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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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Gebühr für die Benutzung seines Hügels. Sein Preis ist, daß er dafür ein Ei akzeptieren muß. Ein fairer Handel.
    Vom Standpunkt des Männchens aus betrachtet ist der Hügel dann gar nicht sein Beitrag zu einem jungen Buschhuhn, sondern das Mittel, weibliche Buschhühner anzulocken, um sich mit ihnen zu paaren. Und natürlich suchen die Weibchen, wenn sie sich entscheiden, wo sie ihre Eier legen wollen, die besten Hügel aus und somit auch die besten Hügelbauer. Manchmal besetzen die Hähne widerrechtlich fremde Hügel, so daß der Besitzer des besten Hügels im Grunde der erfolgreichste Dieb ist.
    Selbst wenn ein mittelprächtiger Hügel ausreichen würde, sind die Weibchen doch gut beraten, den besten zu wählen, denn nur so erben ihre Söhne das Talent ihres Vaters zum Hügelbauen, Hügelstehlen und Frauen betören. Der Hügel des Buschhahns ist also beides: sein Beitrag zur Aufzucht der Jungen und Ausdruck seiner Werbung. 1 Die Geschichte von den Buschhuhn-Hügeln hat mit der Theorie der sexuellen Selektion zu tun, einer Sammlung komplizierter und überraschender Erkenntnisse zur Evolution von Verführungskünsten im Tierreich – Thema des folgenden Kapitels – und sie bietet, wie wir in späteren Kapiteln sehen werden, auch Erklärungen für sehr viele Merkmale der menschlichen Natur.

Hat Liebe mit Vernunft zu tun?
    Manchmal fällt es auch dem Biologen schwer, sich daran zu erinnern, daß Sexualität nichts anderes ist als eine Art genetisches joint venture.
    Der Auswahlvorgang hinsichtlich der Person, mit der wir uns hierbei zusammentun (im allgemeinen Sprachgebrauch gelegentlich auch als »sich verlieben« bezeichnet), ist geheimnisumwittert, hoch selektiv und eine Sache reiflicher Überlegung. Wir betrachten längst nicht jedes Mitglied des anderen Geschlechts als geeigneten Koalitionspartner. Wir machen uns Gedanken darüber, wer in Frage kommt, wir verlieben uns wider besseres Wissen, und oft verlieben wir uns kein bißchen in jemanden, der in uns verliebt ist. Das Ganze ist ein äußerst kompliziertes Geschäft.
    Hinzu kommt, daß es keine Sache des Zufalls ist. Sexuelle Bedürfnisse schlummern deshalb in uns, weil wir von Leuten abstammen, die ebenfalls sexuelle Bedürfnisse hatten; jene, die diese Bedürfnisse nicht hatten, haben keine Nachfahren. Eine Frau, die sich für einen bestimmten Mann als Partner entscheidet, riskiert damit (ebenso wie ein Mann, der sich für eine Frau entscheidet), daß beider Gene sich zusammentun, um die nächste Generation zu bilden. Kein Wunder, daß sie diese Gene sehr sorgfältig auswählen wird. Auch die freizügigste Frau ist nicht mit jedem hergelaufenen Mann zufrieden.
    Das Ziel für Weibchen im Tierreich besteht darin, einen Partner zu finden, dessen genetische Qualitäten ihn zu einem guten Ehemann, Vater oder Urahn machen. Das Ziel eines Männchens ist es oftmals, so viele Weibchen wie möglich zu finden, manchmal auch, gute Mütter und Geliebte zu finden, und nur selten, gute Ehefrauen zu finden. Robert Trivers beschrieb im Jahre 1972 die Ursache für diese Asymmetrie, die sich durch das gesamte Tierreich zieht und bei der die wenigen Ausnahmen die Regel nur bestätigen. Das Geschlecht, das am meisten in die Aufzucht der Jungen investieren muß – was beispielsweise damit beginnt, daß es den Fetus neun Monate in seinem Bauch herumträgt-, hat gleichzeitig am wenigsten Vorteile von zusätzlichen Affären. Das Geschlecht, das am wenigsten investiert, hat Zeit genug, andere Partner zu suchen. Männchen investieren also weniger und streben hinsichtlich ihrer Partnerwahl Quantität an, während Weibchen mehr investieren und daher hinsichtlich ihrer Partner eher Qualität anstreben. 2 Männchen buhlen also um die Gunst der Weibchen und haben dadurch zum einen mehr Gelegenheit, eine große Zahl an Nachkommen zu produzieren, gehen gleichzeitig aber auch ein höheres Risiko ein, überhaupt nicht Vater zu werden. Männchen sind eine Art genetisches Sieb: Nur die besten gelangen zur Fortpflanzung, und der ständige Ausschluß weniger guter Männchen durch den reproduktiven Wettbewerb verdrängt stetig weniger gute Gene aus der Population. 3 Von Zeit zu Zeit wird die Vermutung laut, dies sei der »Zweck« der Existenz von Männchen, aber es ist ein Trugschluß zu glauben, die Evolution entscheide, was für eine Art das Beste ist.
    Bei manchen Arten funktioniert das Sieb besser als bei anderen. Bei den Elefantenrobben zum Beispiel wird in jeder Generation so

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