Eros und Evolution
seinem Harem halten konnte, waren für Gary Hart, auf seinem Weg zum Präsidentenamt der mächtigsten Nation der Welt, bereits zwei zuviel.
Was ist geschehen? Christentum? Kaum. Jahrhundertelang hatte eine friedliche Koexistenz mit der Polygamie bestanden, und jeder Tadel an ihr war von demselben zynischen Eigennutz wie der jedes Laien. Die Rechte der Frauen? Sie kamen zu spät. Eine Frau im viktorianischen England hatte nicht mehr in die Angelegenheiten ihres Mannes hineinzureden als eine Frau im Mittelalter. Bislang kann kein Historiker erklären, was tatsächlich geschehen ist, Vermutungen aber gehen unter anderem dahin, daß Könige irgendwann darauf angewiesen waren, ausreichend interne Verbündete zu haben, so daß sie der despotischen Machtausübung entsagen mußten. Damit war so etwas wie eine Demokratie geboren. Sobald monogame Männer die Gelegenheit hatten, gegen Polygamisten zu stimmen (und wer stürzt nicht gerne einen Konkurrenten, und sei er selbst auch noch so bestrebt, ihm nachzueifern?), war deren Schicksal besiegelt.
Despotische Machtausübung der Form, wie sie mit dem Beginn der Zivilisation entstanden war, ist überholt. Sie erscheint zunehmend wie eine Verirrung der Menschheitsgeschichte. Vor dem Anbruch der »Zivilisation« und seit dem Bestehen der Demokratie hatten Männer keine Möglichkeit, die Art von Macht zu erwerben, die die erfolgreichsten unter ihnen befähigt hätte, als Despoten der Promiskuität zu leben. Im Pleistozän war das Höchste, was ein Mann zu erwarten hatte, ein oder zwei treue Frauen und ein paar Affären, wenn er ein besonderes Geschick für die Jagd oder die Politik mitbrachte. Das Beste, auf das ein Mann heute hoffen kann, ist eine hübsche junge Geliebte und ein ergebenes Weib, das er etwa alle zehn Jahre auswechselt. Damit stehen wir wieder ganz am Anfang.
Dieses Kapitel hat sich ausschließlich dem männlichen Geschlecht gewidmet. Damit mag es so aussehen, als würden hier die Rechte der Frauen mit Füßen getreten, indem man sie und ihre Wünsche ignoriert. Aber genau das haben Männer seit der Einführung des Ackerbaus über viele Generationen hinweg getan. Vor der Erfindung der Landwirtschaft und seit der Einführung der Demokratie wurde solcher Chauvinismus unmöglich. Das Paarungssystem der Menschheit war wie das anderer Tiere ein Kompromiß zwischen männlichen und weiblichen Strategien.
Und es ist schon eine kuriose Tatsache, daß die monogame eheliche Bindung durch die Despotie Babylons, die Lüsternheit der Griechen, die Promiskuität der Römer und die ehebrecherischen Verhältnisse des Christentums hindurch überlebt hat, um im industriellen Zeitalter als Ausgangspunkt der Familie neu zu erstehen. Selbst in den despotischsten und polygamsten Momenten menschlicher Geschichte ist die Menschheit der Institution der monogamen Ehe treu geblieben – ganz im Gegensatz zu anderen polygamen Tieren. Selbst Despoten hatten in aller Regel eine Königin und viele Konkubinen. Wenn wir die menschliche Faszination an der monogamen Ehe verstehen wollen, müssen wir die weibliche Strategie ebenso gründlich betrachten wie die männliche.
Wenn wir das tun, werden wir einige außergewöhnliche Erkenntnisse über die menschliche Natur gewinnen. Davon handelt das nächste Kapitel.
SIEBEN
MONOGAMIE UND DIE WEIBLICHE NATUR
SCHÄFER: Das Echo, hoff ich, wird im Wald sich rühren, und drollig Antwort geben. Soll ich’s probier’n?
ECHO: Probier.
Was muß ich tun, um Liebe auszudrücken?
Drucken.
Wie soll ich sie erfreun, die noch nie stand auf Liebes Schwelle?
Sei schnelle.
Was rührt die Frau, wenn ich gesteh mein Herzeleid?
Ein Kleid.
Was hält sie keusch, die zärtlich in mein Herz ich einschloß?
Ein Schloß.
Wie Musik Fels erweicht, so stimmt die Liebe meine Lyra.
Lügner.
Dann sag mir, Echo, wie kann ich sie erraufen?
Kaufen.
Jonathan Swift, A Gentle Echo on Woman
In einer außerordentlich interessanten Untersuchung, die man vor kurzem in Westeuropa durchgeführt hat, traten folgende Tatsachen zutage: Wenn verheiratete Frauen eine Affäre eingehen, dann entscheiden sie sich für dominante Männer, die älter und verheiratet sind, gut aussehen und ein symmetrisches Erscheinungsbild haben. Frauen haben mit sehr viel größerer Wahrscheinlichkeit dann eine Affäre, wenn ihre Partner eher fügsam und jünger als sie selbst sind, nicht besonders gut aussehen und ihr Erscheinungsbild in irgendeiner Form asymmetrisch ist. Eine kosmetische
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