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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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gründlich gesiebt, daß die neue Generation schließlich nur von einer Handvoll Männchen abstammt. Männliche Albatrosse sind ihrem einzigen Weibchen so treu, daß nahezu jedes Männchen, das geschlechtsreif wird, auch zur Brut gelangt. Dennoch ist die Feststellung gerechtfertigt, daß Männchen bei der Partnerwahl in der Regel größeren Wert auf Quantität legen und Weibchen größeren Wert auf Qualität. Im Falle von Vögeln wie dem Pfau, vollführt das Männchen sein Balzritual bei jedem Weibchen, dessen es ansichtig wird; die Weibchen paaren sich aber nur mit einem Männchen – in der Regel ist es das mit dem prächtigsten Schwanz. Der Theorie der sexuellen Selektion zufolge ist es genaugenommen der Fehler der Weibchen, daß die Männchen überhaupt einen so lächerlich aufgeputzten Schwanz tragen. Männchen haben lange Schwanzfedern entwickelt, um Weibchen zu betören; Weibchen haben die Fähigkeit entwickelt, sich davon betören zu lassen, um sicherzugehen, daß sie das beste Männchen ergattern.
    Dieses Kapitel handelt von einer anderen Art Wettstreit im Wettbewerb der Roten Königin, einem Wettstreit, der in der Erfindung von Schönheit gipfelte. Läßt man im Falle des Menschen einmal sämtliche praktischen Kriterien für die Partnerwahl beiseite – Reichtum, Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Fruchtbarkeit-, dann bleibt noch immer das scheinbar willkürliche Kriterium Schönheit. Bei den meisten anderen Tieren verhält es sich ähnlich. Bei Arten, bei denen die Weibchen von ihren Partnern nichts Nützliches zu erwarten haben, scheinen sie sich auf rein ästhetische Kriterien zu verlassen.

Hohe Ansprüche und Ornamente
    Um es in menschliche Worte zu fassen, wir fragen uns bei Tieren (wie später auch bei uns selbst): Heiraten sie des Geldes wegen, der Kinder wegen oder der Schönheit wegen? Die Theorie der sexuellen Selektion besagt letztlich nichts anderes, als daß bei einem Tier ein großer Teil seiner Erscheinung nicht seinem Überleben angepaßt ist, sondern ihm dabei helfen soll, die besten oder die meisten Partner anzuziehen. Manchmal geraten diese beiden Ziele – Überleben und Erwerb eines Partners – miteinander in Konflikt. Die Überlegung geht zurück auf Charles Darwin, obgleich seine Gedanken zu dem Thema von einer für ihn gänzlich untypischen Verschwommenheit sind. Zum erstenmal griff er dieses Thema in The Origin of Species (deutsch: Über die Entstehung der Arten) auf, später sollte er jedoch ein ganzes Buch darüber schreiben: The Descent of Man and Selection in Relation to Sex (deutsch: Die Abstammung des Menschen) . 4
    Darwin wollte damit belegen, daß die menschlichen Rassen ihren Ursprung in der Partnerwahl hatten. Im Laufe der Evolution hätten die Frauen innerhalb einer jeden Rasse es vorgezogen, einen Mann zu heiraten, der die gleiche Hautfarbe hatte wie sie selbst. Mit anderen Worten: In der Zwickmühle, nicht erklären zu können, welchen Nutzen schwarze beziehungsweise weiße Haut haben sollte, vermutete er, schwarze Frauen hätten schwarze Männer und weiße Frauen weiße Männer bevorzugt, und betrachtete somit dieses Phänomen als Ursache statt als Wirkung.
    So wie ein Taubenliebhaber neue Varianten erzeugen kann, indem er nur die von ihm bevorzugten Rassen zur Zucht kommen läßt, könnten Tiere durch selektive Partnerwahl untereinander dasselbe erreichen.
    Darwins Rassentheorie war ganz bestimmt ein Flop 5 , seine Erkenntnis der selektiven Partnerwahl aber sicher nicht. Er stellte die Frage, ob die Bevorzugung bestimmter Männchen-»Sorten« von Seiten der Weibchen nicht der Grund dafür sein könnte, weshalb so viele Vogelmännchen und andere männliche Tiere so auffällig bunt und geschmückt sind. Auffällige Männchen schienen ihm ein besonders merkwürdiges Ergebnis der natürlichen Selektion, denn es war für ihn schwer vorstellbar, wie ein auffälliges Äußeres zum Überleben eines Tieres beitragen kann. Im Grunde mußte es umgekehrt sein, denn auffällige Männchen erregen sehr viel rascher die Aufmerksamkeit ihrer Feinde.
    Am Beispiel des Pfauenmännchens, mit seinem großen mit schillernden Augen bedeckten Schwanz, kam Darwin zu der Vermutung, Pfauen hätten so lange Schwanzfedern entwickelt (die eigentlich keine Schwanzfedern sind, sondern verlängerte Rumpffedern, die den Schwanz bedecken), weil Pfauenhennen sich nur mit Hähnen paaren, die lange Federn haben. Denn schließlich, so beobachtete er, setzen die Pfauen ihren Schwanz zur Balz ein. Seit

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