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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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Erklärung dafür bieten, weshalb Frauen der Mode anhängen, denn für andere attraktive Eigenschaften gelten sie nicht. Frauen sind weitaus stärker um ihre eigene jugendliche Erscheinung besorgt als Männer, obwohl sie selbst in der Regel keinen jüngeren Partner suchen.
    Und auch die Vorstellung, daß Mode etwas mit Status zu tun haben soll, stört uns in einem demokratischen Zeitalter. Wir machen uns daher vor, daß Mode nur dazu da ist, einen Körper möglichst vorteilhaft erscheinen zu lassen. Neue Trends werden von wunderschönen Models präsentiert und vielleicht deshalb von Frauen gekauft, weil diese unbewußt die Schönheit dem Kleid und weniger dem Model zuerkennen. Es gibt Studien, die demonstrieren, was jedermann weiß: Männer fühlen sich von Frauen in enganliegender, knapper und offenherziger Kleidung angezogen, während Männer in entsprechender Kleidung im Vergleich dazu weniger Eindruck auf Frauen machen. Der größte Teil weiblicher Mode ist mehr oder weniger ausdrücklich dazu gedacht, Schönheit zu unterstreichen und zur Schönheit beizutragen. Eine riesenhafte Krinoline ließ – allein durch den Kontrast – eine Taille schmal erscheinen. Frauen wählen ihre Kleidung sorgsam im Hinblick darauf, daß sie zu ihrer Figur oder Haarfarbe »paßt«. Hinzu kommt, daß Männer meist Umgang mit angezogenen Frauen haben und sie auch im Laufe ihrer Entwicklung so sehen, so daß ihr Schönheitsideal das Bild einer bekleideten Frau ebenso umschließt wie das einer nackten. Havelock Ellis erzählt die Geschichte eines Jungen, der vor einem Gemälde über das Urteil des Paris gefragt wurde, welche der drei Göttinnen er für die schönste hielt, und der die Antwort gab: »Das kann ich nicht sagen, sie haben doch keine Kleider an.« 37
    Das typischste Merkmal der Mode in unseren Tagen jedoch ist ihr geradezu besessener Anspruch, neu zu sein. Wir haben bereits erfahren, wie Bell sich das erklärt: Trendsetter sind bestrebt, ihren vulgären Imitatoren zu entfliehen. Low ist der Ansicht, daß Aktualität der Schlüssel zu weiblicher Mode sei. »Jedwedes auffällige Äußere, das Aufschluß über die Fähigkeit gibt, Modetrends zu erkennen«, ist ein Indiz für den Status einer Frau. 38 In Modedingen an der Spitze zu stehen, ist mit Sicherheit ein Statussymbol unter jungen Frauen. Ohne die Möglichkeit, ständig einen Zustand der Rückständigkeit zu induzieren, wären Modeschöpfer um einiges ärmer.
    Das bringt uns zurück auf den schwankenden Boden kulturbedingter Schönheitsstandards. Denn bei einer monogamen Spezies wie dem Menschen kann Schönheit nicht gewöhnlich sein; sie muß blenden.
    Männer sind deshalb so wählerisch, weil sie nur ein-, vielleicht zweimal die Chance zu einer Heirat bekommen, so daß sie immer daran interessiert sein werden, das Bestmögliche zu erlangen, und sich nicht mit dem Normalen begnügen werden. In einer Menge schwarzgekleideter Frauen wird die einzige rotgekleidete mit Sicherheit diejenige sein, die die Blicke eines Mannes auf sich zieht, gleichgültig wie ihre Figur oder ihre Gesichtszüge beschaffen sein mögen.
    Allein das Wort Mode, dessen Bedeutung früher irgendwo zwischen Brauch und Anpassung lag, hat sich heute zu Neuheit und Modernität gewandelt. Quentin Bell erklärte angesichts schmerzhafter Korsagen und tiefer Dekolletés in einer puritanischen Gesellschaft: »Gegen die Mode gibt es grundsätzlich jede Menge einzuwenden; warum kommt es dann nie zu einem echten Verbot? Warum werden sowohl die öffentliche Meinung als auch formelle Grundsätze und Regeln unweigerlich mißachtet, während man sich in vollendeter Demut der Schneidermanier unterwirft, welche aus Gesetzen besteht, denen ohne jegliche Sanktionen Geltung verschafft werden kann, und das, obgleich diese Gesetze unvernünftig, willkürlich und darüber hinaus nicht selten grausam sind.« 39
    Mir bleibt das Gefühl, daß dieses Rätsel bei dem gegenwärtigen Stand evolutionsbiologischen und soziologischen Denkens unlösbar ist. Mode ist bestimmt von einem permanenten Wandel, und sie fordert auf tyrannische Weise eine ständige Anpassung. Mode hat etwas mit Status zu tun, und doch ist es das modebesessene Geschlecht, welches das Geschlecht, das die Mode weit weniger kümmert, zu beeindrucken sucht.

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