Eros und Evolution
von Leuten wie Don Symons Ende der siebziger Jahre zum erstenmal geäußert wurden. 11 Was Symons sagte – daß Männer und Frauen einen unterschiedlichen Intellekt haben müßten, weil sie unterschiedliche evolutionsbiologische Anforderungen und Bedürfnisse zu erfüllen gehabt hatten –, läßt sich mit dem gesunden Menschenverstand ohne weiteres vereinbaren. Doch der überwiegende Teil aller von Sozialwissenschaftlern unternommenen Forschung zum Thema menschliche Sexualität war von der Idee durchdrungen, es gebe keine intellektuellen Unterschiede. Noch bis zum heutigen Tag gibt es viele Sozialwissenschaftler, die annehmen – nicht schlußfolgern, sondern annehmen –, das sämtliche bestehenden Unterschiede durch Eltern und Altersgenossen mit identisch geformten Gehirnen vermittelt werden.
Hören wir einmal, was Liam Hudson und Bernadine Jacot, die Autorinnen des Buches The Way Men Think (deutsch: Wie Männer denken) sagen: »Tief innen in der männlichen Psyche schlummert eine ›Wunde‹, eine Entwicklungskrise, die ein kleiner Junge durchlebt, wenn er sich von der mütterlichen Liebe entfernt und seine männliche Persönlichkeit etabliert. Das macht Männer fähig zu abstrakter Denkweise, aber anfällig für mangelnde Sensibilität, Frauenfeindlichkeit und Perversion.« 12 Die Autorinnen halten damit trotz ihrer Ausgangsvoraussetzung, daß die Ursache irgendwo in der Kindheit zu suchen sein muß, neunundvierzig Prozent der menschlichen Spezies für potentiell pervers. Wieviel ergiebiger wäre es demgegenüber, könnten die Psychologen – statt Parabeln zu verfassen über »Wunden, die die Kindheit schlug« – sich dazu entschließen, zu akzeptieren, daß gewisse Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern einfach vorhanden sind und daß sie in der Natur der Sache liegen, weil jedes Geschlecht im Laufe der Evolution eine Tendenz entwickelt hat, sich in Reaktion auf seine Erfahrungen so und nicht anders zu entfalten. Deborah Tannen hingegen, Autorin eines faszinierenden Buches über männliche und weibliche Gesprächsformen mit dem Titel You Just Don’t Understand (deutsch: Du kannst mich einfach nicht verstehen) zieht zwar nicht die Möglichkeit in Betracht, daß die Unterschiede zwischen dem Wesen eines Mannes und dem einer Frau angeboren sein könnten, hat aber immerhin den Mut, die Ansicht zu vertreten, es sei besser, diese Unterschiede zu erkennen und mit ihnen zu leben, als sie zu verteufeln und persönliche Unzulänglichkeiten dafür verantwortlich zu machen: »Wenn sich jeder Versuch zur Kommunikation als vergeblich erweist und in einer Sackgasse endet und einem ein geliebter Partner als irrational und widerspenstig erscheint, dann rütteln die unterschiedlichen Sprachen von Mann und Frau an den Grundfesten unseres Lebens. Verstehen zu lernen, wie der andere ein Gespräch führt, ist ein Riesensprung über die Kommunikationskluft zwischen Frauen und Männern hinweg, ein Riesenschritt zur Schaffung von Kommunikationsebenen.« 13
Hirne und Hormone
In einer Hinsicht lassen sich geschlechtsspezifische Unterschiede allerdings nicht allein den Genen zuschreiben. Angenommen, im Pleistozän ist bei einem Mann plötzlich ein Gen für einen besseren Richtungssinn aufgetreten, das gleichzeitig das soziale Einfühlungsvermögen dieses Mannes eingeschränkt hat, dann ist dieses Gen für ihn unter Umständen von Vorteil gewesen. Nun haben aber nicht nur seine Söhne dieses Gen von ihm geerbt, sondern auch seine Töchter. Bei ihnen hat sich das Gen möglicherweise als unvorteilhaft erwiesen, denn sie haben dadurch soziales Einfühlungsvermögen eingebüßt. Über einen längeren Zeitraum hinweg würde sich diese Veränderung neutralisieren, und das Gen breitete sich nicht aus. 14
Das gelänge nur Genen, die in einem solchen Falle auf die Signale des jeweiligen Geschlechts reagierten: Wenn du dich in einem Mann befindest, dann verbessere dessen Richtungssinn, wenn du dich in einer Frau befindest, dann verbessere deren soziales Einfühlungsvermögen. Und genau das finden wir vor. Es gibt keine Hinweise auf Gene für unterschiedliche Gehirne, aber es gibt viele Hinweise auf Gene, die ein Gehirn in Reaktion auf männliche Hormone verändern (der historische Zufall will es, daß das »normale Gehirn« weiblich ist, solange es nicht maskulinisiert wird). Damit werden die intellektuellen Unterschiede zwischen Männern und Frauen von Genen verursacht, die auf Testosteron reagieren.
Zuletztwaren wir diesem Hormon bei
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