, die perfekte Anordnung des Blattwerks, die Tautropfen, die frisch gefallen zu sein schienen. Der Rosenstrauß stand in einer glasierten Keramikvase vor einem schattigen Hintergrund. Es war das Werk eines Mannes, der sowohl unendlich geduldig als auch unglaublich begabt zu sein schien. Ob sich diese Eigenschaften auch bemerkbar machten, wenn er mit einer Frau zusammen war? Francesca war sich ziemlich sicher, dass die Antwort ja sein musste.
Eine prickelnde Vorstellung! Francesca empfand
sehnsüchtiges Verlangen. Ein Gefühl, das jedoch sofort schuldbewusst unterdrückt wurde.
"Wollen wir aufbrechen?" fragte Rick, nachdem er die Rechnung beglichen hatte. Gemeinsam bahnten sie sich einen Weg zum Ausgang, wo sie sich liebevoll voneinander verabschiedeten.
Für Francesca standen nun Einkäufe und ein Besuch beim Friseur und bei der Kosmetikerin auf dem Programm. Am Spätnachmittag kehrte sie nach Hause zurück und hatte gerade noch Zeit, sich umzuziehen.
Einfach umwerfend sollte sie sich zurechtmachen, hatte ihr Vater verlangt. Das konnte er haben. Das Kleid war atemberaubend. Blaue Spitze auf Rohseide und eng anliegend, mit dazu passendem Spitzenbolero. Francesca schlüpfte in hochhackige Pumps und verstaute die wichtigsten Utensilien in ihrer Abendtasche. Zum Abschluss trug sie noch ihr Lieblingsparfüm auf.
Beim Abendessen in familiärer, herzlicher Atmosphäre entspannte Francesca sich und verteilte die Geschenke, die sie aus Rom für ihre Familie mitgebracht hatte. Der Fotograf kam genau im richt igen Augenblick an ihren Tisch.
Falls Madeline gewusst hatte, dass der Fotograf nicht zufällig im Restaurant gewesen war, ließ sie es sich nicht anmerken. Es genügte ihr, sich und die Kinder namentlich in der Gesellschaftsspalte wiederzufinden.
Sonntag war ein so ungewöhnlich heißer Hochsommertag, dass Francesca froh war, mit ihrer Mutter auf dem Boot eines Freundes in der Bucht zu kreuzen, wo eine leichte Brise die Hitze etwas erträglicher machte. Zum erstenmal seit einer halben Ewigkeit schlief sie die Nacht durch und verschlief sogar. Sie hatte eine ausgesprochen hektische Woche vor sich.
Francesca trommelte aufgebracht mit den Fingern aufs Lenkrad. Sie stand im Stau, und es dauerte zwei, manchmal drei Ampelschaltungen, bis sie die diversen Kreuzungen passieren konnte.
Es herrschte viel mehr Verkehr als sonst. Francesca fluchte unterdrückt, als die Ampel schon wieder auf Rot sprang. In knapp fünf Minuten musste sie bei der Modenschau sein, deren Erlös wohltätigen Zwecken zukommen würde. Dieser sollten weitere folgen.
O nein! Schon wieder eine rote Ampel. Hatte sich denn alle Welt gegen sie verschworen?
Mit fünfminütiger Verspätung fuhr sie schließlich vor dem Hoteleingang vor, händigte dem Türsteher die Autoschlüssel aus, nahm den Parkschein in Empfang und eilte ins Foyer.
Der große Ballsaal, in dem die Modenschau stattfinden sollte, lag im ersten Stock, und sie überlegte, ob sie den Fahrstuhl nehmen oder zu Fuß gehen sollte. Sie entschied sich für die Treppe. Kurz darauf stand sie vor dem großen Saal, in dem sich schon viele Gäste eingefunden hatten. Livrierte Ober prüften, ob alles am Platz war, während lästige Komiteemitglieder die Sitzordnung in letzter Minute änderten.
"Francesca! Da sind Sie ja, meine Liebe!" Anique Sorensen stand an der Spitze der Gesellschaft von Sydney und sammelte unermüdlich Spenden. Sie kleidete sich stets sehr exquisit und so auffällig wie möglich. In diesem Jahr schien sie ihr Hauptaugenmerk auf Schmuck gelegt zu haben, denn sie trug viele Goldketten um Hals und Handgelenke. Bei jeder anderen Frau hätte das protzig und geschmacklos gewirkt. Doch bei Anique sah es modisch und originell aus. "Ich bin so froh, dass Sie zusagen konnten. Sie sehen fabelhaft aus. Einfach fabelhaft."
Ihr Redeschwall versiegte, weil sie Luft holen musste. Im nächsten Moment zog sie Francesca an sich und deutete zwei Küsse an, bevor sie die junge Frau wieder losließ. "Wie geht es Ihnen?"
Francesca gab die erwartete Antwort. "Gut, danke. Und wie geht es Ihnen?"
"Fragen Sie mich lieber erst nach der Modenschau." Sie rang sich ein Lächeln ab. "Ich warte noch auf zwei Ihrer Kolleginnen."
Für den Zuschauer mochte es so aussehen, als
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