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zurücknehmen konnte.
»Willst du dann nicht auch wissen, wohin sie fährt?«
Sokolow kam im Erdgeschoss an, nahm das Magazin aus seinem Gewehr, leerte das Patronenlager und warf das Gewehr die Kellertreppe hinunter. Er betrat den Flur, der zum Haupteingang des Gebäudes führte, und begann zu rennen. Als er die Eingangshalle erreichte, verlangsamte er sein Tempo zu einem flotten Schritt, schob sich durch eine innere Doppeltür, durchmaß rasch den Eingang und drückte mit der Schulter eine der äußeren Türen auf.
Gerade im richtigen Moment, um den Lieferwagen wegfahren zu sehen, der wie ein äpfelndes Pferd beim Beschleunigen einen großen Betonbrocken fallen ließ.
Sich zu fragen, wie das chinesische Mädchen es geschafft hatte, den Motor zu starten, schien jetzt nicht viel zu bringen. Nachdem Sokolow einen Blick nach links und nach rechts den Bürgersteig hinuntergeworfen hatte, zog er sich in die Eingangshalle zurück, um seine Möglichkeiten zu überdenken. Eine Reihe von Menschen hatten unter dem Gerüst Schutz gefunden, und sie alle waren viel zu sehr an Ereignissen auf der anderen Straßenseite interessiert, um Sokolow auch nur die geringste Beachtung zu schenken. Dennoch zog er es vor, nicht länger als nötig draußen im Freien zu stehen.
Allerdings hatte er etwas gesehen. Ein Stück weiter rechts.
Mit dem Fuß stieß er den linken Türflügel wieder auf. Dessen Fenster war gesprungen, hing aber noch vollständig im Rahmen. Zuerst konnte er sein eigenes Spiegelbild darin sehen, doch während er die Tür aufschob, änderte sich der Winkel und mit ihm rasend schnell auch das Spiegelbild. Bei einem Winkel von ungefähr fünfundvierzig Grad konnte er den Bürgersteig zu seiner Rechten einsehen, wo er bestätigt fand, was er kurz zuvor bemerkt hatte: An der Ecke des Gebäudes, ganz am Ende des Gerüsts, hatte einer dieser Kärrner Zuflucht gesucht. Sokolow konnte buchstäblich die Gedanken des Mannes lesen. Nachdem die Katastrophe ihn kalt erwischt hatte, war er an einen Ort gerannt, wo er sich einigermaßen geschützt fühlte. Jetzt war das Schlimmste vorbei, Polizei- und Feuerwehrautos näherten sich aus verschiedenen Richtungen laut und schnell dem Viertel, und er roch eine Gelegenheit, Geld zu verdienen. Es gab nämlich verdammt viel Zeug von hier wegzukarren.
Sokolow stieg in den ersten Stock, bahnte sich einen Weg in ein leeres Büro, ging rasch zu dessen Straßenseite hinüber und schuf sich, indem er zerbrochenes Glas aus einem Fensterrahmen trat, einen Ausgang auf das Gerüst. Er schwang den Müllsack auf den Gerüstboden und kletterte dann selbst auf die Bohlen hinaus. Dort hingen ziemlich mitgenommene blaue Abdeckplanen. Sokolow benutzte eins der vielen Messer, die er bei sich hatte, um mit ein paar schnellen Handbewegungen eine Plane loszuschneiden. Statt sich die Zeit zu nehmen, sie zu falten oder wenigstens zusammenzuknüllen, warf er sie sich einfach wie ein Cape über die Schulter. Dann nahm er den Müllsack und machte sich auf den Weg zu der Ecke, wo er den Kärrner gesehen hatte.
Als er das Ende des Gerüsts erreichte, stellte er den Sack ab, legte die Hände um das Bambusgeländer, machte einen Satz darüber und fand Halt für seine Füße. Indem er sich hinauslehnte und nach unten spähte, konnte er, knapp unter sich, soeben den Rand des kegelförmigen Strohhuts auf dem Kopf des Kärrners sehen. Sokolow packte den Müllsack, zerrte ihn vom Ende des Gerüstbodens und ließ ihn, gerade mal einen Meter außerhalb der Reichweite des Kärrners, in die Seitenstraße fallen.
Der Mann ging um die Ecke, um ihn in Augenschein zu nehmen. Sokolow konnte nur die Spitze seines Hutes sehen.
Als der Kärrner aufblickte, um festzustellen, woher der geheimnisvolle Sack kam, knallte Sokolow ihm ein fünf Zentimeter dickes Geldscheinbündel vor die Stirn. Es purzelte an der Nase des Mannes vorbei, prallte an seinem Kinn ab und landete schließlich zwischen seinen Händen und seinem nicht vorhandenen Bauch.
Eine ganze Zeitlang konnte der Kärrner seinen Augen kaum trauen. Sokolow hatte keine Ahnung, wie viel Geld jemand wie er verdiente, und nur eine ungenaue Vorstellung vom Wert dieses Bündels, mutmaßte jedoch, dass es zwischen diesen beiden Beträgen einen nennenswerten Unterschied gab.
Als der Kärrner den Blick wieder hob, sah er sich der Mündung von Sokolows Pistole gegenüber.
Der Russe zeigte erst auf den Karren und machte dann eine Geste, die andeutete, dass der Mann ihn in die
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