Erobert von tausend Kuessen
Francesca die Hälfte ihrer Einkünfte als Mannequin wohltätigen Zwecken in Australien spendete. Unweigerlich konnte sie sich inzwischen kaum noch vor Einladungen retten.
"Wann findet sie statt?"
"Montag, im Hotel Marriott."
"Wenn du mir jetzt erzählst, dass es für einen guten Zweck ist, bringe ich dich um."
"Dann betrachte mich als tot. Es ist für die australische
,Make-A-Wish-Foundation'."
"Verflixt!" Sie schnitt Laraine ein Gesicht, als sie das triumphierende Lächeln ihrer Agentin bemerkte.
"Du nimmst also teil", sagte Laraine zufrieden.
"Ja." Francesca griff nach ihrer Handtasche. Wenn es darum ging, unheilbar kranken Kindern eine Freude zu mache n, konnte sie einfach nicht nein sagen. "Du kannst mir die Einzelheiten per Fax mitteilen."
"Was willst du heute mit dem restlichen Tag anfangen?"
"Ich werde mir eine geschützte Bucht suchen und ein gutes Buch und mein Handy mitnehmen."
"Vergiss die Sonnenschutzcreme nicht!"
"Keine Angst." Francesca lächelte fröhlich. "Ich habe alles dabei."
Eine Stunde später saß sie unter einem Sonnenschirm am Strand, ließ sich einen Apfel schmecken und den Blick über das weite Meer gleiten.
Es herrschte ein leicht auflandiger Wind, der die Temperatur erträglich machte. Francesca atmete tief ein und genoss den salzig-würzigen Duft des Ozeans. Von Zeit zu Zeit schrie eine Möwe, die einsam im feuchten Sand am Meeresrand auf und ab trippelte..
Die Einsamkeit beruhigte und entspannte Francesca so sehr, dass sie sich schon viel besser fühlte.
Bevor sie wieder von Erinnerungen an schmerzliche Erlebnisse überwältigt wurde, griff sie schnell nach dem Buch, das sie mitgebracht hatte, und las eine Stunde lang. Als sie hungrig wurde, aß sie eine Banane und einen Apfel und trank Mineralwasser.
Ach ja, sie wollte doch telefonieren. Zuerst rief sie ihre beste Freundin an, mit der sie schon im Internat durch dick und dünn gegangen war. Beide hatten gegen eine Stiefmutter gekämpft, die sie nicht leiden konnten; und beide hatten unter zerrütteten Familienverhältnissen gelitten.
Francesca wählte die Nummer, wurde zunächst mit der Zentrale verbunden, dann mit der Sekretärin und lachte vergnügt, als sie endlich Gabbis begeisterte Begrüßung hörte und als erstes gefragt wurde, wann sie sich treffen könnten.
"Heute Abend, falls du mit Benedict zu Leons Vernissage kommst."
Der extravagante Galerist war für seine Soireen bekannt.
Jeder, der in Sydney etwas auf sich hielt, freute sich über eine Einladung.
"Ihr kommt? Das ist ja wunderbar", rief Francesca begeistert.
"Ich werde allerdings etwas später da sein, weil ich zuerst mit Mutter zum Abendessen verabredet bin."
"Viel Spaß", wünschte Gabbis, und Francesca lachte, weil sie genau wusste, wie ihre Freundin das gemeint hatte.
Aber es machte tatsächlich Spaß bei Hühnersuppe, Salat und Obst Sophys amüsanten Klatschgeschichten zuzuhören. Sophy nahm stets nur kleine Portionen fettfreier, kalorienarmer Nahrung zu sich.
Sie war eine begnadete, sehr humorvolle Erzählerin.
Eigentlich war es kein Wunder, dass sie Männer sammelte wie andere Frauen Juwelen. Und auch nach der Trennung blieb sie mit den Männern befreundet. Mit einer Ausnahme: Rick, ihr erster Ehemann und Francescas Vater, war auf ihre Tricks nicht hereingefallen.
Kurz nach neun Uhr beglich Francesca die Rechnung, rief Sophy ein Taxi und stieg dann in ihr eigenes Auto.
Zwanzig Minuten später suchte sie einen Parkplatz, der nicht allzu weit von Leons eleganter Galerie in Double Bay entfernt war. Lange brauchte sie nicht zu suchen. Sie parkte den Wagen ein, stieg aus und machte sich auf den Weg zum hellerleuchteten Eingang.
Es herrschte reges Treiben. Die Gäste unterhielten sich so angeregt, dass man kaum etwas von der gedämpften Barockmusik hörte, die zur Untermalung der Vernissage gespielt wurde.
"Francesca! Liebling!"
Das konnte nur Leon sein. Wer sonst? Sie ließ die überschwängliche Begrüßung über sich ergehen und hielt auch still, als Leon ihre Schultern umfasste und ihr forschend in die Augen blickte.
"Du musst etwas trinken, bevor du dich umsiehst."
"Ist es wirklich so schlimm?" fragte sie humorvoll.
"Non. Aber mit einem Glas in der Hand ..." Er zuckte - mit sehr französischer Geste - die Schultern. "Du kannst vorgeben, dass es etwas anderes wäre als Mineralwasser." Er hob hoheitsvoll die Hand, und aus dem Nichts tauchte ein Ober mit Getränken auf.
Gehorsam nahm Francesca ein hohes Glas vom Tablett. "Soll ich
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