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Error

Error

Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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verursachen konnte. Auf diese Feinheiten musste er hier verzichten, aber die Tatsache, dass ein großer dunkelhäutiger Mann – augenscheinlich irgendein islamischer Kämpfer – eine geladene und gespannte Kalaschnikow AK -47 über den Tisch auf ihn richtete, verlieh ihm alle Motivation, die er brauchte, um die Präliminarien zu überspringen und sich in Bewegung zu setzen.
    Zuvor schoss er jedoch noch vier Kugeln in die Wand neben der Tür, auf die er zuhechtete. Das tat er, weil er in seinem peripheren Gesichtsfeld wahrgenommen hatte, wie jemand verstohlen den Kopf um die Ecke gestreckt und gleich wieder zurückgezogen hatte: ein Verhalten, das ganze Netzwerke neuronaler Schaltkreise aktivierte, die sich während seines Dienstes in Afghanistan und Tschetschenien in seinem Gehirn gebildet hatten.
    Wie konnte er vier Kugeln durch eine Wand schießen, wenn seine Hand leer war? Die Antwort lautete, dass er, ehe er sich dessen richtig bewusst war, eine durchgeladene und einsatzbereite Pistole in der Hand hielt. Obwohl sein Auftraggeber ihm auf eine entsprechende Bitte hin die ausgefallenste Schusswaffe nebst Holster gekauft hätte, hatte Sokolow sich dafür entschieden, bei der Makarow zu bleiben: der russischen Standardseitenwaffe, einer ziemlich kleinen und einfachen Selbstladepistole, die in einer ungewöhnlichen, raffinierten Art von Holster steckte. Im Gegensatz zu den meisten Holstern, die gewissermaßen Sackgassen waren – man kam nur an seine Waffe, wenn man sie am Griff herauszog –, war das Speznas-Holster eine Art Schiene, durch die die Pistole durchging . Wenn alles ruhig war, führte man die Pistole oben in die Schiene ein, wo sie sicher und geschützt steckte. Sobald es aber gefährlich wurde, packte man die Pistole am Griff und schob sie nach unten aus der Vorrichtung hinaus. Währenddessen griffen in die Schiene eingebaute Warzen in den Verschluss der Pistole, schoben ihn zurück und luden durch, sodass die Pistole schussbereit aus dem Holster kam. Ungefähr eine Zehntelsekunde nachdem der Schwarze » Allahu akbar « gesagt hatte, entdeckte Sokolow die Pistole in genau diesem Zustand in seiner Hand. Er richtete sie auf eine Seite des Türrahmens und feuerte, so schnell ihm das mitten im Ansetzen zu Hechtsprung und Rolle möglich war, vier Schüsse ab. Womöglich hatte eine Salve aus der AK -47 grob den Bereich abgedeckt, wo er gestanden hatte, aber das war schwer zu sagen; in der Wohnung war es ziemlich laut geworden, und alles, was er hören konnte, war ein Klingeln in seinen Ohren. Geschmeidig taumelte er in das nächste Zimmer, das sich als eine Art hinterer Abstellraum erwies, vielleicht eine Vorratskammer, mit einem jetzt leeren Schlafsack auf dem Boden. Dessen Benutzer war heimlich aufgestanden, hatte seine eigene AK -47 genommen und diesen verstohlenen Blick in den Raum geworfen, in dem der Schwarze damit beschäftigt gewesen war, das ANFO zu mischen. Jetzt lag er zusammengesackt auf dem Boden, mehr oder weniger untätig. Sokolow konnte nicht sehen, wo die Kugeln den Mann durchbohrt hatten, aber an seinem einfältigen, glasigen Blick konnte er erkennen, dass er getroffen worden war. Während er diese zugegebenermaßen überhasteten Beobachtungen anstellte, begann Sokolow, in den Raum, aus dem er gerade entkommen war, zurückzufeuern, doch der Schwarze hatte die Geistesgegenwart besessen, seine Position zu wechseln, sodass gar nichts mehr da war. Sokolow, der jetzt flach auf dem Rücken in einer sich ausbreitenden Lache aus dem Blut des anderen Mannes lag, steckte seine Pistole ins Holster und nahm die AK -47. Sie war zwar ein bisschen groß und unhandlich für diese Umgebung, aber ihre Kugeln würden Ziegelmauern durchdringen, und außerdem hatte sie ein größeres Magazin.
    Irgendein Idiot durchsiebte gerade die Wand über ihm mit Kalaschnikow-Kugeln, sodass ihm der abgesprungene Putz aufs Gesicht rieselte. Sokolow vergewisserte sich, dass sein Gewehr schussbereit war, rollte sich in den Türrahmen und gab drei Schüsse auf einen Mann ab – nicht den dunkelhäutigen, sondern einen zentralasiatischen mit Bart –, der gerade die Wand durchlöcherte. Der Mann wurde steif und dann genauso schnell schlaff, worauf Sokolow ihm einen weiteren, diesmal sorgfältiger auf sein Massenzentrum gezielten Schuss versetzte. Der Mann aus Zentralasien ging zu Boden. Sokolow war sich sicher, dass er von dem Schwarzen mit der Anweisung dort postiert worden war, Sokolow in Schach zu halten. Das bedeutete, dass

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