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Bad und drehte die Dusche auf.
Sokolow wälzte sich unter dem Bett hervor, zog sich aus und stopfte alles, was von seiner Kleidung übrig war, in einen Wäschesack des Hotels, den er an einem Bügel aufgehängt gefunden hatte. Seinen CamelBak warf er ebenfalls hinein und rollte das Ganze zu einem ordentlichen Bündel zusammen. Nachdem er sich zuvor die Lage der Kleider gemerkt hatte, die er tragen wollte, konnte er jetzt in kürzerer Zeit, als Jeremy zum Einschäumen seiner Haare brauchte, Unterwäsche, Socken, Hemd und einen Straßenanzug finden und anziehen. Er steckte sich eine Krawatte in die Tasche, schob seine Füße in ein Paar Schuhe – ein bisschen eng, aber erträglich – und schlüpfte dann zur Tür hinaus, die er leise hinter sich ins Schloss gleiten ließ. Sokolow nahm den Aufzug hinunter in ein Zwischengeschoss, wo er in die Kabine einer Herrentoilette ging und sich auf einer Kloschüssel sitzend die Krawatte band und die Schuhe zuschnürte. Aus dem CamelBak holte er das kleine Notizbuch, in das er die Adresse der Agentin geschrieben hatte. Er verließ die Kabine und überprüfte im Spiegel sein Aussehen. Die Krawatte saß etwas schief, sodass er sie zurechtrücken musste. Dann fuhr er mit dem Aufzug in die Hotelhalle und ging hilflos lächelnd auf die Concierge zu.
»Verzeihung, Englisch ist nicht so gut.«
Die Concierge, eine blendend aussehende Frau um die dreißig, probierte es mit ein paar anderen europäischen Sprachen, ehe sie gemeinsam beschlossen, beim Englischen zu bleiben.
»Es gibt nette chinesische Dame hier. Sehr hilfsbereit zu meiner Firma. Ich möchte Danke sagen. Wenn ich in Ukraine zurückkomme, schicke ich ihr nettes Geschenk, Sie verstehen?«
Die Concierge verstand.
»Soll Überraschung sein. Nette Überraschung.«
Die Concierge nickte.
»Hier ist Adresse von Frau. Ich habe probiert, richtig abzuschreiben. Nicht gut im Chinesisch schreiben, wie Sie sehen. Ich glaube, das ist sie.«
Die Augen der Frau überflogen die grob aufgemalten Schriftzeichen, manche mühelos, während sie bei anderen hängen blieben. Ein- oder zweimal erlaubte sie ihrer makellosen Stirn, sich ein klein wenig in Falten zu legen. Doch am Ende nickte sie strahlend. »Das ist eine Adresse auf Gulangyu Island«, sagte sie.
»Ja. Kleine Insel gleich dort drüben.« Sokolow machte eine Handbewegung zum Wasser hin. »Problem ist, wenn ich in Ukraine zurückkomme, kann ich Adresse der Frau nicht in Chinesisch auf FedEx-Unterlagen schreiben. Brauche sie in Englisch. Meine Frage an Sie, können Sie bitte diese Adresse für FedEx in Englisch übersetzen?«
»Natürlich!«, sagte die Concierge, entzückt, ihren Teil zu der Versendung einer reizenden Überraschung an eine nette chinesische Dame beitragen zu können. »Es dauert nur einen Moment.«
Darauf folgten ein oder zwei Minuten mäßiger Unruhe, in denen Sokolow sie beobachtete, wie sie, zweimal durch andere Anliegen unterbrochen, die Worte auf einen Hotelnotizblock schrieb. Er hielt es für sehr wahrscheinlich, dass Jeremy Jeong das Fehlen eines seiner Anzüge eine ganze Zeitlang nicht einmal auffallen würde (er hatte drei davon); und selbst dann würde es ihm so sonderbar vorkommen, dass er zögern würde, es zu melden. Dennoch bestand immer die Möglichkeit, dass er übertrieben wachsam und geneigt war, beim kleinsten Vorwand die Justiz einzuschalten, und dann müsste Sokolow wirklich auf dem schnellsten Weg verschwinden.
Die Concierge schenkte ihm ein weiteres Lächeln und schob ihm über die Theke das Papier zu, das Sokolow mit überschwänglichem Dank entgegennahm. Dann ging er hinaus, stieg in ein Taxi und fuhr zu einem anderen Hotel westlicher Art, einen knappen Kilometer die Straße hoch. In dessen Eingangshalle bediente er sich eines freien Computers, um die englische Adresse der Agentin in Google Maps einzutippen.
Das ergab die Nahansicht eines unregelmäßigen Straßenrasters, mit der er nichts anfangen konnte, sodass er sie solange wegzoomte, bis er die ganze Insel sehen konnte. Er überprüfte den Maßstab und fand seinen allgemeinen Eindruck bestätigt, dass Gulangyu nicht mehr als ein paar Kilometer breit war. Er versuchte, ein Gefühl für den groben Grundriss der Insel, ihre vier Himmelsrichtungen zu bekommen: vor allem unter dem Aspekt, wie er, selbst wenn er sich verirrt hätte, von und zum Fährterminal gelangen würde. Dann wechselte er auf das Satellitenbild. Daraus wurden ein paar Dinge klar ersichtlich. Erstens war das
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