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Error

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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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sei gekommen, um Olivia zu verhaften.
    Bei näherer Betrachtung sah der Lieferwagen jedoch nicht wie ein offizielles Fahrzeug aus, und am Steuer saß eine junge Frau in blauen Stiefeln, die Probleme mit dem Schlüssel zu haben schien. Das hatte aber schon genügt, um ihren Herzschlag in die Höhe zu treiben, sodass sie, nachdem sie langsam und ruhig in das Gebäude hineingegangen war, im Treppenhaus, wo niemand sie sah, so schnell sie konnte, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, in ihr Büro hinaufraste. Der Versuchung, durchs Fenster zu spähen, widerstehend, setzte sie sich die Kopfhörer auf, mit denen sie die Geräusche in Abdallah Jones’ Wohnung abhörte.
    Alles klang nach Routine: Schnarchen, schläfrige Männer, die aufstanden und Tee kochten und einem arabischen Podcast lauschten. Allein die Normalität dieser Szene beruhigte sie ziemlich und gab ihr das Gefühl, eine Idiotin zu sein, weil sie sich so aufgeregt hatte. Sie tupfte sich den Schweiß von der Stirn, setzte sich hin, legte ihre Handtasche auf den Schreibtisch, weckte ihren Rechner und rief ihre E-Mails ab.
    Ein gewaltiger Schlag kam durch die Kopfhörer, gefolgt von viel aufgeregtem Reden.
    Dann ein paar laute Knallgeräusche, durch die Elektronik so abgehackt, dass sie nur als Aussetzer im Strom der Geräusche bei ihr ankamen.
    Dann war der Ton ganz weg. Sie zog sich den Kopfhörer ab und stellte fest, dass sie es direkt von gegenüber erneut knallen hören konnte. Sie ging ans Fenster und überprüfte das Lasergerät. Es schien in Ordnung zu sein. Danach lugte sie durch ein Guckloch in der blauen Plane und entdeckte das Problem: Das Gerät funktionierte, indem es einen Laserstrahl an einer Glasscheibe abprallen ließ. Die betreffende Glasscheibe existierte jedoch nicht mehr.
    Krachende und splitternde Geräusche im Inneren des Büros, gleich rechts von ihr, schreckten Olivia auf. Als sie den Kopf wieder hereinzog, bemerkte sie, dass die Hälfte ihrer Fenster jetzt in Scherben auf dem Boden lag. Staub hing in der Luft, und an der Wand gegenüber den Fenstern waren kleine Trichter zu sehen. Ihr Verstand, der langsam in Fahrt kam, sagte ihr, dass sie gerade eine lange Sturmgewehrsalve gehört hatte, von der ein guter Teil direkt über die Straße gekommen war und das Büro durchlöchert hatte.
    Sie ging auf alle viere, streckte eine Hand nach oben und drückte den Notausschalter an dem Lasergerät.
    Der MI 6 hatte ein Killerkommando geschickt. Sie taten es jetzt. Aber sie hatten vergessen, ihr Bescheid zu sagen.
    Vielleicht hatten sie aber auch beschlossen, dass sie entbehrlich war.
    Sokolow hatte an diesem Morgen schon viele merkwürdige Dinge gesehen und war dennoch verblüfft, als er sich aus dem zerschmetterten Fenster schwang und mit einem Rundumblick feststellte, dass die Vorderseite des Gebäudes mit jungen Chinesen übersät war, die wie Spinnen an ihr herumkrochen.
    Dann fiel ihm wieder ein, dass noch vor sechzig Sekunden seine größte Sorge die gewesen war, was er mit einer Clique chinesischer Hacker machen sollte. Das mussten sie sein.
    Er verstand und billigte die Entscheidung der Hacker, das Treppenhaus zu meiden und über die Außenseite zu entkommen. Es wäre auch kein Problem gewesen, ihrem Beispiel hinunter auf die Straße zu folgen, und in gewisser Hinsicht war das die naheliegende Entscheidung, weil sie die Gegend viel besser kannten als er. Auf unbekanntem Terrain war es oft am klügsten, die eigenen Bewegungen an denen der Einheimischen zu orientieren.
    Andererseits gab es ein dickes Kabelbündel, das von einer Stelle an der Fassade des Mietshauses, nicht weit von Sokolow entfernt, über die Straße zu einem Bürogebäude verlief, an dem gerade gebaut wurde. Da die Kabel insgesamt um einiges schwerer sein mussten als Sokolow, würden sie sein Gewicht vermutlich tragen. Sie als Fluchtweg zu benutzen, erschien ihm aus zwei Gründen vorteilhaft. Erstens würde es ihm nicht besonders viel nützen, einfach nur auf die Straße zu gelangen, da er sich nicht, wie die Hacker, unter die Menge mischen konnte. Sehr schnell würde man ihn entdecken und verhaften. Wenn er jedoch in das andere Gebäude kommen könnte, hätte er eine gewisse Chance, sich irgendwo zumindest so lange zu verstecken, bis er sich einen Plan gemacht hatte.
    Zweitens war die Wohnung, die er soeben verlassen hatte, voll mit Sprengstoffen, und dort brannte es.
    Nun war Sokolow im Gegensatz zum typischen Laien durch die Nähe zwischen ANFO und offenem Feuer nicht

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