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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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hinweg schöne Frauen und einflußreiche Männer mehr Kinder hatten als ihre Rivalen – was sicher zutraf, denn die einflußreichen Männer wählten schöne Frauen, mit denen sie die Früchte der Arbeit ihrer Rivalen teilten –, dann wurden die Frauen in jeder Generation ein bißchen schöner, und die Männer wurden in jeder Generation ein bißchen dominanter. Dasselbe gilt aber auch für ihre Rivalen, denn auch sie waren die Nachfahren erfolgreicher Paare. Damit stiegen auch die Standards. Eine schöne Frau mußte noch heller scheinen, um am neuen Firmament bemerkt zu werden. Und ein dominanter Mann mußte noch gnadenloser drohen und intrigieren, um seinen Weg zu machen. Unsere Sinne werden vom Gewöhnlichen nur allzuleicht eingelullt, wie außerordentlich dieselben Dinge auch zu anderer Zeit oder an anderem Ort sein mögen. Charles Darwin formulierte es so: »Wären all unsere Frauen so schön wie die Venus von Medici, wir wären eine Weile bezaubert: Doch schon bald wünschten wir uns Vielfalt; und sobald wir diese hätten, wollten wir gewisse Merkmale an unseren Frauen über das derzeit existierende übliche Maß hinaus ausgeprägt sehen.« 40 Das ist übrigens eine brillante Zusammenfassung der Gründe, weshalb Eugenik nicht funktionieren kann. Eine Seite weiter beschreibt Darwin den Jollof-Stamm in Westafrika, der berühmt ist für die Schönheit seiner Frauen und bei dem die häßlichen Stammesschwestern in die Sklaverei verkauft wurden. Eine solche Nazi-Eugenik würde in der Tat das Niveau der Schönheit im Stamm allmählich anheben, aber die subjektiven Standards der Männer würden ebenso rasch angehoben. Da Schönheit eine rein subjektive Empfindung ist, sind die Jollofs zu ewiger Enttäuschung verdammt.
    Der deprimierende Teil an Darwins Erkenntnis ist die Tatsache, daß Schönheit nicht ohne ihr Gegenteil existieren kann. Sexuelle Selektion im Stil der Roten Königin ist unweigerlich eine Quelle der Unzufriedenheit, vergeblichen Bemühens und schlimmer Einzelschicksale. Jeder wird nach immer größerer Schönheit suchen, als er sie in seiner nächsten Umgebung finden kann. Damit entsteht ein zweites Paradoxon. Es ist gut und schön, festzustellen, daß Männer schöne Frauen und Frauen reiche und mächtige Männer heiraten wollen, aber die meisten von uns bekommen eine solche Chance gar nicht erst. Die moderne Gesellschaft ist monogam. Die meisten schönen Frauen sind also längst mit dominanten Männern verheiratet. Was geschieht mit Herrn und Frau Durchschnitt? Sie bleiben nicht ehelos, sie werden sich mit irgend etwas Zweitbestem begnügen. Bei den Beifußhühnern sind die Frauen die Perfektionisten, die Männchen sind gleichgültig. In einer modernen monogamen Gesellschaft können sich beide Geschlechter nicht erlauben, Perfektionisten zu sein, aber auch nicht, gleichgültig zu sein. Herr Durchschnitt entscheidet sich für eine schlichte Frau, Frau Durchschnitt heiratet den Mittelklassemann. Sie zügeln ihre idealistischen Präferenzen durch Realismus. Die meisten Leute heiraten hinsichtlich ihrer Attraktivität äquivalente Partner: Die attraktive Sportliche heiratet den Football-Helden, der Bücherwurm das Mädchen mit Brille, der Mann mit mittelmäßigem Einkommen die Frau von mittelmäßigem Aussehen. Dieses Vorgehen ist so allgegenwärtig, daß Ausnahmen meilenweit herausragen: »Was um alles in der Welt findet sie nur an ihm?« fragen wir beim Anblick des langweiligen, erfolglosen Ehemanns eines Fotomodells, so als müsse es irgendwo einen verborgenen Hinweis auf seinen Wert geben, den der Rest der Welt übersieht. »Wie hat sie es nur geschafft, den zu angeln?« fragen wir angesichts eines typischen Erfolgsmenschen, der mit einer unattraktiven Frau verheiratet ist.
    Die Antwort lautet, daß jeder von uns seinen eigenen relativen Wert ebenso genau einschätzen kann, wie in Jane Austens Tagen die Menschen ihren Platz im Klassensystem kannten. Bruce Ellis verfügt über eine Methode, die diese Form der »sortierten Paarung« deutlich macht.
    Er läßt dreißig Studenten eine Nummer auf ihre Stirn kleben, die sie jeweils selbst nicht kennen, sondern die nur die anderen sehen. Er bittet sie, sich mit der höchstmöglichen Nummer zu einem Paar zusammenzufinden. Sofort ist die Nummer dreißig von einer wirbelnden Menge umgeben; somit schraubt sie ihre Erwartungen hoch und versucht, nicht jeden beliebigen zum Partner zu wählen, sondern wird sich schließlich mit irgend jemandem am oberen Ende der

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