Eros und Evolution
Regel Fleisch), Frauen, durch ihre Kinder eingeschränkt, suchten nach Vorräten, die statisch waren, nicht zu weit entfernt und beständig in ihrem Vorkommen (in der Regel Pflanzen). 4
Mit anderen Worten: Es könnte sich herausstellen, daß der Mensch weit davon entfernt ist, ein Menschenaffe mit weniger geschlechtsspezifischen Unterschieden als erwartet zu sein, sondern statt dessen einer mit mehr geschlechtsspezifischen Unterschieden, als man erwarten würde.
Die Menschheit ist vielleicht sogar die Säugerspezies mit der größten geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung und den größten Unterschieden zwischen beiden Geschlechtern. Doch obwohl die Menschheit die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung der Liste von Ursachen für das Bestehen von Geschlechtsdimorphismen hinzufügte, hat sie die Erfüllung von Elternpflichten seitens des männlichen Geschlechts von dieser Liste wieder gestrichen.
Von den vielen intellektuellen Merkmalen, denen man einen geschlechtsspezifischen Unterschied anhängen möchte, stechen vier dadurch heraus, daß ihre Auswirkungen sich in sämtlichen psychologischen Tests nachweisen lassen und daß sich diese Nachweise mit großer Beständigkeit wiederholen.
Erstens: Mädchen schneiden bei verbalen Aufgabenstellungen besser ab.
Zweitens: Jungen schneiden bei mathematischen Problemlösungen besser ab.
Drittens: Jungen sind aggressiver.
Viertens: Bei manchen räumlich-visuellen Aufgaben schneiden Jungen besser ab, bei anderen Mädchen.
Im Verlauf der Kindheit wird dieser Unterschied größer. Grob vereinfacht: Männer können besser Karten lesen, Frauen besser Charaktere und Stimmungslagen – im Durchschnitt zumindest. 5 (Und in manchen dieser Merkmale ähneln homosexuelle Männer passenderweise eher Frauen als Männern. 6 ) Die Sache mit der Bearbeitung räumlich-visueller Probleme ist relativ spannend, hat man sie doch in Analogie zu den Mäusen am Beginn dieses Kapitels als Argument für die natürliche Polygamie des Mannes herangezogen. 7 Grob gesagt, müssen polygame Mäuse den Weg von der Behausung des einen Weibchens zu der des nächsten kennen – und es stimmt auch, daß bei vielen polygamen Tieren, die uns verwandten Orang-Utans eingeschlossen, Männchen Territorien kontrollieren, welche die Reviere mehrerer Weibchen einschließen. Bittet man Testpersonen, einen Gegenstand im Geiste rotieren zu lassen, um festzustellen, ob er mit einem anderen identisch ist, dann liegt nur eine von vier Frauen mit ihren Antworten auf der Werteskala dort, wo der männliche Durchschnitt liegt. Solche Rotationsaufgaben verlangen ähnliche Fähigkeiten, wie man sie fürs Kartenlesen braucht. Doch scheint es ein recht gewagter Schritt bis zu dem Argument zu sein, Männer seien polygam, weil sie besser Karten lesen könnten, nur weil dies zufällig auf Mäuse zutrifft. Außerdem gibt es räumliche Fertigkeiten, die Frauen besser beherrschen als Männer. Irwin Silverman und Marion Eals von der York University in Toronto vermuteten, daß die männliche Geschicklichkeit im Lösen von Rotationsaufgaben weniger eine Parallele zu polygamen Mäusen darstellt, die durch große Territorien patrouillieren, um viele Weibchen aufzusuchen, sondern vielmehr eine spezielle Tatsache aus der menschlichen Geschichte reflektiert: Bei den frühen Menschen im Pleistozän, die über eine Million Jahre hinweg oder sogar noch länger als Jäger und Sammler in Afrika lebten, waren die Männer Jäger. Sie brauchten daher gut entwickelte räumliche Fähigkeiten, um mit ihren Waffen bewegliche Ziele zu treffen, um Werkzeuge herzustellen, um nach langer Wanderung den Weg zum heimischen Lager zurückzufinden und so weiter.
Viele dieser Feststellungen sind Binsenweisheiten. Aber Silverman und Eals stellten sich folgende Frage: Welche speziellen räumlichen Fertigkeiten würde eine Sammlerin benötigen, die ein Mann nicht braucht? Zum Beispiel, so überlegten sie, müßten Frauen besser in der Lage sein, Details zu registrieren – Wurzeln, Pilze, Beeren und Pflanzen auszumachen – und sich Orientierungspunkte in der Landschaft zu merken, um zu wissen, wo sie zu suchen haben. Silverman und Eals unternahmen also eine Reihe von Experimenten, bei denen ihre Testpersonen ein Bild mit zahlreichen Gegenständen darauf betrachten und diese später aus dem Gedächtnis aufzählen mußten, oder die Kandidaten mußten drei Minuten in einem Raum verbringen und sich später daran erinnern, welche Gegenstände in dem Raum vorhanden gewesen
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