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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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Männchen mit den längsten Federn. Zwei Wissenschaftler konnten zeigen, daß die von den Weibchen bevorzugten langen Schwanzfedern für ihre Träger eine Last waren: Sie verlängerten sie bei einigen Männchen und verkürzten sie bei anderen, bei einer dritten Gruppe versahen sie die Federn mit Gewichten, und bei einer vierten Gruppe schließlich befestigten sie Ringe von demselben Gewicht an den Beinen. Diejenigen mit verlängertem oder beschwertem Schwanzgefieder waren beim Insektenfang behindert, diejenigen mit kurzen Schwanzfedern schnitten besser ab als normale Vögel, und diejenigen mit Gewichten an den Beinen lagen gleichauf mit normalen Vögeln. 18 Die Weibchen entscheiden also. Ihre Ansprüche haben sie geerbt. Sie bevorzugen prunkvolle Ornamente, die für die Männchen eine Bürde sind. Soviel ist unbestritten. Bis hierhin hatte Darwin recht .

Das Modediktat
    Die Frage, auf die Darwin eine Antwort schuldig blieb, lautete: warum? Warum um alles in der Welt sollten Weibchen protzige Männchen bevorzugen? Selbst wenn die »Präferenz« gänzlich unbewußt bestünde und lediglich eine instinktive Reaktion auf die überlegenere Verführungskunst prächtiger Männchen darstellte, so würde das doch bedeuten, daß die weiblichen Präferenzen der Evolution unterworfen waren, das männliche Merkmal hingegen nicht. Es war schwer, dafür eine Erklärung zu finden.
    Irgendwann in den siebziger Jahren erinnerten die Biologen sich daran, daß es schon seit den dreißiger Jahren eine befriedigende Antwort auf diese Frage gab. Sir Ronald Fisher hatte damals den Standpunkt vertreten, ein völlig hinreichender Grund dafür, daß Weibchen lange Schwanzfedern bevorzugen, sei der, daß andere Weibchen das auch tun. Auf den ersten Blick sieht das verdächtig nach einem Zirkelschluß aus, aber diese Logik besticht gerade durch ihre Einfachheit. Sobald die meisten Weibchen einer Art sich dafür entschieden haben, sich vorzugsweise mit bestimmten Männchen zu paaren, und als Entscheidungskriterium die Schwanzlänge heranziehen – je länger, je lieber natürlich, doch dazu kommen wir später –, ist ein gewisser Trend geboren. Jedes Weibchen, das diesem Trend zuwiderhandelt, wird Söhne mit kurzen Schwanzfedern bekommen. (Vorausgesetzt, der Sohn erbt die Federn seines Vaters.) Alle anderen Weibchen aber halten Ausschau nach Männchen mit langen Schwanzfedern, so daß Söhne mit kurzen Schwanzfedern wenig erfolgreich sein werden. Bis hierher ist die Wahl eines Männchens mit langen Federn unter Umständen nichts anderes als eine willkürliche Modeerscheinung; dennoch wirkt sie despotisch. Jede Pfauenhenne befindet sich in einer Tretmühle, aus der sie nicht auszusteigen wagt, verdammte sie doch ihre Söhne damit zur Ehelosigkeit. Die Folge von alledem ist, daß die zunächst willkürliche Vorliebe der Weibchen die Männchen ihrer Spezies zu immer groteskeren »Anhängen« veranlaßt. Der Prozeß kann selbst dann noch fortschreiten, wenn der Schmuck das Leben des Männchens bedroht – solange die Bedrohung seiner Existenz geringer ist als seine Zuchterfolge. Mit Fishers Worten: »Die beiden Charakteristika, die durch einen solchen Prozeß betroffen sind – das heißt die Gefiederentwicklung bei den Männchen und die sexuellen Präferenzen bei den Weibchen –, müssen somit zusammen voranschreiten und werden dies mit ständig zunehmender Geschwindigkeit tun, solange dieser Prozeß nicht durch eine drastische Gegenselektion kontrolliert wird.« 19
    Übrigens ist Polygamie keine unabdingbare Voraussetzung für diesen Prozeß. Darwin fiel auf, daß es auch bei einigen monogamen Vogelarten farbenprächtige Männchen gibt, bei Enten und Amseln beispielsweise.
    Seiner Ansicht nach zahlt es sich für die Männchen unter Umständen noch immer aus, verführerisch zu erscheinen, weil sie, wenn sie schon nicht nach qualitativen Gesichtspunkten vorgehen, so doch auf diese Weise die Weibchen erringen, die als erste zur Brut bereit sind. Seine Überlegungen sind zum großen Teil durch Untersuchungen in jüngster Zeit bestätigt worden. Früh brütende Weibchen ziehen mehr Junge auf als spät brütende, und der beste Sänger oder der prunkvollste Dandy erringt in der Regel das zuerst brutbereite Weibchen. Bei jenen monogamen Arten, bei denen beide Geschlechter von großer Farbenpracht sind (Papageien, Kiebitze und Papageientaucher), scheint es eine gegenseitige sexuelle Selektion zu geben: Männchen folgen dem Modetrend, prächtige Weibchen

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