Erotischer Roman
konnte er sie überfallen und gleich direkt zum Cybersex auffordern. Er lachte leise, als er sich ihren Gesichtsausdruck dabei vorstellte. Nervös tippte er auf der Schreibtischunterlage einen Takt, der ihn nur noch nervöser machte. Entschlossen nahm er die Maus, klickte auf das Fenster im Messanger und beendete die Verbindung. Sicher: Der Drang, wenigstens mit ihr hierüber zu reden, war mehr als stark. Aber wollte er wirklich riskieren, dass er sie verschreckte? In Cannes würde sie ihm nicht weglaufen können. Und er hoffte, dass sie nicht doch noch unpässlich wurde.
Ava nippte an ihrem Wein. Was sollte das denn schon wieder? Aus diesem Mann klug zu werden, würde sie in diesem Leben nicht mehr schaffen. Kaum hatte er gesehen, dass sie sich angemeldet hatte, hatte er sich abgemeldet. Und das von jemandem, der sonst nie auf den Mund gefallen war. Was wollte dieser Gordon Sumner? In ihrem Magen machte sich ein ungutes Gefühl breit. Diese Reise war kein guter Einfall. Im Prinzip war sie eine Schnapsidee, von Anfang an. Ava stellte den Wein zur Seite und begab sich ins Bett. Wenn sie schon in der nächsten Woche dem Grauen in Person gegenüberstehen musste, dann wollte sie wenigstens ausgeschlafen sein.
Am anderen Ende der Stadt erhob sich Brandon Cox von seinem Bett. Das Betthäschen, welches sich neben ihm rekelte und anscheinend immer noch Probleme mit ihren neuen Brüsten hatte, gab einen unwirschen Laut von sich. Brandon ignorierte ihren Protest. Das, was die Dame in der letzten halben Stunde abgeliefert hatte, war mehr Schmierentheater denn Sex gewesen. Während er sich über ihr abmühte, hatte es diese Person doch tatsächlich geschafft, wie eine Opernsängerin zu stöhnen. Ein äußerst abtörnendes Geräusch. Brandon hatte sich redlich Mühe geben müssen, dass sein Penis die Standhaftigkeit behielt, die er brauchte, um wenigstens sich zu befriedigen. Er ging um das gigantische Bett herum und griff nach einem dieser seidenen Kimonos. Er hasste diese Kimonos. Aber es wurde von ihm erwartet, dass er einen trug. Also tat er es. Künstlerdress, sozusagen. Diese Sanftheit des Stoffes verursachte ihm Übelkeit, und wenn dieser seichte Stoff über seine Haut glitt, dann trieb ihm der Ekel darüber eine Gänsehaut über seinen Körper. Im Moment wartete er darauf, dass diese Gänsehaut verschwand. Und während er wartete, ging er hinüber zum Fenster, stützte sich mit einer Hand ab, um sich mit der anderen ausgiebig und hörbar an seinen Hoden zu kratzen. Seine Wohnung lag in der teuersten Gegend der Stadt. Auch so eine Reminiszenz an seine Position als Godfather des Films.
Er mochte die Stadt zwar, aber er mochte auch die Ruhe auf dem Land, und die brauchte er, um seine Ideen entwickeln zu können. Manchmal stand er hier stundenlang am Fenster, sah hinunter auf die Straße und versuchte sich zu konzentrieren. Es funktionierte nicht. Meist schweiften seine Gedanken zu den Gesichtern hinter den Fenstern, verwickelten sie in imaginäre Gespräche, und irgendwann war er so darin vertieft, dass er sich nicht mehr um seine Ideen kümmern konnte.
Brandon lehnte am Fensterrahmen, als ein leichter, krampfartiger Stich in seiner Brust ihn die Hand hochnehmen ließ. Er massierte die Stelle so, als könne er den Krampf damit lösen. Es half nichts, und mittlerweile ging dieser Schmerz bis hinüber in den linken Arm. Leicht schlenkerte er diesen und versuchte so, das fahle Gefühl des Altwerdens abzuschütteln. Immer noch auf die Straße hinuntersehend, bekam er nicht mit, wie der Schmerz nachließ. Mit einem leisen Grunzen stieß er sich vom Fensterrahmen ab und ging hinüber zum Telefon. „Ich hol dir ein Taxi, Süße.“ Ohne die Frau auf dem Bett anzusehen, wartete er, bis die Wahlwiederholung im Hörer verklungen war, und gab dem Operator auf der anderen Seite der Leitung seine Adresse und die Uhrzeit – wann der Wagen hier einzutreffen hatte – durch.
Mittlerweile war das Betthäschen wutentbrannt aufgestanden und hatte sich samt Bettlaken, mit dem sie versucht hatte, ihre Blöße zu verdecken, ins Badezimmer geflüchtet. Zwanzig Minuten später war Brandon allein. Er saß nackt und breitbeinig, in seinem Rücken ein Stapel Kissen, auf dem Bett und dachte über Cannes nach. Natürlich war alles bereits in Planung. Gordon und Ava würden als Erstes ein Interview über sich ergehen lassen müssen. Und die Kamera wäre bei allem und jedem Anlass, zu welchem die beiden gehen würden, dabei. Es würde nur ein
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